Mähdrescher fahren, Kuh melken, buttern: Im Agrarium auf dem Kiekeberg ist das alles möglich. Tausende Besucher sind begeistert.

Ehestorf. Rund 3500 Besucher sind am Wochenende zur Eröffnung der Ausstellungswelt Agrarium in das Freilichtmuseum am Kiekeberg gekommen. Die Autokennzeichen auf dem Parkplatz könnten verraten, woher die Besucher angereist sind. Aus Rüdesheim in Hessen zum Beispiel. Aber auch Menschen aus Herford in Westfalen oder aus Berlin sind womöglich Hunderte Kilometer gefahren, um die in Deutschland einzigartige Erlebniswelt für Ernährung und Landwirtschaft als erste zu sehen. Das Abendblatt hat am Eröffnungstag Gäste gefragt, was ihnen am meisten am Agrarium gefällt.

Männer mögen mit Technik spielen: Schon Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) hatte bei der Eröffnungsfeier für geladene Gäste am Freitagabend in der Fahrerkabine im Untergeschoss Platz genommen. Der Mähdrescher-Fahrsimulator, eine realistische Computerspielwelt, ist eine Hauptattraktion der Ausstellungswelt zum Mitmachen.

Einen Tag später sitzt der fünf Jahre alte Carl aus Glinde in dem Simulator. Die Hände am Steuer, schaut er konzentriert auf den fernsehergroßen Monitor vor ihm, der ihn die Fahrt durch ein Getreidefeld erleben lässt. Der Junge mag es, wenn es sich bewegt: Auch die kleinen Dampfmaschinenmodelle in Betrieb findet er klasse.

+++ Als die Bauern unter Dampf kamen +++

Carls Vater Christian Hartmann steuert ebenfalls durch das virtuelle Weizenfeld. Der 42-Jährige, der in der IT-Branche arbeitet, weiß es zu schätzen, auch mal ordentlich Hand anzulegen. Das Melken an einem lebensgroßen Kuhmodell, sagt er, sei das Schönste an der Ausstellungswelt: "Weil das die Möglichkeit bietet, etwas zu tun, was man so sonst nicht ausprobieren kann."

Die Schwarzbunte im Obergeschoss - hier dreht sich alles um Ernährungswirtschaft - spricht zu denen, die Hand an ihre Euter legen. Eine feminine Computerstimme gibt Auskunft, was zu tun ist. Der neun Jahre alte Tim Böhler aus Neugraben sitzt auf einem Schemel und zieht kräftig an den Eutern, Wasser als Milchersatz spritzt in den Eimer. "Ist ganz leicht", sagt der Junge. Wenige Meter weiter stampft sein Bruder Philipp, 11, in einem Butterfassmodell. Früher haben Bauern auf diese Weise mit viel Muskelkraft Milch zu Butter gestampft. Auch Tim findet das Stampfbutterfass besonders lustig.

Der Vater der beiden Jungen ist fasziniert von den alten Treckern. "Unglaublich, dass solche Maschinen schon vor so vielen Jahren gebaut wurden", sagt Eugen Böhler. 30 historische Traktoren stehen im Erdgeschoss. Der älteste stammt aus den Jahren 1914 bis 1917, ein IHC Mogul. Der jüngste ist ein echter Porsche, die frühere Traktorsparte des heutigen Edelautoherstellers hat ihn 1959 gebaut. Das größte Ausstellungsstück im Gebäude sieht aus wie ein Riesentrecker, ist aber keiner: Der 19 Tonnen schwere Koloss aus dem Jahr 1918 ist eine Dampfpfluglokomotive aus England.

+++ Das Agrarium soll für neue Rekorde sorgen +++

Auch die elf Jahre alte Alexandra ist von den alten Treckern fasziniert. Geht es nach ihrer Mutter, Gabriele Hinsch-Obermann aus Halstenbek im Kreis Pinneberg, könnte bei einer derart altertümlichen Landmaschine aber ruhig mal der Diesel angeworfen werden, damit sie losknattert. Inge Gebert aus Marxen pflichtet ihr bei: "Mir fehlen noch mehr interaktive Dinge, sonst ist es für Kinder zu abstrakt." Das Freilichtmuseum, sagt sie, sei aber mit dem Mähdrescher-Simulator und den vielen Mitmach-Möglichkeiten in der Ausstellungswelt für Ernährungswirtschaft auf dem richtigen Weg. Viel zu erleben gebe es jetzt schon: Zwei Stunden, so Gabriele Gebert, könne man sich bestimmt auf den 3300 Quadratmetern Agrarium aufhalten.

Den ganzen Tag über ist Thomas Stühlke in der Ausstellungswelt zu Hause. Der 45 Jahre alte Hamburger ist der einzige Kaffeeröster im Landkreis Harburg und hat im Agrarium das Café "Koffietied" eröffnet. Wie es sich zu einem Museum gehört, verarbeitet er seine erlesenen Kaffeebohnen stilecht in einer historischen Röstmaschine aus dem Jahr 1932. Zurzeit röstet er einmal in der Woche, die Besucher können dabei zusehen.

Aus Süd- und Mittelamerika, Afrika und Asien importiert er seine Kaffeebohnen von kleinen, ausgesuchten Plantagen. Wichtig sei, dass Kaffee schmecke, sagt Thomas Stühlke, und er müsse sozialen Ansprüchen genügen. "Kaffee ist wie Wein", erklärt der Kenner, "die Bodenbeschaffenheit, das Klima und viele andere Faktoren wirken sich auf den Geschmack aus." Seine "Kiekeberger Mischung" gibt es zurzeit exklusiv im Agrarium. Der Museumsröster plant aber, seine edle Bohne auch an Gastronomiebetriebe zu vermarkten.