Wilhelmsburg

Rückschlag für die Waldorf-Pädagogik in Hamburg

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Peter Ulrich Meyer
Waldorf- und konventionelle Pädagogik sollten gemeinsam erprobt werden (Symbolbild)

Waldorf- und konventionelle Pädagogik sollten gemeinsam erprobt werden (Symbolbild)

Foto: imago stock&people / imago/Westend61

Der Verein für interkulturelle Waldorf-Pädagogik beendet zum Ende des Schuljahres die Zusammenarbeit mit der Ganztagsschule Fährstraße.

Hamburg. Rückschlag für die Waldorfpädagogik auf der Elbinsel: Der Verein für interkulturelle Waldorfpädagogik beendet zum Ende des Schuljahres die Mitarbeit an dem Schulversuch an der Ganztagsschule Fährstraße.

Vor knapp zwei Jahren war das Projekt „Das Beste aus zwei Welten“ gestartet worden. Die Idee: Die staatliche Grundschule nimmt Elemente der Waldorfpädagogik auf. Staatliche Grundschullehrer und Waldorfpädagogen unterrichten Jungen und Mädchen gemeinsam.

Beide Seiten sprechen von unüberbrückbaren Differenzen

„Es ist zum großen Bedauern des Vereins nicht gelungen, eine konstruktive oder gar partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der Schulleitung zu erreichen“, sagte Vereinsvorstand Oliver Domzalski. Die Unterschiede zwischen den pädagogischen Konzepten hätten sich als zu groß erwiesen. Domzalski vermisst ein „echtes Interesse an einem Konsens vor allem von Seiten der Schulleitung“. Die Differenzen seien in den vergangenen Monaten eher gewachsen.

„Wir bedauern die Entscheidung des Vereins. Es gab unterschiedliche Auffassungen bei der konkreten Umsetzung der Vorgaben des Schulgesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung, etwa beim Stundenplan“, sagte Behördensprecher Peter Albrecht. Schulgesetz und Prüfungsordnung seien an einer staatlichen Schule nicht verhandelbar.

Nach Informationen des Abendblatts ging es unter anderem um den sogenannten Hauptunterricht – ein Kernstück der Waldorfpädagogik. In den ersten beiden Stunden des Tages sollten eigentlich ein Waldorfpädagoge und ein staatlicher Kollege die Kinder gemeinsam unterrichten. Am Beginn des Hauptunterrichts stehen rhythmische Elemente wie Singen oder das Aufsagen von Gedichten, ehe der kognitive Teil des Unterrichts folgt. Offensichtlich ist der Hauptunterricht nicht immer in vollem Umfang erteilt worden. Zudem gab es Differenzen wegen des Einsatzes von Fachlehrern in Deutsch und Mathematik, was aus Sicht der Waldorfpädagogen in den ersten beiden Klassen nicht erforderlich ist. Auch beim Musikunterricht sollen sich beide Seiten nicht auf ein Konzept geeinigt haben.

Die Behörde will den Schulversuch trotzdem fortsetzen

„Das größte Problem war die Antwort auf die Frage: Was macht Waldorf aus?“, sagte Domzalski. Aus Sicht der Schulleitung sei das eher eine schematische Frage des Stundenanteils gewesen, weniger der Gesamtgestaltung der Schule.

Die Behörde will den auf acht Jahre angelegten Schulversuch weiterführen – Vorbild ist die Albert-Schweitzer-Schule in Ohlsdorf, die diesen Weg seit 60 Jahren geht. „Wir werden alle Vereinbarungen des Vertrages mit dem Verein – ungeachtet von dessen Rückzug – umsetzen“, sagte Albrecht. Für Schüler, Eltern und Lehrer ändere sich nichts Wesentliches. Das gelte auch für die neun Pädagogen mit Waldorf-Ausbildung.

Der Bund der Freien Waldorfschulen hat der Behörde die Verwendung des Begriffs „waldorfpädagogisch“ in dem Schulversuch inzwischen untersagt. Domzalski schließt die Gründung einer Waldorfschule in Wilhelmsburg nicht aus. Der Schulversuch „Das Beste aus zwei Welten“ war auf Initiative der Schulbehörde zustande gekommen. Damals ging es unter anderem darum, die Neugründung einer privaten Waldorfschule auf der Elbinsel zu verhindern