Hamburg. Mit Künstler Michael Batz hinter den Kulissen des Blue Ports. Nicht alles läuft reibungslos. Die Zukunft des Events ist ungewiss.

Wer am sonnigen Donnerstagmorgen verträumt durch die Glasscheiben der U3 auf den Hamburger Hafen gesehen, sich im glitzernden Wasser der Elbe verloren und dann noch einen Blick auf die schillernde Elbphilharmonie geworfen hat, der mag sich kurz erschreckt haben: Auf dem Dach des Konzerthauses waren Menschen zu sehen – in 110 Meter Höhe.

Aber es gibt keinen Grund zur Sorge, denn hier waren Profis am Werk: Geschulte Mitarbeiter installierten die Lichter für den diesjährigen Blue Port, der den Hamburger Hafen vom 1. bis 10. September – also auch während der Cruise Days 2023 – wieder in ein tiefes Blau taucht. Doch damit Tausende Menschen das Spektakel bewundern können, muss dafür einiges getan werden.

Blue Port Hamburg findet parallel zu den Cruise Days statt

Das Abendblatt trifft sich vor Ort mit dem Mann hinter dem riesigen Projekt, dem Künstler Michael Batz. Er wartet bereits am Eingang der Elbphilharmonie, und es braucht nicht viele Worte, um die Begeisterung und Leidenschaft des 71-Jährigen für die Lichtinstallation zu erkennen: „Der Blue Port ist das irrste Projekt in Hamburg.“

Arbeiten in 110 Meter Höhe: Die Techniker installieren die Beleuchtung für den Blue Port 2023 auf dem Dach der Hamburger Elbphilharmonie.
Arbeiten in 110 Meter Höhe: Die Techniker installieren die Beleuchtung für den Blue Port 2023 auf dem Dach der Hamburger Elbphilharmonie. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Angefangen hat alles im Jahr 2006 – mit blau leuchtenden Toren, passend zur Fußballweltmeisterschaft. Das war der Startschuss für das Projekt Blue Port, das seit 2008 regelmäßig in Hamburg stattfindet.

Exklusiver Termin auf dem Dach der Elbphilharmonie

Doch wie sieht es hinter den Kulissen aus? Michael Batz gibt einen exklusiven Einblick und führt das Abendblatt auf das Dach der Elbphilharmonie.

Wer hier auch nur ein wenig Höhenangst hat, durchläuft eine ordentliche Konfrontationstherapie: Durch den Künstlereingang hindurch geht es zum ersten Fahrstuhl, dann 16 Etagen hinaus und zum nächsten Fahrstuhl, der weitere vier Stockwerke nach oben fährt. Von hier aus ist der Weg über die Sky Lounge auf das Dach nicht mehr weit.

Blue Port: Höchste Sicherheitsvorkehrungen bei Vorbereitungen

„An den Rand des Daches darf nur geschultes Personal“, sagt Batz. In der Geschichte des Blue Ports habe es allerdings noch nie einen Unfall gegeben: „Sicherheit ist das A und O – wir haben strengere Vorkehrungen als der Flughafen.“ „Wir“, das sind Batz und sein Team – besonders wichtig sei Sasha Hamann, technischer Leiter und Gründer der Firma HG Technik. „Ohne ihn könnte der Blue Port so nicht stattfinden“, sagt Künstler Batz.

Der technische Leiter Sasha Hamann bei den Vorbereitungen für den Blue Port auf dem Dach der Elbphilharmonie. Alle Mitarbeiter müssen dabei gesichert sein.
Der technische Leiter Sasha Hamann bei den Vorbereitungen für den Blue Port auf dem Dach der Elbphilharmonie. Alle Mitarbeiter müssen dabei gesichert sein. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Hamann und 14 weitere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen standen bereits am frühen Morgen auf der Elbphilharmonie, als es noch dunkel war. 117 blaue Leuchtröhren haben sie am Rand des Daches angebracht, zig Kabel verlegt.

Blue Port Hamburg wird 2023 kleiner stattfinden als sonst

Hamann trägt einen Sicherheitsgurt, der an einen Ausflug in den Hochseilgarten erinnert – nur, dass es bei der Höhe tatsächlich lebensentscheidend sein kann, ob der Gurt auch wirklich hält. Wenn er bis ganz oben auf die Spitze das Elbphilharmonie-Daches klettert, kommt dies der Besteigung eines kleinen Berges gleich, so steil geht es hinauf. Doch nach vielen Jahren Blue Port hat das Team viel Erfahrung gesammelt, damit alles reibungslos abläuft. Zumindest was die Technik angeht.

Denn bei der Organisation, Logistik, Finanzierung und bei Absprachen werde es dem Team nicht leicht gemacht, berichtet Batz. Daher fällt der diesjährige Blue Port auch kleiner aus als sonst.

