Die Opposition attackiert Schulsenator nach dessen Kritik an Sozialarbeitern im Fall Chantal. Rabes Äußerungen sorgten für Protestwelle.

Hamburg. Kopfschütteln, Fassungslosigkeit, Entsetzen - die Äußerungen , mit denen Schulsenator Ties Rabe nach eigenen Worten die "parteiinterne Diskussion" zum Fall der toten Chantal anregen wollte, haben für mächtig Aufregung gesorgt - allerdings bei der Opposition. Parteiübergreifend sprechen die Abgeordneten von CDU, GAL, Linke und FDP von "unqualifizierten Äußerungen", "Verantwortungslosigkeit" oder gar von "billiger Polemik und Stimmungsmache". Die Linke fordert Rabe auf, sich bei den Mitarbeitern des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) zu entschuldigen.

Was war geschehen: In einem "parteiinternen Rundbrief" an den "inneren Parteizirkel der SPD Bergedorf" hat SPD-Kreischef Rabe seine "Meinung zum Fall Chantal dargestellt" (wir berichteten).

Darin bezeichnete er Mitarbeiter des Jugendamts als "nicht normal", wenn sie eine "milieunahe Unterbringung" von Pflegekindern bei drogensüchtigen Eltern für normal hielten. An anderer Stelle überlegt er, wie mit solchen Mitarbeitern verfahren werden könnte: "Wir können doch nicht alle austauschen. Oder sollten wir die Fachleute selbst einmal zwei Wochen ,milieunah' unterbringen?"

+++ Chantal starb an einer einzigen Methadon-Tablette +++

Diese Äußerungen sorgen jetzt für eine regelrechte Protestwelle. "Es ist verantwortungslos, wenn Senator Rabe, selbst Dienstherr, so abfällig über Mitarbeiter der Verwaltung spricht", sagte Dennis Gladiator (CDU). Ties Rabe müsse als Mitglied des Senats für richtige Rahmenbedingungen für die Mitarbeiter sorgen.

Dora Heyenn, Fraktionsvorsitzende der Linken, sagte: "Ich bin fassungslos. Die Äußerungen sind bodenlos." Auf diese Art könne sich ein Senator nicht in einem Rundbrief äußern. Es sei "naiv" von Rabe, wenn er glaube, so etwas bleibe intern. Besonders bei der Kritik an den ASD-Mitarbeitern habe sich Rabe "total im Ton vergriffen", so Heyenn. "Die Mitarbeiter haben sich die milieunahe Unterbringung doch nicht selbst ausgedacht, sondern sie setzen politische Vorgaben um. Es ist an der Politik, dort etwas zu tun." Heyenn forderte Rabe auf, sich bei den ASD-Mitarbeitern zu entschuldigen.

Auch CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich nennt die Äußerungen "unqualifiziert" und spricht von einer "schlimmen Wortwahl". Das Gesagte zeuge von einer "absoluten Unkenntnis" der Lage. "Damit disqualifiziert sich Rabe selbst." Eine Meinung, die Christiane Blömeke (GAL) teilt: "Die Äußerungen sind frech. Es sollte nach dem Methadontod von Chantal nicht die Diffamierung der Jugendhilfe und des ASD im Vordergrund stehen, sondern die sachliche Aufklärung und Fehleranalyse."

Und auch die FDP ist sich mit den anderen Oppositionsparteien einig. Laut Finn-Ole Ritter habe der Senator "keinen sinnvollen Beitrag" zur Diskussion über die Jugendhilfe geleistet. "Die Aussagen sind nichts weiter als billige Polemik."

Ties Rabe selbst sagte gestern dem Abendblatt: "Ich habe nichts hinzuzufügen und auch nichts wegzustreichen. Ich warne allerdings davor nach diesem Vorfall so zu tun also ob alles in Ordnung gewesen wäre."