Einem Häuserensemble an der Hohenfelder Bucht droht der Abriss. Denkmalschützer Helmuth Barth sagt: “So verliert die Stadt ihr Gesicht.“

Hamburg. Etwas abseits der Außenalster, an der Hohenfelder Bucht, steht eine Reihe charmanter Altbauvillen - teilweise mehr als 100 Jahre alt. Den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges sind sie entgangen, doch jetzt sollen sie abgerissen werden: Eine norwegische Investorengruppe plant einen Neubau mit 25 Wohnungen und zwei Luxus-Penthäuser, zwei Geschosse höher als die jetzigen Gebäude. Zwei der historischen Fassaden will man erhalten, immerhin, und in den Bau integrieren. Doch Helmuth Barth vom Denkmalverein übt Kritik: "Die Alster wird ein weiteres Stück ihres Gesichts verlieren", sagt er. Es sei "alarmierend", dass wieder ein städtebaulich bedeutsames Häuserensemble für Luxus-Neubauten geopfert werde.

Vor Kurzem erst war bekannt geworden, dass auch in St. Georg eine Reihe alter Alster-Villen abgerissen wird. Auch dort ist ein Neubau geplant, der höher wird als die Bestandsgebäude. Allerdings sollen dort alle historischen Fassaden, sofern sie nicht erhalten werden können, rekonstruiert werden. An der Buchtstraße in Hohenfelde wird jedoch nur ein Teil der Fassade an die alte Bebauung erinnern, der Rest wird modern gestaltet. "Vom ursprünglichen Erscheinungsbild ist nichts mehr zu erkennen", sagt Barth. Die Durchfahrt zwischen den Häusern werde geschlossen, dadurch verschwinde der schöne Seiteneingang von Haus Nummer 12, außerdem sähen die neuen Fenster alle gleich aus. "Um die stadtbildprägende Kleinteiligkeit zu erhalten, müssten die Architekten nachbessern."

Ursprünglich sollten an der Buchtstraße trotz einer Erweiterung alle Villen erhalten bleiben. Der vorherige Eigentümer hatte vor, sie zu renovieren und aufzustocken. Zwei volle Geschosse sowie ein zurückspringendes Staffelgeschoss waren geplant. Der Bezirk Nord hatte die Genehmigung bereits erteilt, als Oberbaudirektor Jörn Walter sich einschaltete und das Projekt verhinderte. Nachdem die norwegische Investorengruppe das Ensemble vor etwa einem Jahr erworben hatte (es bestand zunächst nur aus drei Villen, Haus Nummer 14 kam später dazu), handelte er als "Kompromiss" eine niedrigere Aufstockung aus - dafür müssen sie nur zwei Fassaden erhalten und dürfen mehr Fläche bebauen.

Der Bauvorbescheid ist schon erteilt, Projektentwickler Jörg Bretschneider, Geschäftsführer der ATI Real Estate, rechnet mit einem Baubeginn im März nächsten Jahres. Die meisten Häuser stehen bereits leer. In Haus Nummer 12 aber gibt es noch Mieter: eine Grundstücksgesellschaft und ein Büro für Werbemittel. "Wir haben zum Ende des Jahres eine Kündigung bekommen, dabei läuft unser Mietvertrag noch bis 2014", sagt die Chefin des Immobilienbüros, die Anwälte eingeschaltet hat. Auch einige Nachbarn wehren sich gegen das Vorhaben. "Der Neubau wird acht Meter tiefer als die Bestandsgebäude und nimmt damit einen großen Teil des Innenhofs ein", sagt einer, der vor sieben Jahren ein Nachbargebäude an der Buchtstraße gekauft hat. Man werde künftig auf Betonwände statt auf Bäume blicken. Trotz des größeren Baukörpers werde der Innenhof genügend Platz für die Gärten der Erdgeschosswohnungen, für Grün und einen kleinen Spielplatz bieten, sagt hingegen Jörg Bretschneider. Mit ein Grund für die vergrößerte Baufläche seien die Brandschutzvorschriften. So müsste der Neubau über Sicherheitstreppenhäuser mit speziellen Schleusen verfügen, in die die Bewohner bei einem Brand flüchten können, weil die Feuerwehr an dem Gebäude nicht "anleitern" könne.

Im Bezirk Nord scheinen besonders häufig schöne Altbauten aus dem Stadtbild zu verschwinden - etwa das Restaurant Tre Castagne am Eppendorfer Markt. Dabei haben die Bezirke die Möglichkeit, über die Erhaltensverordnung auch Gebäude zu schützen, die nicht auf der Liste des Denkmalschutzamts stehen. "Hamburg sollte alles daransetzen, lieber den Bestand zu sanieren als neu zu bauen", fordert Helmuth Barth. "Sonst geht unsere einzigartige Mischung an Gebäuden aus verschiedenen Epochen bald verloren." Warum tut man sich in Nord damit scheinbar so schwer? Im Bezirksamt war trotz mehrfacher Nachfrage niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.