Speicherstadt und die Freihafenelbbrücke bleiben dunkel

„Die Situation am Hafen zurzeit ist schwierig – das ist alles nicht so rosig bei den Betrieben“, erklärt Batz – und bezieht sich damit auf die Hadag und die HHLA. Auswirkungen bekomme auch der Blue Port zu spüren, wenn beispielsweise Absprachen nicht gehalten werden oder Menschen in Führungspositionen, mit denen etwas ausgemacht worden ist, plötzlich nicht mehr in den Betrieben sind.

Auch fehlende Genehmigungen legen dem Projekt Steine in den Weg: In diesem Jahr wird erstmalig die Freihafenelbbrücke nicht beleuchtet sein. Der Grund: Baufälligkeit. „Die Hamburg Port Authority (HPA) sagt Nein, wir dürfen dort auf keinen Fall etwas machen“, erklärt Batz. Er habe sogar scherzhaft vorgeschlagen, die Lichter mit leichten Balletttänzern anzubringen – doch keine Chance. Auch die Speicherstadt wird dieses Jahr nicht blau leuchten.

Michael Batz arbeitet ehrenamtlich für die blaue Lichtkunst

Batz‘ Unmut über die Situation ist spürbar. Das passe nicht zusammen: Auf der einen Seite sind viele Menschen und auch die Stadt Hamburg begeistert vom Blue Port – doch die Umsetzung werde erschwert und auch die monetäre Wertschätzung fehle. „Seit 2010 erhält das Projekt Blue Port stets 150.000 Euro von der Stadt. Das ist ein Witz – vor allem in Zeiten von Inflation, Kostensteigerung und Energiekrise.“

Der Künstler Michael Batz arbeitet mit viel Leidenschaft an der Umsetzung des Blue Ports. Er bestaunt die blaue Beleuchtung am liebsten vom Boot  aus.
Der Künstler Michael Batz arbeitet mit viel Leidenschaft an der Umsetzung des Blue Ports. Er bestaunt die blaue Beleuchtung am liebsten vom Boot aus. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto ServiceS

Batz selbst arbeite seit jeher ehrenamtlich, er verdiene keinen Pfennig mit seiner organisatorischen und künstlerischen Arbeit für den Blue Port. Doch seine Leidenschaft allein reiche nicht aus, um ein solches Projekt zu realisieren.

Blue Port Hamburg hat vergleichsweise geringen Stromverbrauch

„Letztlich muss sich eine Stadt wie Hamburg entscheiden, was hier noch möglich ist“, so Batz. Die Stadt müsse endlich „Butter bei die Fische“ geben. „Wenn sich da nicht etwas tut, auch politisch, dann weiß ich nicht, wie es weitergeht. Schlicht und einfach.“

Mit dem Vorurteil, dass der Blue Port enorm viel Energie verbrauche, will Batz aufräumen: Nachhaltigkeit sei ihm wichtig. So seien zum Beispiel ein Drittel der verwendeten Leuchten bereits vorhanden – bei Schiffen etwa – und werden lediglich mit einem blauen Filter ausgestattet.

Und auch sonst sei der Stromverbrauch nicht so hoch, wie man vielleicht erwarten würde. Zum Vergleich: Die 117 Lampen auf dem Dach der Elbphilharmonie verbrauchen an einem Abend so viel Strom wie 28 Waschmaschinen, rechnet Batz vor. Alle Leuchten am Blue Port werden dieses Jahr mittels einer Schaltzeituhr gesteuert und leuchten jeweils ab circa 20.30 Uhr insgesamt vier Stunden lang.

Michael Batz: „Ich zeige den Hafen, wie er ist – pur“

Trotz der schwierigen Ausgangssituation freut sich Batz auf die Inszenierung: „Ich zeige den Hafen, wie er ist – pur. Licht ist für mich Literatur, wie schreiben – nur mit Licht.“ Am meisten bewege ihn, wenn Menschen durch den Blue Port die Schönheit des Hafens in all seinen Facetten wieder wahrnehmen können. Denn im Alltag fehle laut Batz oft der Blick, die Aufmerksamkeit für die Umgebung – durch die blaue Farbe, die zugleich unaufdringlich und doch intensiv, royal und ruhig wirkt, könne die Stadt neu entdeckt werden.

Der Blue Port sei außerdem ein inklusives Event: Jede und jeder kann die Kunst erleben – egal ob Tourist oder Einheimischer, jung oder alt. Alles was man braucht, sind die Füße, die einen durch die Stadt tragen.

Blue Port Hamburg startet am 1. September

Die Vorbereitungen auf der Elbphilharmonie sind mittlerweile abgeschlossen. Doch die Liste der Gebäude, Schiffe, Van Carrier und weiterer Elemente im Hamburger Hafen, die darauf warten, mit blauen Lampen ausgestattet zu werden, ist noch lang. Ab dem 1. September kann das Ergebnis der Arbeit von Michael Batz und seinem Team dann zehn Tage lang kostenfrei bestaunt werden.