Die Patriotische Gesellschaft braucht neun Millionen Euro für ihr 165 Jahre altes Gebäude. Zum Start der Aktion gibt es hauseigenen Honig.

Hamburg. Bisher wurde es als süßes Geheimnis gehütet: An herausragender Stelle der Innenstadt wird neuerdings ein ganz besonderer Honig gewonnen. Den "Patrioten-Honig" produzieren vier Bienenvölker, die im Frühjahr dieses Jahres auf dem Dach der Patriotischen Gesellschaft an der Trostbrücke angesiedelt wurden. Die ersten 360 Gläser gehen jetzt in den Verkauf. Die Spendengelder dafür sollen - symbolisch - ein Beitrag für die Restaurierung des zwischen 1844 und 1847 errichteten roten Backsteingebäudes am Nikolaifleet sein. Neun Millionen Euro will die gemeinnützige Gesellschaft bis zu ihrem 250. Geburtstag in drei Jahren für die Sanierung aufwenden. Finanziell ist also tatsächlich "Bienenfleiß" gefragt.

Entsprechend hat die Honig-Aktion sinnbildlichen Charakter: Die Patriotische Gesellschaft führt in ihrem Emblem seit den Gründertagen anno 1765 einen Bienenkorb, den die nützlichen Insekten umschwirren. Damit wird das traditionelle Engagement der Mitglieder als Patrioten ("Freunde der Stadt") für das Gemeinwohl herausgestellt. Das Logo mit den Bienen prangt über dem Portal des Hauses und ist in einer Metalltafel an der Börsenbrücke verankert. Zudem tragen die Vereinsnachrichten den Titel "Der Bienenkorb".

Verantwortlich für die vier Stöcke mit mehr als 3000 Bienen auf der Plattform im achten Stock ist Imker Georg Petrausch. Was der Biologielehrer seit mehr als zwei Jahrzehnten auf dem Dach des Kulturzentrums Motte in Ottensen betreibt, soll nun auch im Herzen der Innenstadt für Belebung sorgen - in luftiger Höhe. "Vom Stützpunkt Patriotisches Gebäude aus", erläutert Petrausch, "können unsere Bienen wunderbar die Linden am Alsterufer, Planten un Blomen oder den Bismarckpark erreichen."

Da in der Stadt keine Spritzmittel verwendet werden und die Blüten "immer frischen Nektar liefern", sei der Patrioten-Honig praktisch schadstofffrei. Dies hätten vergleichbare Untersuchungen ergeben. Der Flugradius der neu angesiedelten Bienen betrage bis zu drei Kilometer, und seit einem halben Jahr seien die Königinnen und ihre Helfer auf dem Dach am Nikolaifleet heimisch geworden. Derzeit ist in den Kästen Winterruhe eingekehrt. Stadthonig, weiß der Imker, sei im Trend. Hamburg folge dem New Yorker Beispiel: Auch in Manhattan summt es auf vielen Dächern.

An der Trostbrücke wurden jetzt erstmals 130 Kilogramm Lindenblütenhonig aus Waben geleert und in Gläser mit den passenden Aufklebern gefüllt. 360 Portionen à 250 und 500 Gramm stehen bereit. Da die gemeinnützige Gesellschaft keinen Gewinn erwirtschaften und keine Artikel regulär verkaufen darf, werden die Gläser nur gegen Spenden abgegeben. Zwischen 5 und 8 Euro werden als angemessener Obolus für den Patrioten-Honig eingeschätzt. Im kommenden Sommer, hofft Imker Petrausch, soll auf dem Dach noch mehr gesammelt werden.

Diese Pläne machen Sinn: Vor ihrem 250. Geburtstag 2015 hat die Patriotische Gesellschaft Großes vor. Der Festakt selbst soll im Rathaus zelebriert werden; sowohl Bürgermeister Olaf Scholz als auch Bundespräsident Joachim Gauck haben zugesagt. Bis dahin soll das 165 Jahre alte Gebäude auf Vordermann gebracht werden. "Der Instandsetzungsbedarf beträgt neun Millionen Euro", sagt Vorstandsmitglied Malte Krugmann bei der Präsentation des Premieren-Honigs. Als eine der ersten Maßnahmen wurde das Dach des denkmalgeschützten Bauwerks für 600 000 Euro saniert. Die Bienenvölker haben jetzt also eine stabile Abflug- und Landebasis.

Die ehrgeizigen Pläne der ältesten zivilgesellschaftlichen Organisation hierzulande erfordern Bienenfleiß. Um die Aufbruchstimmung auch optisch zu signalisieren, ließ der im November 2010 neu gewählte Vorstand das Logo der Patriotischen Gesellschaft modernisieren. Designer Peter Schmidt stilisierte den traditionsreichen Bienenkorb und gestaltete die Typografie geradliniger. Pro bono, auf Deutsch "kostenlos". "Wir sind dabei, uns neu zu positionieren", formulierte die Erste Vorsitzende und frühere Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel. Um die für die umfassende Sanierung benötigten Millionen zu akquirieren, soll eine "Kapitalkampagne" gestartet werden. Zwar stehen ob des Denkmalschutzes auch staatliche Zuschüsse ins Haus, doch ist das Ziel ohne Spenden nicht umsetzbar. Derzeit wird ein Gesamtkonzept entwickelt, an dem der Hamburger Architekt Joachim Reinig federführend beteiligt ist. Am Dienstag steht die Mitgliederversammlung auf dem Programm. Zusätzliche Einnahmen beschert die Tochterfirma der Patrioten, Hammaburg, durch die Vermietung der sechs gediegenen Veranstaltungssäle. Diese Räume sind nach den Gründungsmitgliedern der Institution benannt: Kirchhof, Reimarus, Sonnin und Tonnies. Zwei alte Sessel im Vorstandsbüro in der 7. Etage erinnern an vergangene, indes keinesfalls vergessene Tage. Auf den Lehnen ist - in goldener Schrift - das markante Emblem mit dem Bienenkorb zu sehen. Ein Stockwerk höher ruhen jetzt die Originale.