Hamburg. Dr. Matthias Riedl über ein Medikament gegen Übergewicht, das für Diabetiker gedacht und auch wegen Elon Musk knapp geworden ist.

Laut Robert-Koch-Institut (RKI) sind in Deutschland 54 Prozent der Menschen übergewichtig, beinahe jeder fünfte ist sogar schwer übergewichtig. Viele davon würden gern abnehmen. Eine Wunderpille dafür gibt es nicht, aber tatsächlich gibt es eine Spritze zum Abnehmen, die auch wegen Menschen wie Elon Musk knapp geworden ist.

„Es ist ein geniales Medikament für Typ-2-Diabetiker, die übergewichtig sind, weil es nicht nur den Blutzucker senkt, sondern auch noch das Gewicht“, sagt Dr. Matthias Riedl. „Aber es ist ein verschreibungspflichtiges Medikament für Diabetiker – für die ist es zugelassen und auch gedacht.“

Abnehmen – Ernährungs-Doc: Was die Spritze gegen Übergewicht bringt

Es gibt dieses Präparat seinen Angaben zufolge auch zum Abnehmen, aber derzeit gebe es einen großen Mangel am Wirkstoff Semaglutid (Handelsname Ozempic). Es werde teilweise für die Behandlung der Diabetiker – nicht nur in Deutschland – schon knapp, sagt der aus dem Fernsehen bekannte Ernährungs-Doc in Folge 20 des Podcasts „Dr. Matthias Riedl. So geht gesunde Ernährung“.

„Wir haben ja immer früher gedacht, Diabetes Typ 2 ist am Ende eine Insulinresistenz – dass der Körper nicht mehr so gut auf Insulin reagiert und das auch nicht genug Insulin produziert wird, dann kommt noch eine Fettleber dazu. Aber dann hat man festgestellt, der Körper produziert in seinem Darm auch Hormone – und diese sagen dem Gehirn, du bist satt“, so Riedl.

„Die wirken aber auch an der Bauchspeicheldrüse und sagen dieser: Du hast gegessen, jetzt kümmere dich mal um eine Insulinausschüttung und sorge dafür, dass der Blutzucker wieder sinkt.“

Abnehmen: In den USA großer Hype um Spritze entstanden

Bei Diabetikern werde dieses Hormon zum Teil weniger gebildet. „Da war natürlich der Gedanke naheliegend, dass man das Hormon künstlich ersetzt. Und siehe da, es war auch so, dass dieses Präparat –es handelt sich hier um das GLP-Hormon – genau die Wirkung entfaltet, die wir uns vorgestellt haben: Im Gehirn wird eine Satt-Meldung abgegeben. Und bei der Bauspeicheldrüse wird mehr Insulin ausgeschüttet, aber nur wenn man isst. Und es macht eben keine Unterzuckerung.“

Das sei das Tolle im Gegensatz zum Insulin. „Durch dieses Signal im Gehirn senkt es das Gewicht“, sagt der Ärztliche Direktor des Medicum Hamburg. Diesen Effekt wollte man auch für Übergewichtige nutzen. Daraus sei ein großer Hype entstanden, vor allem in den USA.

Ernährungs-Doc Riedl: Medikament verschreibungspflichtig in Deutschland

In Deutschland ist es verschreibungspflichtig. In Amerika gibt es offenbar auch andere Wege, das Medikament zu bekommen. „Es ist sehr teuer. Aber es gibt ja genug übergewichtige Menschen, die genug Geld haben. Und nachdem Elon Musk und die Kardashians das so gehypt haben, hat das einen derartigen Run ausgelöst, dass die Herstellerfirma speziell dieses Präparates einen Teil der Produktion aus Amerika weglenkt, um es auf dem europäischen Markt für die Diabetiker vorzuhalten.“

