Hamburg. Derzeitige Bauarbeiten an der wichtigsten Verkehrsachse in Hamburgs Zentrum verärgern den ADFC. Was der Fahrrad-Club fordert.

Freie Fahrt für Autos – aber wo bleiben die Radfahrer auf einer der wichtigsten Magistralen in Hamburg? Mit dem Beginn der Sanierungsarbeiten der Willy-Brandt-Straße und der Ludwig-Erhard-Straße vor wenigen Tagen bewertet der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) in Hamburg die Baumaßnahme als „skandalös“.

Während der Platz für den Autoverkehr nicht angetastet wird, müssten sich die Fahrradfahrer weiterhin mit schmalen Radwegen zufriedengeben, so der ADFC. Die Verkehrsbehörde weist die Vorwürfe unterdessen zurück.

Verkehr Hamburg: Radwege bleiben trotz Sanierung „gefährlich“

Seit Ende Juli lässt der Senat die Fahrbahn sanieren. Konkret betroffen ist der Abschnitt von der Neuen Gröningerstraße im Osten bis zum Holstenwall im Westen. Die Bauarbeiten werden voraussichtlich bis zum 20. Oktober dauern.

Die Magistrale, die täglich von schätzungsweise 60.000 Fahrzeugen frequentiert wird, befinde sich in einem schlechten Zustand, heißt es bei der Verkehrsbehörde. Es gebe Risse und Unebenheiten. Damit sie verkehrssicher bleibe, müsse nun dringend etwas passieren.

Für Radfahrer bleiben nur 1,25 Meter breite Wege in Hamburgs Verkehr

Ab Oktober sollen die Fuß- und Radwege ebenfalls saniert werden. Zunächst eine gute Nachricht. Doch nach Angaben des ADFC werde am existierenden Straßenquerschnitt nichts geändert. Das heißt: Die bislang sieben Fahrbahnen für den Kfz-Verkehr bleiben erhalten – und damit auch der Platz, der Radfahrern und Radfahrerinnen hier zugedacht ist.

„Es ist ja ganz nett, dass der Untergrund der Rad- und Gehwege durch die Sanierung vielleicht etwas weniger holprig wird“, sagt Tom Jakobi vom ADFC. „Aber hier werden bestehende Radwege mit einer Breite von teilweise nur 1,25 Meter saniert, die so gefährlich sind, dass sie im Neubau heute so gar nicht mehr genehmigt werden dürften.“ Skandalös sei, dass der Platz für den Autoverkehr auf der rund 20 Meter breiten Fahrbahn unangetastet bleibe.

ADFC ärgert sich: Klimaschutz „fällt dabei hinten runter“

„Eine solche Sanierung schreibt die autogerechte Gestaltung von Hamburgs Magistralen wie der Willy-Brandt-Straße für die nächsten zehn Jahre fest – Ziele wie die Mobilitätswende und der Klimaschutz fallen dabei hinten runter“, so Jakobi.

Dabei habe Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) noch auf der Abschlusskundgebung der diesjährigen Hamburger Fahrradsternfahrt im Juni mitten auf der Willy-Brandt-Straße den Teilnehmern bessere Bedingungen für den Radverkehr versprochen. „Die jetzt veröffentlichten Pläne für die Sanierung eben dieser Magistrale, der früheren Ost-West-Straße, stehen dem allerdings diametral entgegen.“

Der Fahrrad-Club fordert daher Hamburgs Verkehrssenator auf, diesen „Murks-Entwurf“ zu stoppen. „Wenn es Anjes Tjarks ernst meint mit dem, was er uns auf der Sternfahrt versprochen hat, kann er es jetzt beweisen und die äußeren Kfz-Fahrstreifen in der Willy-Brandt-Straße in breite Radwege umwandeln – so wie es einer Verkehrswende gerecht würde.“

Behördensprecher: Radwege werden teilweise auf 2,50 Meter verbreitert

Auf Abendblatt-Anfrage weist die Verkehrsbehörde die Vorwürfe zurück. „Weil wir alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen im Blick haben, wurde zusätzlich zur reinen Straßenerhaltungsmaßnahme seitens der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende veranlasst, dass auch die Geh- und Radwege instandgesetzt, dort wo räumlich und baulich möglich verbreitert und damit verkehrssicherer und komfortabler gemacht werden“, sagt Behördensprecher Dennis Krämer. „Da, wo es möglich ist, werden die Radwege auf ein Maß von 2,50 Meter verbreitert.“

Zur besseren Erkennbarkeit werde zudem eine Rotmarkierung in den Straßeneinmündungen und Radfurten aufgebracht. Radfurten und Mittelinseln würden, wo es möglich sei – beispielsweise an der Kreuzung Ludwig-Erhard-Straße/Englische Planke – erweitert und somit für Radfahrende sicherer und komfortabler gestaltet.

Herrengraben bis Rödingsmarkt: Hier wird der Radweg deutlich breiter

Die Stadt saniert nach eigenen Angaben die Geh- und Radwege auf voller Länge der Straße. Die Radwege würden an einigen Stellen sogar auf 2,25 bis 2,50 Meter verbreitert, heißt es von der Behörde.

Verbreiterungen sind für folgende Abschnitte geplant:

  • Holstenwall bis Neanderstraße (2,50 Meter)
  • Erste Brunnenstraße bis Herrengraben (2,25 Meter)
  • Herrengraben bis Rödingsmarkt (2,50 Meter)
  • Zeughausmarkt bis englische Planke (2,25 Meter)

Unabhängig von der Sanierung der Flächen auf der Willy-Brandt-Straße hat sich die Verkehrsbehörde das Ziel gesetzt, dort, wo es baulich und räumlich möglich ist, Rad-, Kfz- und Fußverkehr voneinander zu trennen sowie möglichst komfortable und sicherere Radwege zu bauen, um die Situation für den Radverkehr in ganz Hamburg nachhaltig weiter zu verbessern.

Verkehr Hamburg: So viel Platz steht Radwegen laut Vorschrift zu

Hintergrund: Die Breite benutzungspflichtiger Radwege soll nach der Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung in der Regel durchgehend mindestens 1,50 Meter, möglichst jedoch zwei Meter betragen; bei für beide Fahrtrichtungen nutzbaren Radwegen mindestens zwei Meter, möglichst 2,40 Meter.