35 Wohnungen, Läden und Gastronomie: Fünf historische Häuser am Eppendorfer Marktplatz sollen für das Bauprojekt in dem Stadtteil weichen.

Hamburg. Eppendorf bekommt eine neue Mitte. Fünf historische Häuser am Eppendorfer Marktplatz, darunter das italienische Restaurant Tre Castagne, sollen abgerissen werden und einem modernen Neubaukomplex weichen. Auch drei alte Kastanienbäume sollen abgeholzt werden. Gestern Abend wurden die Pläne im Bezirksamt Nord öffentlich vorgestellt.

"Gutachten haben ergeben, dass die bestehenden Gebäude zum Teil baufällig sind", sagt der Architekt Joachim Schild. In den alten Häusern mit insgesamt sieben Wohneinheiten wurden Bauschäden, feuchte Keller, mangelhafter Brandschutz und schadhafte Fassaden festgestellt. Es gibt teilweise Leerstand. Auch das Denkmalschutzamt hält die Gebäude, die mehrfach umgebaut worden sind, für nicht erhaltenswert. Intern war die Rede von "100 Jahren talentfreier Handwerkskunst".

Ein Investor will den Bereich der Häuser Nummer 97 bis 109 in der sogenannten kleinen Eppendorfer Landstraße neu gestalten. Geplant sind 35 Wohnungen mit unterschiedlichen Größen von 40 bis 100 Quadratmetern, dazu Ladengeschäfte im Erdgeschoss sowie eine Tiefgarage mit 20 bis 40 Stellplätzen. "Wir werden auch dem Inhaber des Restaurants Tre Castagne anbieten, sein Lokal in dem Neubau weiterzubetreiben", sagt Florian Kämereit von der Immobiliengesellschaft Alstertreu.

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"Die neue Eppendorfer Mitte ist ein sehr gutes Beispiel für eine gelungene Stadtreparatur", sagt Hans-Peter Boltres, 43, Fachamtsleiter für Stadt- und Landschaftsplanung im Bezirk Nord. Er freut sich vor allem, dass es dem Bauherrn gelungen ist, mehrere Grundstücke zu erwerben. "Das garantiert eine gemeinsame Tiefgarage mit einer einzigen Ein- und Ausfahrt, was die Verkehrssituation auf dieser engen Fläche erheblich entspannt."

Die Neubauten werden vier bis fünf Geschosse hoch und sollen sich durch eine abwechslungsreiche Gestaltung auszeichnen. "Jedes Flurstück ist gekennzeichnet durch eine andere Architektur", sagt Joachim Schild. Man habe außerdem Rücksicht genommen auf die angrenzende Bebauung. "Der Neubau fügt sich in den vorhandenen Gebäudebestand ein." Beim ersten Hingucken nach der Fertigstellung solle sich der Betrachter die Frage stellen: "Was ist eigentlich alt - und was ist neu gebaut worden?" Hans-Peter Boltres sagt, dass durch die unterschiedliche Fassadengestaltung die für Eppendorf typische schmale Parzellenstruktur und Kleinteiligkeit im Stadtbild erhalten bleibt.

Im Erdgeschoss sind Läden und Gastronomie mit einer Bruttogeschossfläche von rund 850 Quadratmetern geplant. "Wir haben die Chance, die Eppendorfer Landstraße neu zu beleben und die Attraktivität deutlich zu erhöhen. Dieser Bereich wird lebendiger werden", sagt Joachim Schild.

Das geplante Bauvorhaben an dieser zentralen Stelle im Bezirk ist auch ein Beispiel dafür, wie es gelingen kann, gemeinsam mit Anwohnern, Gewerbetreibenden und Bürgern etwas Neues zu gestalten. "Das Projekt hat eine große Bedeutung für den Stadtteil", sagt Hans-Peter Boltres, "und deswegen wollte der Bezirk die Öffentlichkeit auch sehr frühzeitig über die Pläne informieren." Es gab insgesamt drei öffentliche Veranstaltungen, zur ersten wurde auf Plakaten eingeladen, es kamen rund 150 Interessierte. "Man muss die Menschen mit ihren Befürchtungen ernst nehmen", sagt Thomas Domres, SPD-Fraktionsvorsitzender und Chef des Eppendorfer Bürgervereins. "Die Pläne des Investors fanden überwiegend eine positive Resonanz."

Ob dort Miet- oder Eigentumswohnungen entstehen, ist noch nicht entschieden. Einen genauen Zeitplan für den Beginn gibt es auch noch nicht. Der Investor hat einen Bauvorbescheid beantragt, womit er rechtsverbindliche Aussagen darüber erhält, wie der Neubau zu gestalten ist und welche Nutzungen geplant sind. Nach der Genehmigung kann er einen Bauantrag stellen, um dann die Baugenehmigung zu erhalten. "Wir haben keinen zeitlichen Druck, die Einigung mit den Beteiligten steht im Vordergrund", sagt Florian Kämereit.

+++ Eppendorf +++

Einzig die Sorge um die drei alten Kastanien treibt die Menschen noch um. "Die kleinteilige Bebauung mit Wohnungen und Ladengeschäften erhält den Charakter des Viertels", sagt Ekkehart Wersich (CDU Nord), "ich fände es aber sehr schade, wenn die Kastanien abgeholzt werden würden." Das jedoch ist nicht zu vermeiden. "Die Kastanien sind teilweise schon krank und hätten bei den Bauarbeiten wenig Überlebenschancen", sagt Hans-Peter Boltres. Durch eine Rückstaffelung des Neubaus ist aber auf jeden Fall garantiert, dass auf der Freifläche drei neue große Bäume gepflanzt werden können. "Das sollten dann am besten wieder Kastanien werden", sagt Domres.