Das Medikament Wegovy (mit dem gleichen Wirkstoff) für Übergewichtige ist in der EU schon zugelassen. Der Markteintritt für Deutschland sei für Mitte oder Ende 2023 avisiert, sagt der Ernährungsmediziner, Internist und Diabetologe. „Wir reden über einen Preis für vier Spritzen von 1000 Euro“, so Riedl. „Das ist nicht so ganz billig. Viele Menschen, die das Geld haben, kaufen sich das – und in Amerika ist der Markt liberaler. Das hat dann zu diesem Hype geführt, wenn Menschen mit sogenanntem Vorbildcharakter Medikamente empfehlen, mit denen sie positive Erfahrungen gemacht haben. Mehr Werbung geht nicht!“

„Elon-Musk-Abnehm-Spritzchen“ läuft wie geschmiert

Diese neue Substanzgruppe mache Diabetiker schlanker, verursache keine Unterzuckerung, senke den Blutzucker, den Blutdruck und verbessere die Blutfettwerte. Das seien eine Menge positiver Nebenaspekte, die es bei Insulin nicht gibt, sagt der aus dem Fernsehen bekannte Ernährungs-Doc. „Beim deutschen Diabeteskongress habe ich erfahren, dass nur zehn Prozent der Patienten, die es bekommen müssten, es bekommen. Es hat tatsächlich auf unserem Markt noch Nachholbedarf. Es müssten viel mehr Diabetiker statt mit Insulin damit behandelt werden.“

Interessanterweise gebe es schon seit Jahren ein ähnliches Präparat (Saxenda), das sich aber sehr schlecht verkauft habe, sagt Riedl. „Dabei ist es der Vorläufer von diesem Elon-Musk-Abnehm-Spritzchen. Deshalb wundert mich, dass es sozusagen wie ein Ladenhüter liegen blieb. Wegovy läuft durch dieses Marketing von Musk wie geschmiert.“

Diabetiker und Übergewichtige brauchen eine Dauertherapie

Klar sei, dass für Diabetiker eine Dauertherapie nötig ist. Für Übergewichtige gelte das ebenso: „Man muss es halt nehmen, dann hat es seine Wirkung. Wenn ich es nicht nehme, dann ist die Wirkung wieder weg.“

Der Ernährungsmediziner sieht den Hype in Amerika kritisch: „Ich hätte mir so gewünscht, dass Elon Musk seine Medienstärke dazu nutzt, zu sagen: Okay, ich will abnehmen, ich mache das mithilfe von einem Medikament, aber ich ergänze auch eine Ernährungsumstellung – denn nur beides zusammen ist der Garant dafür, dass es nach dem Absetzen der Spritze nicht zum Jojo-Effekt kommt. Das ist schade. Und das ist kurz gedacht. Da muss ich sagen: „Elon, das hättest du besser gekonnt.“

Ernährungs-Doc Riedl kritisiert: Elon Musk missbraucht das Medikament

So wie Musk es verwendet hat, sei es ein Missbrauch dieses Präparats. Es sei nicht zum Erlangen der Bikinifigur gedacht oder um ein paar lästige Pfunde wegzubekommen. „Nur in der Kombination mit einer Ernährungsanalyse und einer dauerhaften Ernährungsumstellung macht das ganze medizinisch Sinn“, sagt der Ernährungs-Doc.

Und er weist auf eine relevante Nebenwirkung des Medikaments hin: „Es kann Übelkeit verursachen, die aber mit der Zeit immer weniger wird. Ich erkläre es meinen Patienten immer so: Wenn du das Präparat nimmst, dann wirkt es im Kopf. Und es macht dir das Gefühl, du hast gegessen, du bist satt. Dieses Sattheitsgefühl, wenn es sehr extrem ausfällt, ist dann so: Wir fühlen uns pappsatt – und eine Steigerung von pappsatt ist Übelkeit.“ Aber die Übelkeit führe dazu, dass die Patienten weniger essen.

Abnehmen: Medikament in Kombi mit Ernährungsumstellung – zig Kilo weniger

Für ihn sei das ein Gamechanger. Im Diabetesbereich erreiche man in der Kombination von diesen Medikamenten mit einer Ernährungsumstellung nicht zehn oder 20 Kilo, sondern 30, 40 Kilo Gewichtsabnahme.

