Erst gut ein Fünftel des Topfes vom Bildungspaket wurde im Landkreis ausgeschüttet. 1,3 Millionen Euro sind für andere Projekte übrig.

Winsen. Es soll Kinder aus armen Familien einen besseren Zugang zu Bildung und stärkere Teilhabe am sozialen Leben ermöglichen. Für das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket hat der Landkreis Harburg im vergangenen Jahr vom Land Niedersachsen 2,4 Millionen Euro erhalten. Doch nur gut ein Fünftel der Summe wurde bisher - in Form von Zuschüssen für Klassenfahrten, Schulbedarf, Schulessen oder Vereinsmitgliedschaft - an bedürftige Kinder weitergegeben.

Knapp 530 000 Euro wurden laut Bernhard Frosdorfer von der Pressestelle des Landkreises bis zum Jahresende ausgeschüttet - 22 Prozent der vom Land, das wiederum Bundesmittel verteilt, überwiesenen Summe. Für weitere 330 000 Euro wurden fünf Mitarbeiter für die Bearbeitung der Anträge eingestellt. Bleiben gut 1,5 Millionen Euro in der Kreiskasse. Denn das Land fordert nicht ausgegebenes Geld, das für Zahlungen aus dem Bildungspaket vorgesehen war, nicht zurück.

Der deutliche Überschuss ist beispielhaft für die Situation im Land. Im Durchschnitt wurden in den niedersächsischen Kreisen nur 38 Prozent des Bildungspaketgeldes ausgegeben. Die Vorgaben zur Verwendung des Geldes sind recht weit gefasst. "Die Zahlung des Landes setzt sich zusammen aus Geld für Verwaltungskosten, für Schulsozialarbeit und den Zweckausgaben für das Bildungs- und Teilhabepaket", sagt Heinke Traeger, stellvertretende Sprecherin des Landesozialministeriums. "Für die Verwendung der Mittel Schulsozialarbeit besteht lediglich eine politisch-moralische Verpflichtung."

Ein Teil des Restgeldes werde noch an Kinder ausgeschüttet, sagt Frosdorfer. "Bisher sind nicht alle Anträge für 2011 bearbeitet. Wir hoffen, dass noch möglichst viel bei den Kindern ankommt." 250 000 Euro seien zudem für die Schulsozialarbeit abgezweigt worden. In mehreren Schulen sollten in diesem Jahr entsprechende Projekte anlaufen, Details gebe es noch nicht.

1,1 Millionen Euro wurden also bisher verplant - etwa 45 Prozent des zur Verfügung stehenden Geldes. Was genau mit dem Rest - knapp 1,3 Millionen Euro - passiert, steht noch nicht fest. Nur so viel: Er wird für andere soziale Zwecke ausgegeben. Dass die Rückstellungen beispielsweise für Infrastrukturprojekte ausgegeben werden, ist laut Frosdorfer ausgeschlossen. Das Geld sei im Teilhaushalt für den Sozialbereich gebunden. So könnten zum Beispiel freiwillige Leistungen des Kreises damit finanziert werden.

Die Zahlen zeigen, dass das Bildungs- und Teilhabepaket im Landkreis Harburg nicht den Erfolg hatte, den Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen für das Projekt prophezeit hatte. Es sei schleppend angelaufen, bestätigt Frosdorfer. Allerdings sei die Nachfrage im Verlauf des Jahres stetig gestiegen. Gab es zum Projektstart im April nur 248 Antragsteller, war ihre Zahl bis Dezember auf insgesamt 3640 gestiegen. Im Durchschnitt stellten die Berechtigten zwei Anträge, bis zu sieben wären möglich. Das geht aus einer Übersicht der Verwaltung hervor.

Bei den Auszahlungen wird deutlich: Am häufigsten werden Zuschüsse beantragt, die unkompliziert zu bewilligen sind. Für Schulbedarf werden zum Beispiel jeweils zum Schuljahresbeginn 70 Euro ausgezahlt, im Februar weitere 30 Euro. Etwa 220 000 Euro zahlte der Kreis, damit Eltern Hefte, Stifte oder Schulranzen für ihre Kinder kaufen konnten. Etwa 220 000 Euro zahlte der Kreis, damit Eltern Hefte, Stifte oder Schulranzen für ihre Kinder kaufen konnten. Den zweitgrößten Posten mit 180 000 Euro machen Klassenfahrten aus, die Kosten werden in voller Höhe übernommen. Auf Platz drei steht das warme Mittagessen in Schulen, Horten, Kitas oder bei Tagesmüttern: knapp 57 000 Euro wurden dafür ausgegeben.

Kompliziert gestaltet sich nach Angaben der Verwaltung die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben - ein zentrales Ziel des Bundesprojekts. Die teilweise Erstattung von Sportvereinsbeiträgen, Kosten für Theater-Workshops oder Jugendfreizeiten der Feuerwehr ist aufwendig, da es zahlreiche Vereine gibt, mit denen jeder Antrag abgestimmt werden muss.

Auch im Landkreis Lüneburg sind die Zuweisungen des Landes im vergangenen Jahr nicht aufgebraucht worden. Christian Ratzeburg, Leiter des Fachdienstes für Sozialhilfe und Wohngeld beim Landkreis, nennt die Ursache: In der Anfangsphase seien noch nicht so viele Anträge eingereicht worden.

Eine exakte Summe kann Ratzeburg nicht nennen, jedoch spricht er von einem "kleinen Plus". Dieses Geld sei in den Kreishaushalt geflossen. Zur Sanierung desselben würden die Gelder aus dem Bildungspaket aber nicht missbraucht. "Unser Landrat hat klar gestellt, dass wir keinen Gewinn machen wollen. Wir wollen das Geld dahin haben, wo es hingehört: zu den einkommensschwachen Kindern."

In diesem Jahr werden die Bildungsgutscheine laut Ratzeburg im Raum Lüneburg recht gut angenommen. "Wir haben im ersten Quartal 2012 vom Land 290 000 Euro zugewiesen bekommen, 277 075 Euro davon haben wir ausgegeben." Mehr als 60 Prozent aller Berechtigten hätten Anträge eingereicht - das liege über dem Bundesdurchschnitt. Die übrig gebliebenen knapp 13 000 Euro fließen ebenfalls in den Haushalt des Landkreises. Es wird monatlich abgerechnet.

Dass es Startschwierigkeiten in Niedersachsen gegeben haben, räumt auch Ministeriumssprecherin Heinke Traeger ein. Doch die ersten Hürden seien genommen. "Klar war von Anfang an, dass das Jahr 2011 keine repräsentative Aussage zum Erfolg der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets ermöglicht." Das habe rechtliche, personelle und organisatorische Gründe. Schätzungen ließen jedoch erwarten, dass die Ausgaben künftig "annähernd die Höhe der Zahlungen des Bundes erreichen werden".

Der Landkreis Harburg erwartet unterdessen, 2012 etwa dieselbe Summe für das Bildungspaket zu erhalten wie im vergangenen Jahr.