Frank Engelbrecht erobert mit Jugendlichen einmal pro Woche den Sandtorpark in der HafenCity. Zur Fußball-EM gibt es Public Viewing.

Hamburg. Sie sind laut. Sie sind wild. Elf Jungs zwischen sieben und 18 Jahren, die sich jeden Dienstagabend die HafenCity erobern. Gemeinsam mit Pastor Frank Engelbrecht von St. Katharinen schultern sie selbst gebaute Banden und Tore und tragen sie von St. Katharinen über die Straße Bei den Mühren, über den Kibbelstieg hinüber in den Sandtorpark, um Fußball zu spielen. "Katharinenwerft" heißt das Projekt, mit dem Engelbrecht und seine Mitstreiter seit März die Jungs von der Straße holen. Zur Fußball-Europameisterschaft plant der Pastor von St. Katharinen gemeinsam mit Menschen aus dem Quartier und den Jungs Public Viewing und ein Straßenfußballturnier.

Bis vor ein paar Jahren konnten Dominik, 13, Tidian, 8, oder Karim, 13, direkt vor ihrer Haustür in der Altstadt am Nachmittag auf dem Schulhof der Katharinenschule bolzen. Doch mit dem Umzug der Grundschule in die HafenCity im August vor drei Jahren fiel auch der Fußballplatz direkt vor der Tür weg. "Nachbarn hatten sich über den Fußballlärm beschwert", sagt Markus Riemann vom Klub K. in der Altstadt. Gemeinsam mit Frank Engelbrecht hat sich der Kulturmanager der Jungs aus dem Viertel angenommen. Die Idee: "Die sollen nicht nur konsumieren, sondern Dinge selbst machen", sagt Riemann. Deshalb haben sie vor Kurzem mit einem Künstler Banden und Tore gebaut. Ursprünglich war die Idee von "Katharinenwerft", gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen aus der HafenCity und der Altstadt ein Boot zu bauen. Daraus ist nichts geworden.

+++ Der Fußballpastor +++

Nun kicken die Jungs mit dem Pastor, machen Musik zusammen, gucken Filme im Filmklub, machen Ausflüge. Es geht um eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung für Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen. Die "Katharinenwerft" ist das, was woanders vielleicht Jugendtreff heißt. "Wir binden die Kinder mit ein, statt über sie zu meckern", sagt Frank Engelbrecht, 47. Der Zusammenhalt der Jungs untereinander sei sehr gut. "Die kommen sonst aus der Schule und langweilen sich." Die Idee zu dieser Jugendarbeit kam aus dem Impuls heraus, sagt Riemann.

Simon, 12, aus der HafenCity, ist dienstags um 17 Uhr immer dabei. "Ich kann meine alten Kumpels treffen, mit denen ich früher auf die Katharinenschule gegangen bin", sagt er. "Hier ist ja sonst wenig los für uns." Gemeinsam Spaß haben, sich bewegen, Fußball spielen - das reicht manchmal zum Glücklichsein. Und der Sandtorpark, der immer so aufgeräumt ist, wird für zwei Stunden mit Leben gefüllt. Ein Fußballplatz, der innerhalb einer halben Stunde auf- und wieder abgebaut wird, vor der Kulisse Elbphilharmonie - das hat was. "Ein Traum", sagt Frank Engelbrecht, "wäre, die Wiese zwischen Überseequartier und der westlichen HafenCity als Bolzplatz zu bekommen."

Auch wenn Frank Engelbrecht Pastor ist, sein Beruf spielt hier keine Rolle: "Wir tragen als Institution im Quartier eine Verantwortung, etwas mit den Jugendlichen zu machen." Ziel sei es, die Gemeinschaft zu stärken. "Dafür mache ich das. Wir erobern uns den Stadtraum und lernen, was es heißt, sich hier mit jungen Leuten zu bewegen."

Die Nachbarschaft stärken, Altstadt, HafenCity und die Speicherstadt zusammenzubringen - darum geht es ihm auch dabei. Zusammen mit anderen Institutionen, Büros und Nachbarn aus der HafenCity plant Frank Engelbrecht in der Zeit der Fußball-EM die Aktion "EM im Fleet". Das ist Fußballgucken und Open Air in der Fußgängerzone der Straße Katharinenfleet. Engelbrecht: "Vielleicht das charmanteste Public Viewing der Stadt." Gezeigt werden das Eröffnungsspiel am 8. Juni, die deutschen Spiele am 9. Juni, 13. und 17. Juni sowie das Viertel-, das Halbfinale und das Finale auf mehreren großen Bildschirmen. Geplant sind auch Interviews auf der Bühne mit HSV-Größen wie Kultmasseur Hermann Rieger, Ex-HSV-Torwart Frank Rost oder Torwartlegende Klaus Thomforde vom FC St. Pauli. Dazu kommt ein Straßenfußballturnier für Kinder und Jugendliche am 11. Juni. Weitere Informationen im Internet unter www.em-im-fleet.de