Die Hansestadt bietet dem beliebten Musiker die Räume für eine Dauerausstellung in der Speicherstadt an - neben dem Miniatur Wunderland.

Hamburg. Udo Lindenberg hat eine Menge Geduld gehabt mit seiner Wahlheimat Hamburg. Schon vor Jahren hatte der Panik-Rocker mit Hauptwohnsitz im Hotel Atlantic der Stadt ein Konzept für eine Akademie vorgelegt, die er "Bunte Republik Deutschland" nannte - und seinen Herzenswunsch. Einen Hafen für sein Lebenswerk, seine Kunst und seine Musik.

Die Kultursenatoren kamen und gingen, der umfangreiche Entwurf verstaubte in den Schubladen der Behörde. Im Gespräch waren immer wieder andere Gebäude, in der HafenCity, in der Speicherstadt. Oder, würde man sich gar nicht einigen können, Berlin? Alles schien möglich.

Doch nun kam Bewegung in die Sache: Es scheint, als sei endlich ein Platz für Lindenbergs Sammlung gefunden. Am Freitag hat Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) dem Musiker und Maler einen konkreten Vorschlag gemacht. "Ich glaube, das kann jetzt eine runde Sache werden", sagte sie. "Wir haben in der Speicherstadt Räume gefunden, die man für das Museum nutzen kann. Die Gespräche werden jetzt über den Sommer hin konkretisiert. Ich gehe davon aus, dass wir das zusammen hinbekommen können." Offen ist zum Beispiel noch, wer die Umbaukosten in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro finanziert. Dazu Stefan Nowicki, Sprecher der Kulturbehörde: "Udo Lindenberg weiß ja auch, dass der Etat der Kulturbehörde keine großen Sprünge zulässt. Über die Finanzierungsmöglichkeiten werden wir in den kommenden Wochen weiter im Gespräch bleiben."

+++ Was Udos Akademie für die Musikstadt Hamburg bedeutet +++

+++ Multi-Platin für Lindenberg und sein Unplugged-Album +++

Das Gebäude, um welches es sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit handelt, gehört der städtischen Immobilienabteilung der HHLA (Hamburger Hafen und Logistik AG) und könnte Lindenbergs Museumsprojekt zu einem günstigen Mietpreis zur Verfügung gestellt werden. "Ja, wir sind bereits mit der Kulturbehörde im Gespräch", bestätigte Thomas Kuhlmann, Leiter Immobilien der HHLA. Derzeit sind diese Räume in Block D der Speicherstadt vom Mieter Stage Entertainment belegt. Der Musicalproduzent betreibt hier sein Kehrwieder-Theater, die Musicalausbildungsstätte Joop van den Ende Academy, eine Vielzahl von Mitarbeitern hat hier ihre Büros. Auch Lindenberg hatte diese Lage immer wieder als Lieblingsstandort angegeben. "Ich präferiere die Speicherstadt", hatte er dem Abendblatt unlängst geschrieben.

Der Standort des Objekts ist geradezu ideal, mögliche Besucher gäbe es zuhauf - direkt in der Nachbarschaft liegen das Miniatur Wunderland und das Hamburg Dungeon. Alle Touristen, die sich die HafenCity anschauen wollen, kommen fast zwangsläufig auf ihrem Weg von der Innenstadt an der Adresse Kehrwieder 6 vorbei.

Die Firma Stage, die dem Künstler aufgrund der fruchtbaren Zusammenarbeit beim Berliner Musical "Hinterm Horizont" natürlich gewogen ist, würde gern Platz im Haus für Udo Lindbergs Konzept frei machen. "Wenn Udo Lindenberg in unser Gebäude einziehen würde, würde das auf ein Nebeneinander von Stage und ihm herauslaufen - durch eine Umgestaltung des Foyers und Dazunahme weiterer angrenzender Räumlichkeiten könnte für ihn eine Fläche von ungefähr 1000 Quadratmetern geschaffen werden", sagte Stage-Sprecher Stephan Jaekel.

Dafür wären allerdings Umbauten notwendig. Und finanzielle Unterstützung. "Allerdings gehen wir als Mieter der HHLA natürlich noch nicht in die Detailplanung, wenn wir da nicht auch ein bisschen Entgegenkommen von der Stadt spüren", sagte Jaekel weiter. Billig wird es nicht werden, betrachtet man allein Miete und Umbaukosten. Rund zwölf Euro Kaltmiete kostet ein Quadratmeter in der Speicherstadt. Oder für das Museum sogar mehr, wenn sich die Informationen bestätigen, die dem Abendblatt vorliegen. Demzufolge könnte die Stadt die Kosten für den Umbau des Stage-Gebäudes vorstrecken - und über einen kurzzeitig erhöhten Mietpreis zurückerhalten.

Was sich Lindenberg vorstellt, geht über das Konzept eines Museums weit hinaus: Es soll ein Ort des kreativen Austauschs werden, für Workshops, Lesungen und Konzerte. Neben einer Ausstellungshalle soll es Arbeits- und Proberäume für Nachwuchskünstler geben, ein Aufnahmestudio, einen Museumsshop und natürlich: eine Panik-Bar - mit "großzügigen Öffnungszeiten", wie es im Gutachten steht. Getränke und "unaufwendige, aber originelle Speisen" sollen serviert werden. Und die Vorstellung, dass Udo selbst dort den einen oder anderen Abend zugegen sein könnte, ist sicher nicht abwegig.

Schon "Udo, die Ausstellung" im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe war für eine zeitlang Lindenbergs zweite Heimat geworden. Oft saß er dort, sprach mit dem Wachpersonal und Besuchern, schrieb Autogramme oder trank einen Tee. Zweimal wurde die erfolgreiche Schau nach der Eröffnung am 21. Dezember 2011 verlängert, 70 000 Besucher sahen sie in knapp einem halben Jahr. Und auch Kultursenatorin Barbara Kisseler und Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) führte Lindenberg persönlich durch die Räume, die nicht nur Leben und Werk eines großen deutschen Künstlers gewidmet waren. Sondern auch einem Stück deutsch-deutscher Geschichte.

66 Jahre ist Lindenberg alt, und was in seinem Leben passiert, kann er selbst nicht ganz begreifen. Seine Tour im März war ausverkauft, sein "Unplugged"-Album wurde mit Multi-Platin ausgezeichnet - kein anderer Künstler, nicht Madonna, nicht Bruce Springsteen, nicht Lady Gaga haben das mit ihren jüngsten Veröffentlichungen geschafft. Und dann ist da noch das Udo-Musical "Hinterm Horizont", das schon mehr als eine halbe Million Menschen nach Berlin lockte. "Alter", sagte er im Dezember in einem Interview mit dem Abendblatt, "steht meines Erachtens für Radikalität und Meisterschaft." Und: "Rocker gehen nicht in Rente."

Das wäre auch kaum möglich, sollte die Idee seiner Panik-City in Kürze Gestalt annehmen. Der Betrieb der Akademie kostet Lindenbergs Gutachten zufolge mehr als eine Million Euro pro Jahr. "Sie können, nach einer Anlaufphase von ein bis zwei Jahren, mit großer Wahrscheinlichkeit aus den Einnahmen bestritten werden." Also Konzerte, Gastronomie, Merchandising. Man darf gespannt sein.