Die 49 Jahre alte Neurologin gehört zu den Favoriten auf die Nachfolge von Jörg Debatin. Die Entscheidung soll in zwei Wochen getroffen werden.

Hamburg. Das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) könnte erstmals von einer Frau geführt werden. Nach Abendblatt-Informationen ist die Mainzer Neurologieprofessorin Frauke Zipp eine Kandidatin, die in die engere Auswahl für die Nachfolge von Professor Jörg F. Debatin auf dem Chefsessel der Uniklinik gekommen ist. Die Entscheidung über den neuen Ärztlichen Direktor ist offen und noch nicht gefallen, steht aber kurz bevor.

Debatin hatte das UKE Ende September 2011 vor dem Ende seiner Vertragslaufzeit verlassen. Seit nunmehr sieben Monaten wird die Uniklinik mit ihren rund 8000 Mitarbeitern kommissarisch von Professor Guido Sauter, dem stellvertretenden ärztlichen Direktor, geleitet. Mehrmals hatte die CDU-Opposition in den vergangenen Monaten die lange Nichtbesetzung des wichtigen Postens kritisiert. Nach einer umfangreichen Kandidatensichtung ist der Kreis rund zwei Wochen vor der Entscheidung auf wenige Bewerber reduziert.

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Professor Heinz Lohmann, 63, war lange Chef des Landesbetriebes Krankenhäuser in Hamburg und ist heute Gesundheitsunternehmer. Lohmann hatte nach dem Weggang von Debatin im Abendblatt gesagt, dass es nicht einfach werden wird, die Nachfolge auf diesem Posten erfolgreich zu gestalten. "Der Markt für ärztliche Spitzenmanager ist äußerst begrenzt", sagte Lohmann. Wichtig wäre es aus seiner Sicht, eine innovative und mutige Persönlichkeit zu berufen. "Vielleicht kann das ja auch zum ersten Mal eine Frau auf einer solch wichtigen Position sein", sagte Lohmann.

Ob der Gesundheitsexperte recht behält? Lohmann hatte ebenfalls angemerkt, dass die Universitätsklinik, nachdem sie sich unter dem Ärztlichen Direktor Debatin auf die Professionalisierung des Klinikbereichs konzentriert hatte, den Forschungsbetrieb nicht aus dem Blick verlieren dürfe. "Richtig ist, dass in letzter Zeit die Forschung profiliert wurde, in diesem Bereich sind aber weitere Schritte erforderlich", so Lohmann.

Klinik und Forschung gehören für Frauke Zipp, 49, untrennbar zusammen. Die Direktorin der Universitätsklinik für Neurologie in Mainz forscht seit Jahren daran, neue Behandlungsmöglichkeiten für entzündliche Erkrankungen des Nervensystems zu finden. Oder kurz gesagt: mit neuen Strategien Erkrankungen wie die Multiple Sklerose (MS) aufhalten zu können, von der weltweit rund 2,5 Millionen Menschen betroffen sind.

Ihre Motivation, sich damit zu beschäftigen, sind vor allem junge Patienten. "Die Krankheit trifft vor allem junge Menschen, und unter ihnen doppelt so viele Frauen wie Männer", hat Frauke Zipp gesagt. MS breche oft in einer Phase ihres Lebens aus, in der die Menschen eine Familie gründen oder ins Berufsleben einsteigen. "Ich habe das Gefühl", sagt Frauke Zipp, "dass ich hier als Ärztin wirklich helfen kann."

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Klinik und Forschung sind für die zweifache Mutter ein Kreislauf. "Die Fragen kommen aus der Klinik, im Labor bearbeiten wir sie. Danach ist es unsere Aufgabe, die Forschungsergebnisse wieder in die Klinik zu bringen."

Zipps Forschungsschwerpunkte sind die Neuroimmunologie, Neurodegeneration und Neuroregeneration. Außerdem erforscht sie die Auswirkung von entzündlichen Prozessen im Hirn und untersucht gemeinsame Mechanismen, wie sie zum Beispiel bei der akuten Meningitis, bei der chronischen Multiplen Sklerose und auch beim Schlaganfall eine Rolle spielen. Für ihre Forschungen auf diesem Gebiet wurde die gebürtige Frankfurterin mit mehreren Preisen ausgezeichnet.

Als Direktorin einer neurologischen Klinik ist Frauke Zipp in Deutschland etwas Besonderes. Außer der Professorin Marianne Dieterich aus München ist die Führungsebene von Männern dominiert.

Frauke Zipp hat in Frankfurt studiert, forschte am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München und hat als Oberärztin und ab 2002 als Professorin an der Charité in Berlin gearbeitet. Seit 2009 ist sie in Mainz. Frauke Zipp wollte sich gegenüber dem Abendblatt zu ihrer Bewerbung mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht äußern.

Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt, die dem Entscheidungsgremium angehört, sagte: "Es handelt sich um eine hochsensible Personalentscheidung, die noch nicht gefallen ist. Deshalb werde ich einzelne Namen nicht kommentieren." Auch eine mögliche Kandidatur von Professor Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand der Uniklinik Dresden, war von der Behörde nicht kommentiert worden.