Hamburg. Erst kaputtmachen, dann wieder aufbauen: die U4-Arbeiten schreiten voran. Die Hamburger Hochbahn über Zeit-, Spar- und Zukunftspläne.

Das Gelände rund um die Hamburger U-Bahn-Station Horner Rennbahn geht derzeit gut und gerne als Jurassic-Park-Schauplatz durch. Ein riesiges, metallenes Ungetüm frisst sich hier mit furchterregendem Maul und gigantischen hydraulischen Kräften durch Betonschichten. Es zermalmt, was ihm in die Quere kommt.

„Tyrannosaurus Rex“, diese Metapher nutzt selbst Projektleiter Dirk Göhring von der Hamburger Hochbahn AG für den Bagger, der gerade mit dem Abbruch des alten U-Bahn-Tunnels beschäftigt ist. Das ist nötig, um hier ein Kreuzungsbauwerk zu errichten. Die Baustelle ist verantwortlich für die derzeitige Sperrung der Station Horner Rennbahn. Planmäßig bis April 2024 verkehren zwischen den Haltestellen Rauhes Haus und Legienstraße deshalb Busse statt der U2. Die Linie U4 beendet ihre Fahrt vorerst schon an der Haltestelle Burgstraße.

U-Bahn Hamburg: U4-Verlängerung – neuer Tunnel im Bau

Die Hochbahn stellt sich im Bereich der Station Horner Rennbahn einem enormen Bauaufwand: Ein Bypasstunnel und Kreuzungsbauwerk sollen hier bis April 2024 entstehen. Noch liegt die Hochbahn im anvisierten Zeitplan.

U4 – wegen der Baustelle kommt es zu Streckensperrungen.
U4 – wegen der Baustelle kommt es zu Streckensperrungen. © HA Grafik, HA Infografik | Frank Hasse

Der beinahe fertiggestellte Bypasstunnel ist rund 700 Meter lang. Ihn sollen Züge der Linien U2 und U4 stadtauswärts passieren. Dazu werden sie hinter der Station Horner Rennbahn aus der bisherigen Strecke ausgefädelt. Am Ende des Bypasses trennen sich die Streckenverläufe der U2 und U4 künftig. Die U2 zuckelt dann wie gehabt nach Billstedt oder Mümmelmannsberg weiter. Die U4 biegt Richtung Nordosten ab und fährt die derzeit noch im Bau befindlichen Haltestellen Stoltenstraße und Horner Geest an.

Kreuzungsbauwerk: Zwei Tunnel übereinander für U2 und U4

Allerdings – und hier liegt die Krux – U-Bahnen dürfen sich nicht auf einer Ebene kreuzen, sie müssen sicher unabhängig fahren können. Irgendeine Art Kreuzung muss es aber geben, damit die U4 sich nach der Haltestelle Horner Rennbahn vom Streckenverlauf der U2 trennen kann. Deshalb wird die U4 in einem tieferliegenden Tunnel unter der U2 durchfahren, damit sich die Tunnel zwar überkreuzen, aber nicht blockieren.

Ähnliche Konstruktionen gibt es in Hamburg etwa an den Haltestellen Kellinghusenstraße und Berliner Tor. „Wenn man zwei Linien an einer Haltestelle zusammenführen will, braucht man so ein Kreuzungsbauwerk“, sagt Göhring. Erst das sorge für den bahnsteiggleichen Umstieg, spare Fußwege und ermögliche die für die U-Bahn-Fahrenden so komfortable Anschlusssicherung. Denn dann steht der andere Zug eben schon am Gleis direkt gegenüber. So der Plan.

Projektleiter Dirk Göhring von der Hamburger Hochbahn AG im beinahe fertiggestellten Bypasstunnel der U4 nahe der Station Horner Rennbahn
Projektleiter Dirk Göhring von der Hamburger Hochbahn AG im beinahe fertiggestellten Bypasstunnel der U4 nahe der Station Horner Rennbahn © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

U-Bahn Hamburg: Tunnel aus den 1960er-Jahren wird abgebrochen

Damit das Vorhaben Realität wird, werkeln rund 150 Tief-, Roh- oder Stahlbauer auf der Großbaustelle im Bereich der Station Horner Rennbahn. Dort findet gerade der eindrucksvolle Abbruch des Bestandstunnels mit schwerem Gerät statt. Ein Bagger zerschlägt den alten Tunnel, damit im nächsten Schritt der U4-Tunnel daruntergesetzt und anschließend ein neuer U2-Tunnel an der Stelle des alten entstehen kann.

Der Abbruch des Altbautunnels ist laut Göhring ein Leichtes für die starken Bagger, denn der Beton aus den 1960er-Jahren habe eine ganz andere Qualität als heutige Baustoffe: „Wenn wir unsere Neubauten abbrechen müssten, da hätten wir deutlich mehr zu tun“, sagt er.

U4-Baustelle: Trotz Baulärm „erfreulich wenig Beschwerden“

Die Baustelle nimmt dabei jene Fläche in Beschlag, die früher noch der Meurerweg war – und die lärmenden Abbrucharbeiten finden fast unmittelbar unter den Balkons von Wohnhäusern statt. Anders geht es nicht, irgendwie muss der Tunnel schließlich seinen Weg ins Erdreich finden.

