Dieses Mal war nichts mehr zu retten. Die Polizei hat noch immer keine heiße Spur, wer die Brände gelegt haben könnte.

Over. Verbranntes Reet liegt auf dem Boden der Kapelle am Alten Elbdeich. Tiefe Wasserpfützen und Brandgeruch in der Luft zeugen davon, dass es hier in der Nacht auf Montag kräftig gebrannt hat - zum dritten Mal seit Palmsonntag im April 2003. Diesmal ist die Kapelle in Over, wie vor sechseinhalb Jahren, bis auf die Grundmauern abgebrannt. Der Dachstuhl ist zerstört und auch der Glockenturm, die Glocke und die Empore. Auch die schönen Kunststofffenster sind kaputt.

Bernd Abesser (52) aus Meckelfeld, Pastor der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Meckelfeld-Over-Bullenhausen, ist am Morgen nach dem Großfeuer "schon sauer und zornig", als er zwischen den Grundmauern der Kapelle steht. Und er ist "traurig und erschüttert". Denn bereits am 27. September 2009 hatte der Dachstuhl der 1952 erbauten Kapelle gebrannt - damals konnte die Feuerwehr gerade noch einen Teil des Daches retten. Dieses Mal hatten die 120 Feuerwehrkräfte keine Chance, die Kapelle ist jetzt nur noch eine Brandruine.

"Die Handwerker waren schon bestellt, und zu Weihnachten hätten hier Gottesdienste stattfinden können", sagt Pastor Abesser. Daraus wird jetzt definitiv nichts. "Ich kann noch nicht sagen, wie es weitergeht. Wir brauchen jetzt erst mal ein bisschen Zeit zum Nachdenken und zum Verdauen. Heute habe ich noch kein Konzept parat, dazu sitzt der Schock zu tief. Aber wir werden hier sicherlich wieder eine Kapelle aufbauen." Mittwochabend um 18 Uhr lädt Pastor Abesser die Bürger von Over und die Feuerwehrleute zu einer Andacht vor der Kapelle ein.

Bei den Menschen aus Over und Umgebung sitzt der Schock am Tag nach der schlimmen Tat tief: "Das muss ein Verrückter sein, der sich an einem Gotteshaus vergreift", sagt ein Bullenhausener, der seinen Namen nicht nennen möchte. "Man steht fassungslos davor", sagt Vorruheständler Eckehard Blechner (64) aus Over. "Ich bin sprachlos und traurig. Ich kann Leute, die so etwas machen, nicht verstehen."

Seevetals Bürgermeister Günter Schwarz (SPD) sagte: "Da muss ein wirklich kranker Mensch am Werk sein. Das ist kein Lausbubenstreich. Uns beschäftigt hier eine ganz gemeine Serie von Brandstiftungen. Wir alle sind sprach- und ratlos, nicht zuletzt, weil diese Anschläge auf unsere Kirche auf feige Art verübt wurden."

Overs Ortsbrandmeister Hans-Ulrich Buske (49) war auch entsetzt: "Der Einsatz ist gut abgelaufen, aber wie krank können Leute sein, dass sie Gotteshäuser anzünden?" Sein Kamerad Nico Sahling (21) aus Bullenhausen fragte sich, "was in so einem Menschen vorgeht - hoffentlich wird der Täter bald gefasst." Die Polizeiinspektion Harburg räumt indes ein, "dass es aufgrund der Ermittlungen seit Ende September einige Fahndungsansätze gibt, die heiße Spur ist aber bislang nicht dabei". Dennoch geht die Polizei davon aus, dass zwischen den drei Brandanschlägen ein Zusammenhang besteht. Polizeisprecher Jan Krüger (31) beziffert den aktuellen Schaden in Over auf 100 000 Euro. Anwohner hatten gegen 1.10 Uhr einen Feuerschein bemerkt und die Rettungskräfte alarmiert. Als die Feuerwehrleute am Alten Elbdeich eintrafen, brannte bereits der gesamte Dachstuhl. Selbst aus den Hamburger Vier- und Marschlanden auf der anderen Elbseite kamen Anrufe - so weit waren die Flammen zu sehen.