Man dürfe solche Präparate aber nicht als Lifestyle-Medikament missbrauchen, „sondern wir sollten sie wirklich nur bei krankhaften Indikationen einsetzen – sonst verknappt sich gerade jetzt in dieser Situation einfach der Markt für die, die es wirklich dringend brauchen.“

Spritze zum Abnehmen ist eine Ergänzung zur Ernährungsumstellung

Und noch etwas gibt Riedl zu bedenken. Das Übergewicht sei bei vielen Menschen die Folge falscher Ernährung. „Wir wissen, dass Übergewichtige häufig mangelernährt sind. Ihnen fehlt es an Vitamin D, an verschiedenen Spurenelementen, an Ballaststoffen, an guten Fetten.“

Würden diese zu ihrer schlechten Ernährungsweise ein Präparat bekommen, wodurch sie weniger essen, dann hätten sie noch mehr Mangelerscheinungen. „Das Ziel muss doch sein, wenn ich weniger esse, dann muss das, was ich esse, tatsächlich sehr gehaltvoll sein und den Körper versorgen.“

Diese Spritze sei ein Adjuvans, also eine Ergänzung zur Ernährungsumstellung. Da dürfe sich niemand falsche Vorstellungen machen. Das sei nicht die chemische Lösung eines Übergewichtsproblems, „das ist es nämlich nicht. Außerdem ist es irre teuer“, sagt der Ernährungsmediziner.

Ein Rezept für gesundes kerniges Haferbrot:

Für 1 Kastenform (ca. 25 cm Länge, 16 Scheiben) | 10 Min. Zubereitung | 50 Min. Backen, pro Scheibe: ca. 175 KCAL | 8 g EW | 11 g F | 9 g KH

Das kernige Haferbrot hat viele gesunde Ballaststoffe und enthält Haferflocken, Nüsse und Kerne. Aus „Dr. Matthias Riedl. Meine 100 besten Rezepte“, Gräfe und Unzer“.
Das kernige Haferbrot hat viele gesunde Ballaststoffe und enthält Haferflocken, Nüsse und Kerne. Aus „Dr. Matthias Riedl. Meine 100 besten Rezepte“, Gräfe und Unzer“. © Maria Grossmann, Monika Schuerle Foodstyling: Lukas Grossmann | Maria Grossmann, Monika Schuerle Foodstyling: Lukas Grossmann

Zutaten: 200 g Sonnenblumenkerne, 100 g zarte Haferflocken, 100 g Haferkleie, 100 g Chia-Samen, 50 g gemahlene Leinsamen (geschrotete sind nicht empfehlenswert!), 50 g Kürbiskerne, 1 gestrichener TL Salz, 500 ml lauwarmes Wasser.

  1. . Den Backofen auf 200 Grad vorheizen. Die Kastenform mit Backpapier auslegen.
  2. . Alle trockenen Zutaten in eine große Rührschüssel geben und gut mischen. Anschließend das lauwarme Wasser nach und nach hinzufügen und alles mit den Knethaken des Handrührgeräts oder der Küchenmaschine gründlich durchkneten.
  3. . Den Teig gleichmäßig in die Form geben und fest andrücken. Das Brot im Ofen (Mitte) ca. 50 Min. backen. Herausnehmen und auf einem Kuchengitter vollständig abkühlen lassen. Das Brot lässt sich in Scheiben geschnitten sehr gut einfrieren und bei Bedarf portionsweise auftauen.
  4. . Ein echtes Low-Carb-Brot! Das Haferbrot ist arm an „schnellen“ Kohlenhydraten, aber reich an gesunden Ballaststoffen wie beispielsweise dem Beta-Glucan aus Hafer. Die vielfältigen Kerne sorgen für einen hohen Gehalt an gesunden Omega-3-Fettsäuren und wirken gegen viele Zivilisationskrankheiten.
Dr. Matthias Riedl. „Meine 100 besten Rezepte. Was wir essen müssen, um gesund zu bleiben“, Gräfe und Unzer, 192 Seiten, 28 Euro.
Dr. Matthias Riedl. „Meine 100 besten Rezepte. Was wir essen müssen, um gesund zu bleiben“, Gräfe und Unzer, 192 Seiten, 28 Euro. © Graefe und Unzer Verlag | Graefe und Unzer Verlag