Viele Wilhelmsburger fühlen sich durch Fett- und Ölgeruch belästigt, den die Nordischen Oelwerke am Veringkanal in die Luft pusten.

Wilhelmsburg. In Wilhelmsburg nehmen Beschwerden von Bürgern zu, die sich von einem sehr unangenehmen Geruch gestört und belästigt fühlen. Der Geruch führt zu Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit und Übelkeit. Er schleicht sich durch Türritzen und ist auch bei geschlossenen Fenstern zu riechen, wovon sich die Harburger Rundschau am Mittwoch zwischen 12.15 Uhr und 13.00 Uhr in einem Wohn- und Arbeitsatelier im Puhsthof an der Neuhöfer Straße überzeugen konnte.

Verantwortlich für den sehr unangenehmen, dumpfen und penetrant süßlichen Geruch sind die Nordischen Oelwerke Walther Carroux GmbH & Co. KG (NOW), die ihren Sitz direkt am Veringkanal in der Industriestraße 61-65, Ecke Neuhöfer Straße, haben. Die NOW (35 Mitarbeiter) verarbeiten nach eigenen Angaben "ausschließlich pflanzliche Öle und tierische Fette" und gewinnen daraus Mischfette und Fettsäuren. Alteingesessene Wilhelmsburger nennen das Werk spöttisch "Katzenkocherei", obwohl in dem 1921 gegründeten Werk keine Tierkadaver verarbeitet werden.

Der Puhsthof liegt rund 200 Meter östlich der Nordischen Oelwerke. Am Mittwochvormittag haben zwei Dutzend Anwohner und Menschen, die im Puhsthof arbeiten, ihren Unmut gegenüber dem "unerträglichen Gestank" ausgesprochen. "Dieser Gestank verpestet in unregelmäßigen Abständen die Gegend - schwerpunktmäßig am Wochenende, aber auch in der Woche", sagt Susanna Fiebig (43), Geschäftsführerin der Firma Otto Meyer & Co. GmbH; Frau Fiebig arbeitet seit 20 Jahren auf dem Puhsthof und nimmt die Gerüche "vorzugsweise bei Westwind" wahr. "Der Geruch ist mindestens ein Drittel der gesamten Jahreszeit wahrzunehmen." Aber nicht nur rund um den Puhsthof ist der unangenehme Geruch der Nordischen Oelwerke wahrnehmbar. Auch auf dem Spielplatz am Flakbunker, rund 700 Meter von den Nordischen Oelwerken entfernt, ist der Geruch fast jeden Mittwoch gegen 11 Uhr wahrzunehmen, wenn die Gruppe eines Wilhelmsburger Kindergartens zum Spielen kommt. "Das stinkt", klagen die Kinder fast jeden Mittwoch ihren Erzieherinnen. Und auch bei der Honigfabrik, in der Fährstraße, am Krankenhaus Groß-Sand und an der Georg-Wilhelm-Straße sind die NOW-Gerüche wahrzunehmen.

Die Studenten Marco Reyes Loredo und Kerstin Schaefer (beide 30), sie leben auf dem Puhsthof, haben am 10. Juli 2009 auf dem Polizeikommissariat 44 Strafanzeige wegen Körperverletzung gestellt, weil es in der 28. Kalenderwoche ganz besonders schlimm in weiten Teilen Wilhelmsburgs stank. Ein knappes Dutzend weitere Beschwerden sind in jener Woche bei der Polizei eingegangen - auch vom Handwerker Felix Hellenkamp (44), der sich an einen "ekligen Geruch von Kadavern" erinnert fühlte. Felix Hellenkamp konnte eine Woche lang "kaum essen" und hat "von 80 auf 78,5 Kilogramm abgenommen". Auch von der Internationalen Gartenschau Hamburg (igs 2013), die auch auf dem Puhsthof residiert, kommen Beschwerden: "Bei der Geruchsbelästigung kann man einen normalen Arbeitstag hier in Wilhelmsburg nur schwer überstehen", sagt der igs-Projektkoordinator Marketing, Peter Adler (44).

Die NOW räumen "Fehler" in der 28. Kalenderwoche ein: "Wir haben tierisches Fett von sechs Tankwagen aus Polen verarbeitet, weil wir einen Auftrag für einen größeren Kunden unbedingt erfüllen mussten", sagt NOW-Betriebsleiter Adrian Manthey (38). "Zwei Wagen waren geruchsmäßig stark auffällig, bei einem hatten wir gemischte Gefühle."

Dennoch: Die NOW verarbeiteten die Ware aus Polska - tierisches Fett mit einer Temperatur von 50 Grad, das in Polen aus Schlachtabfällen herausgeschmolzen worden war.

Christian Halfmann (43), Geschäftsführer der Carroux Group Holding (75 Mitarbeiter) mit Sitz am Meßberg 4 in der Altstadt, sagt: "Analytisch war die Ware in Ordnung, aber sie hatte einen intensiven Geruch. Wir werden kein Fett mehr von diesem Lieferanten beziehen."

Zu den Problemen in Wilhelmsburg sagt der "General Manager": "Geruch ist sensorisch sehr schwer zu bestimmen und ist etwas mehr Subjektives als Objektives." Sein Betriebsleiter Adrian Manthey räumt indes ein: "Ganz ohne Gerüche werden wir nie produzieren können."