Hamburg. Streit um die Gastronomie eskaliert. Unbekannte haben die Namen und Telefonnummern von vermeintlichen Klägern plakatiert.

Die Auseinandersetzung um das umstrittene neue Café im Stavenhagenhaus im Hamburger Stadtteil Groß Borstel hat eine neue Qualität bekommen. Wie an einem öffentlichen Pranger wurden Namen, Adressen und Telefonnummern von angeblichen Klägern gegen die nach wenigen Tagen wieder geschlossene Gastronomie im Stavenhagenhaus aufgelistet.

Diese Zettel mit den privaten Daten wurden auf Plakate geklebt, mit denen zur Mitgliederversammlung des Kommunalvereins von 1889 an diesem Mittwochabend eingeladen wurde.

Groß Borstel: Café im Stavenhagenhaus – Anwohner öffentlich angeprangt

Ulrike Zeising, 1. Vorsitzende des Kommunalvereins, ist empört: „Das ist infam. Die Telefonnummern gehören zu Vorstandsmitgliedern des Kommunalvereins und unbeteiligten anderen Personen. Und dieser Zettel wurde über das Plakat des Kommunalvereins zur Veranstaltung heute Abend an der Stellwand geklebt.“

Ulrike Zeising ist die 1. Vorsitzende des Kommunalvereins. Sie ist entsetzt über die Plakatierung, die einem modernen Pranger gleicht.
Ulrike Zeising ist die 1. Vorsitzende des Kommunalvereins. Sie ist entsetzt über die Plakatierung, die einem modernen Pranger gleicht. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Es solle damit der Eindruck erweckt werden, als ob der Kommunalverein eine solch üble Aktion gestartet hätte. „Wir lehnen jede persönliche und öffentliche Attacke prinzipiell gegen jeden Menschen ab – egal, ob wir in der jeweiligen Sache eine andere Haltung haben!“

Stavenhagenhaus: Café soll Treffpunkt für Groß Borstel sein

Der Kommunalverein stehe für den Zusammenhalt im Stadtteil. „Weil die Borsteler Bürger seit 20 Jahren einen Treffpunkt mit einem Café im Stavenhagenhaus fordern, haben und werden wir diesen Wunsch unterstützen, der im Rise-Prozess seit vier Jahren ein Schlüsselprojekt mit großer Bürgerbeteiligung ist“, so Zeising. „Wer jetzt versucht, neben den betroffenen ,Klägern‘ den Kommunalverein mit dieser üblen Aktion zu diffamieren, schädigt unsere Gemeinschaft im Stadtteil.“

Der Kommunalverein habe bereits 3000 Unterschriften für die Wiedereröffnung des Cafés in dem Stadtteilzentrum gesammelt, sagt Zeising dem Abendblatt. Die diffamierende Plakatierung solle Groß Borstel spalten. „Wir haben schon Anzeige bei der Polizei erstattet.“

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Groß Borstel – Bezirksamtschef verurteilt diffamierende Plakatierung

Auch Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz (Grüne) verurteilt die Aktion auf das Schärfste. „Das kann man nur als Versuch werten, unsere konstruktiven Gespräche mit den Klägerinnen und Klägern und ihrem Anwalt zu torpedieren“, teilte er am Mittwochnachmittag mit. „Es schadet der Sache und den gemeinsamen Bemühungen für den Stadtteil, einen für die Anwohnerinnen und Anwohner verträglichen Treffpunkt zu schaffen.“

Anna Lena Schäfer-Lindau, Volkmar Erasmus und Renate Schäfer (v. l.) haben Plakate vorbereitet, die sie im Stavenhagenhaus verteilen. Darauf steht „Schließung Stavenhagenhaus-Café Nein Danke!
Anna Lena Schäfer-Lindau, Volkmar Erasmus und Renate Schäfer (v. l.) haben Plakate vorbereitet, die sie im Stavenhagenhaus verteilen. Darauf steht „Schließung Stavenhagenhaus-Café Nein Danke! © Elisabeth Jessen | Elisabeth Jessen

Bei der Mitgliederversammlung im Stavenhagenhaus kommt der ganze Frust dann noch einmal hoch, manche im Saal haben vorher noch gar nicht mitbekommen, was gerade im Stadtteil passiert ist.

Mitgliederversammlung im Stavenhagenhaus: „Ist hier keine Krawallbude.“

Ulrike Zeising erklärt daher die Geschehnisse noch einmal für alle im vollbesetzten Ester-Bejerano-Saal und sagt dann: „Das Café ist super angenommen worden. Es müsste jedem klar geworden sein, dass das hier keine Krawallbude ist.“ Sie sei aber froh, dass es inzwischen Gespräche zwischen dem Bezirksamt und den Klägern gegeben habe.

Und eine Vertreterin des Bezirks Nord, die Herrn Werner-Boelz vertritt, der einen anderen Termin hat, bestätigt diese Gespräche, auch wenn sie zum Inhalt nichts sagen dürfe. Aber es werde ein weiteres konstruktives Gespräch mit der klagenden Seite geben.

Groß Borsteler wollen ihre Getränke und Gläser selbst mitbringen

Volker Erasmus und zwei Mitstreiterinnen verteilen schließlich noch gelbe Plakate mit dem Aufdruck „Schließung Stavenhagenhaus-Café Nein Danke!“ „Wer sich positionieren möchte, kann sie gern entweder ins Auto oder ins Fenster kleben“, sagt Erasmus und wird auch viele gelbe Zettel los.

Und weil sich die Groß Borsteler und der Kommunalverein „ihr“ Stavenhagenhaus nicht madig machen lassen wollen, wollen sie sich zum Klönschnack am Donnerstagabend eben ihre Getränke selbst mitbringen, verabreden sie. Und so wollen sie es auch an der Boulebahn im Garten halten. Für ihr Picknick müssten dann eben alle selbst sorgen.

Sollte es in Sachen Wiedereröffnung des Cafés im Stavenhagenhaus zu einem Durchbruch kommen, „dann werden wir das über alle Kanäle kommunizieren“, sagt Zeising. Und solange müssten sich halt alle nicht nur ihre Getränke selbst mitbringen, sondern auch die Gläser. Nachdem sie so viele Jahre um ein Café gekämpft haben, wollen sie jedenfalls nicht so schnell klein beigeben.