Gerade mit Blick auf die Nähe zur Wohnbebauung habe es bislang „erfreulich wenig Beschwerden“ aus der Nachbarschaft gegeben, so Göhring – trotz Stemmhammer und Co. Grund dafür ist seiner Meinung nach auch die umfassende Bürgerbeteiligung im Vorfeld der Bauarbeiten. Im Anschluss an die Arbeiten wird der Meurerweg wiederhergestellt.

Am Ende des Bypasses trennen sich die Streckenverläufe der U2 und U4 künftig.
Am Ende des Bypasses trennen sich die Streckenverläufe der U2 und U4 künftig. © HA Grafik, HA Infografik | Frank Hasse

Horner Rennbahn: U4-Bypasstunnel und neue Haltestelle fertig

Weniger Vorstellungskraft als das „Kernstück“ Kreuzungsbauwerk verlangt der Bypasstunnel. Denn der ist beinahe fertiggestellt. Rund 550 Meter Gleise liegen hier schon auf ihren Einsatz wartend parat. Am westlichen Ende des Bypasses befindet sich die Erweiterung der Haltestelle Horner Rennbahn. Der Bau hat bereits im März sein Richtfest feiern können. Von hier aus werden die Züge stadtauswärts fahren. Die bestehenden Gleise nutzen die stadteinwärts fahrenden Zügen der Linien U2 und U4.

An der Weiche im östlichen Teil des Tunnels, wo sich die Züge der Linien U2 und U4 trennen werden, ist gut erkennbar, wie die U4 künftig in ihren tieferliegenden Tunnel „abtaucht“. Auffällig steil geht es auf den Gleisen bergab. Fast fünf Prozent Gefälle – viel mehr ist für U-Bahnen nur in Ausnahmefällen erlaubt, sagt Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum.

U4: Baustelle Horner Rennbahn noch bis April 2024

Doch bis hier die ersten Bahnen rollen, dauert es noch ein knappes Jahr. Frühestens im April 2024 wird die Haltestelle Horner Rennbahn wieder angefahren. „Das Bauen an sich ist das eine. Der Einbau der gesamten Technik, zum Beispiel der Signaltechnik, erfordert auch seine Zeit. Da wollen wir uns zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht auf eine oder zwei Wochen genau festlegen lassen“, sagt Kreienbaum. Bis es so weit ist, verkehren Busse zwischen den Stationen Rauhes Haus und Legienstraße. Diese hat die Hochbahn vorsorglich sogar bis Mai 2024 bestellt.

Im Zeitplan liegt die U4 – doch in puncto Sparplan hakt es etwas. Erst kürzlich wurde bekannt, dass sich die veranschlagten Kosten um 96 auf auf nun rund 561 Millionen Euro erhöht haben. Projektleiter Göhring begründet das mit Inflationseffekten, denn zusätzliche Baustoffe oder Energie benötige die U4-Verlängerung nicht: „Die Mengen sind die gleichen geblieben, aber die Preise sind deutlich gestiegen – wie das jetzt jeder privat an der Supermarktkasse auch bemerkt.“ Gerade die Zementpreise hätten sich exorbitant erhöht.

U4: Hier fahren Hamburger bald im 100-Sekunden-Takt

Ende 2026 soll die U4-Verlängerung abgeschlossen sein. Dann fährt die Linie auch die beiden Haltestellen Stoltenstraße und Horner Geest an. 13.000 Hamburger werden so an das U-Bahn-Netz angebunden. Auf der gemeinsamen Strecke der U2 und U4 zwischen Horner Rennbahn und Jungfernstieg wäre es dann dank einer geplanten Automatisierung sogar möglich, dass die Züge im 100-Sekunden-Takt halten.

Arbeiten im Untergrund: Der alte U-Bahn-Tunnel der Station Horner Rennbahn wird im Zuge der Verlängerung der U4 abgebrochen.
Arbeiten im Untergrund: Der alte U-Bahn-Tunnel der Station Horner Rennbahn wird im Zuge der Verlängerung der U4 abgebrochen. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Die U4 entkoppelt sich dank der eigenen Endhaltestelle Horner Geest zunehmend von ihrem Image als „Zwerglinie“ der U2. Im Übrigen könnte sie in Zukunft noch viel „eigenständiger“ werden. Denn auch über die Station Horner Geest hinaus lasse sich die U4-Strecke problemlos in Richtung Osten verlängern. Die dortigen Abstellgleise ließen sich nämlich relativ einfach zur Weiterfahrt – beispielsweise nach Jenfeld – umrüsten.

U-Bahn Hamburg: Fährt die U4 bald auch nach Jenfeld?

Wann und ob es dazu kommt, steht aber noch aus: „Eine Weiterführung der U4 über die Horner Geest hinweg ist eine politische Entscheidung. Wir können nur Vorschläge machen, die sinnvoll sind für die Fahrgäste“, so Kreienbaum.

Was die Erweiterung in anderer Richtung – von den Elbbrücken aus nach Süden – anbetrifft, gibt es wiederum schon handfeste Pläne. Im Rahmen des Ausbauprogramms der Hamburger U-Bahn folgt nach der Verlängerung auf die Horner Geest der Sprung über die Elbe. Hier ist die Weiterführung auf den Grasbrook schon in der Planung. „Da könnten, wenn alles gut läuft, schon 2031 die ersten Züge fahren“, sagt der Hochbahn-Sprecher.