Hamburg. Die Abfallentsorgung von Schiffen wird in Hamburg besonders überprüft. Was die Beamten bei einem Einsatz erleben.

Es ist ein Katzensprung für Anna-Carina Zirpins und ihren Kollegen Jürgen Graf zum Einsatzort. Keine fünf Minuten brauchen die beiden Wasserschutzpolizisten von der Wache am Ellerholzdamm auf dem Kleinen Grasbrook in Hamburg zum Schuppen 84. Dort liegt am Kai der knapp 190 Meter lange Massengutfrachter „Bubba Boosh“ und wird mit Schrott beladen.

Die 36 Jahre alte Polizeiobermeisterin und ihr 55-jähriger Kollege sind Spezialisten für Kontrollen, bei denen es um die Einhaltung umweltrechtlicher Bestimmungen auf Schiffen geht. In diesen Tagen wird besonders intensiv kontrolliert. Es laufen die sogenannten Buga, die bundesweiten Aktionstage Gewässer- und Umweltschutz.

Hafen Hamburg: So spürt die Wasserschutzpolizei Umweltsünder auf

Kontrollen, das bedeutet erst einmal viel Papierkram. In dem Büro des Kapitäns des unter der Flagge der Marshallinseln fahrenden Frachters gehen die beiden Wasserschutzpolizisten die Zertifikate und die Tagebücher durch, in denen peinlich genau die Entsorgung von Abfällen vermerkt ist. Es ist ein mehrstündiges Unterfangen. Neben dem Kapitän stehen der Erste Offizier und der Chef-Ingenieur parat, um mögliche Fragen zu beantworten. „Wir schaffen ein Schiff am Tag“, sagt Zirpins.

Sie hat einen Blick für die Daten und Eintragungen. Ist etwas nicht stimmig, merkt sie es sofort. Da geht es um Positionen, an denen Ballastwasser gewechselt wurde, oder Zeiten, in denen Stoffe abgepumpt wurden.

Polizei Hamburg: Umweltschutz ist in der Seefahrt immer wichtiger geworden

Seefahrt ist etwas für Umweltschutz-Füchse geworden. Nicht nur, weil die Bestimmungen immer strenger und umfangreicher wurden, sondern auch, weil man es mit jeder Menge Vorschriften zu tun hat, die je nach Route wechseln. So darf ein Schiff, das international unterwegs ist, teilweise anders entsorgen oder Abfälle mitführen, als ein Schiff, das innerhalb der EU unterwegs ist. In einigen Ländern darf Ballastwasser nach relativ lockeren Regeln abgepumpt werden. Andere Länder sind da deutlich pingeliger.

In Hamburg gelten bereits die verschiedenen Hafenbecken als unterschiedliche Standorte, weil in jedem Hafenbecken ein eigenes Ökosystem herrschen kann, in das über das Ballastwasser keine fremden Pflanzen und Tiere eingeschleppt werden sollen.

Die Wasserschutzpolizisten Anna-Carina Zirpins und ihr Kollege Jürgen Graf an der Maschine des Massengutfrachters „Bubba Boosh“ im Hamburger Hafen.
Die Wasserschutzpolizisten Anna-Carina Zirpins und ihr Kollege Jürgen Graf an der Maschine des Massengutfrachters „Bubba Boosh“ im Hamburger Hafen. © André Zand Vakili

Die Kontrolle selbst verläuft freundlich. Getränke werden angeboten, Kapitän und Offiziere sind auskunftsfreudig. „Das ist meistens so“, sagt Zirpins. Ihr liegt die Seefahrt im Blut. Vor ihrer Zeit bei der Polizei war sie acht Jahre bei der Marine und fuhr zur See.

Doch es geht auch anders. Da verliert schon mal bei einem gravierenden Verstoß ein leitendes Mannschaftsmitglied die Selbstbeherrschung und wirft den Stift durch die Kabine. Schließlich kann um viel Geld gehen. „Bei einem Verstoß, den ich festgestellt hatte, wurde eine Sicherheitsleistung von insgesamt 103.000 Euro gegen den Kapitän und zwei leitende Mannschaftsmitglieder verhängt“, erzählt die Polizeiobermeisterin

Wasserschutzpolizei kontrolliert auch die Entsorgung des Frittierfetts

Tatsächlich ist man nicht zimperlich, was Strafen angeht. Bei Verstößen gegen Umweltauflagen hört in den meisten Teilen der Welt der Spaß auf. So sind auf einem Schiff Abfälle besser getrennt als in den meisten deutschen Haushalten. Selbst in der Kombüse wird peinlich genau darauf geachtet, wo das Frittierfett bleibt.

Wasserschutzpolizist Jürgen Graf (l.) geht im Büro des Kapitäns die Zertifikate und Tagebücher durch.
Wasserschutzpolizist Jürgen Graf (l.) geht im Büro des Kapitäns die Zertifikate und Tagebücher durch. © André Zand Vakili

Natürlich ist auch der Maschinenraum dran. Auf dem Massengutfrachter mit seinem Antrieb, der 8200 kW leistet, was umgerechnet rund 11.149 Pferdestärken sind, ist dieser Bereich ein riesiger Raum, der über mehrere Stockwerke geht und in dem in der Mitte, von oben gut sichtbar, der Schiffsmotor der Mittelpunkt ist. Dort wird noch einmal genau hingeschaut. Unter anderem auch bei der Anlage, mit der Müll verbrannt oder in dem die durch das Klo gespülten Hinterlassenschaften der Mannschaft gesammelt und behandelt werden.

Wasserschutzpolizei Hamburg: Umweltverstöße waren früher schlimmer

Hier fällt Zirpins und Graf gleich etwas auf: Die Chlortabletten für die Desinfektion haben nicht die richtige Größe und könnten verkanten. Das muss behoben werden. Eine Strafe dafür gibt es nicht.

Die Mannschaft und das Schiff machen von dieser Kleinigkeit ausgenommen einen guten Eindruck. Früher war das anders. Als die Gesetze noch laxer und Abfälle massenhaft ins Meer gepumpt wurden, hatten einige Schiffe geheime Leitungen, über die mit Öl verschmutztes Wasser ins Meer abgelassen wurde. So etwas traut sich heute aber niemand mehr. „So eine Leitung hab ich schon seit Jahren nicht mehr gefunden“, sagt Graf.

Hafen Hamburg: Wasserschutzpolizei spürt Umweltsünder auf

Allerdings herrscht immer noch viel Wirrwarr: Eine Datenbank, in der die für solche Kontrollen wichtigen Daten von Schiffen abgerufen werden können und in die Kontrollprotokolle übertragen werden, gibt es nicht. Selbst innerhalb Deutschlands herrschen bei der Dokumentierung Unterschiede, weil Polizeiarbeit nun mal Ländersache ist. So weiß Zirpins nicht automatisch, ob ein Schiff schon kurz vorher in Kiel kontrolliert wurde.

Und selbst bei der Entsorgung von Abfällen gibt es keine einheitlichen Regeln innerhalb der EU. In Hamburg kostet die Entsorgung von einem Kubikmeter Müll die Reederei 430 Euro. In Skandinavien ist es kostenlos, auch in Spanien nimmt der erste Hafen Abfälle kostenlos entgegen.