Thomas F. wollte eine 26-jährige Studentin, von der er glaubte, dass sie ihn mögen könnte, in eine schalldichte Telefonzelle sperren.

Hamburg. Der Mann mit dem Fusselbart blickt nicht auf, auch nicht, als der Richter ihn darum bittet. "Geht nicht?", fragt der Richter. "Nein", antwortet der Angeklagte. Angeklagt ist Thomas F, weil er eine 26-jährige Studentin, von der er glaubte, dass sie ihn mögen könnte, aus ihrem Zimmer im Studentenwohnheim entführt und in seine, so die Staatsanwaltschaft, "festungsähnlich ausgebaute" Wohnung in Barmbek zwang. Dort hortete der 30-Jährige neben einer schalldicht isolierten Telefonzelle auch gynäkologische Geräte, Waffen, schwere Holzbalken, 113 Feuerlöscher und Lebensmittel, die für Monate gereicht hätten. Die Anklage geht davon aus, dass K. sein Opfer wochenlang einsperren, isolieren und ein Kind mit ihm zeugen wollte.

Der Angeklagte spricht leise und so wenig wie möglich. Er blickt auf seine im Schoß gefalteten Hände, auch während der Richter ihn nach seinem Vorleben befragt. Geboren wurde Thomas F. 1981 in dem 10.000-Einwohner-Städtchen Hohenmölsen im Burgenlandkreis (Sachsen-Anhalt). Was ihn nach Hamburg verschlug, ist nicht bekannt. Er lebt von Sozialhilfe. Mit Internet-Gaunereien versuchte er, an Geld zu gelangen, mehrfach verfolgte er Frauen, die er flüchtig kannte.

+++ Polizei holt Telefonzelle aus der Wohnung +++

+++ Mit Stacheldraht gesichert: Frau entkommt über Balkon +++

Nachbarn in der Wachtelstraße, wo F. in zwei Zimmern im Hochparterre wohnte, beschreiben den Mann als schweigsamen Sonderling. Von den Waffen des Mannes hatte keiner etwas mitbekommen, bevor Thomas F. seinen ebenso perfiden wie detailreich entworfenen Plan, sich eine Frau ins Haus zu holen, in die Tat umsetzte. Handgranaten, Pistolen, Handschellen - F. hatte vorgesorgt, um ein Bedrohungsszenario aufbauen zu können.

Am 19. August vergangenen Jahres setzte er seinen Plan in die Tat um: Er drohte der Studentin, die er flüchtig kannte, mit dem Tod, wenn sie Gegenwehr leiste, fesselte sie mit Handschellen an sich, zwang sie, sich in den eigens für die Tat gekauften Peugeot zu setzen und mit ihm in seine Wohnung zu fahren. Dort zeigte F. ihr, was er für sie erdacht und vorbereitet hatte. Die 26-Jährige schaffte es nach wenigen Stunden, dem albtraumhaften Gefängnis durch einen Sprung vom mit Stacheldraht gesicherten Balkon zu entkommen. Inzwischen lebt sie wieder in Israel. Im Prozess ist sie Nebenklägerin.

Bereits während der U-Haft hat ein Gutachter mehrfach mit Thomas F. gesprochen. In der kommenden Woche soll er dem Gericht seine Einschätzung zur Schuldfähigkeit des Angeklagten geben. Auch die Staatsanwaltschaft rechnet damit, dass er zumindest vermindert schuldfähig ist.

Anwältin Leonore Gottschalk-Solger geht ebenfalls fest davon aus. "Ich kenne diesen Mandanten seit Jahren", sagte sie vor dem Gerichtssaal. "Ich habe ihn früher in einem Stalkingfall vertreten und auch unterschätzt, wie tief er in seiner Störung drinsteckt." Thomas F. sei ein hochintelligenter Mann, der aber in einer eigenen Welt lebe: "Er ist einsam und hatte noch nie eine Freundin." So habe auch die Entführung nichts mit Sexualität zu tun gehabt, sagt Gottschalk-Solger. Er habe einfach mit Gewalt eine Beziehung beginnen und eine Familie gründen wollen." Der Prozess wird am 28. Februar fortgesetzt.