Hamburg. Die Einkaufsmeile wird für den Bau einer Fernwärmeleitung aufgerissen. Die einen nennen es „Irrsinn“, andere sprechen von Chance.

Der Schock saß tief, als Til Bernstein vom Verein Osterstraße e. V. erfuhr, dass die beliebte Einkaufsmeile in Hamburg-Eimsbüttel sechs Jahre nach dem letzten umfangreichen Umbau wieder aufgerissen werden soll. Der Grund: Die Hamburger Energiewerke verlegen dort und an anderen Straßen Eimsbüttels Fernwärmeleitungen. Als Vertreter der Gewerbetreibenden sorgt er sich nun darum, dass der Einzelhandel unter den Bauarbeiten leidet.

Doch es nützt ja nichts, sagt Bernstein. Die globale Entwicklung sorge nun einmal für einen schnelleren Ausbau der Fernwärme in Hamburg. Wichtig ist ihm, dass es wie bei den großen Straßenbauarbeiten vor sechs Jahren wieder einen Baustellenkoordinator gibt, der vom Bezirksamt Eimsbüttel finanziert wird.

Eimsbüttel: Koordinator für Bauarbeiten an der Osterstraße gefordert

„Dieser übernimmt die Schnittstelle zwischen Einzelhändlern, Anwohnern und der Baustelle“, so Bernstein. Denn das Wichtigste bei einem solch großen Projekt sei Transparenz und Kommunikation, um alle mitzunehmen. „Dieser Koordinator kann an Baubesprechungen teilnehmen und die Anwohner und Gewerbetreibenden direkt informieren“, so Bernstein.

Til Bernstein vom Verein Osterstraße e.V.
Til Bernstein vom Verein Osterstraße e.V. © Klaus Bodig / HA | Klaus Bodig

Laut Planungsstand ist für die erste Bauphase die Osterstraße zwischen Hellkamp und Schwenckestraße für den Leitungsbau der neuen Fernwärmeautobahn vorgesehen. „Hier ist von einer Vollsperrung auszugehen. Wir können – Stand heute – nicht ausschließen, dass auch Teile des Bürgersteigs beeinträchtigt sein werden, eine Begehbarkeit wird jedoch gewährleistet werden“, so Bettina Schwarz, Sprecherin der Hamburger Energiewerke.

„Wenn Bürgersteige aufgerissen werden, ist das für den Einzelhandel ganz schlimm“

„Wenn Bürgersteige aufgerissen werden, ist das für den Einzelhandel ganz schlimm, weil die Baustelle dann direkt vor der Ladentür ist, und Kunden über Brücken ins Geschäft kommen müssen“, so Til Bernstein. Er hatte die Hoffnung, dass die Straße lediglich in der Fahrbahnmitte aufgerissen werde.

Wenn die Straße aber erneut aufgebuddelt werde, könne man das zumindest für neue Ideen nutzen. „Wie wäre eine Osterstraße ohne Verkehr zum Beispiel?“, ist solch ein Gedankenspiel. Generell sieht Bernstein die Verlegung der Fernwärmetrasse pragmatisch.

Eimsbüttel: Kommt doch noch die Tokio-Kreuzung an der Osterstraße?

Genau wie Ralf Meiburg von der SPD-Fraktion Eimsbüttel. „Man könnte diese Bauarbeiten für Neues nutzen, für mehr Grün und mehr Bäume auf dem Mittelstreifen zum Beispiel.“ Und der SPD-Mann hat auch wieder Hoffnung, dass die Idee der „Tokio-Kreuzung“ sich doch noch durchsetzen kann.

Die SPD-Fraktion will die belebte Kreuzung Osterstraße/Heußweg nämlich ganz neu denken. Nach ihrem Wunsch soll die Osterstraße Hamburgs erste „Alle-gehen-Kreuzung“ bekommen. Der hochfrequentierte Knotenpunkt würde dann so umgestaltet, dass Fußgänger an allen vier Seiten gleichzeitig grünes Ampellicht erhalten und die Kreuzung dabei nicht nur im rechten Winkel, sondern auch diagonal überqueren können.

So stellen sich die Sozialdemokraten in Eimsbüttel eine mögliche Diagonalkreuzung an der Osterstraße vor.
So stellen sich die Sozialdemokraten in Eimsbüttel eine mögliche Diagonalkreuzung an der Osterstraße vor. © SPD-Fraktion Eimsbüttel | SPD-Fraktion Eimsbüttel

Mit diesem Vorstoß war die SPD-Fraktion in der Eimsbütteler Bezirksversammlung allerdings schon einmal gescheitert. Doch wenn die Fahrbahn ohnehin aufgerissen werde, könne man doch auch gleich die Kreuzung entsprechend umgestalten, so Meiburg.

Osterstraße: Viele Ideen sehen auch eine autofreie Einkaufsmeile vor

Er appelliert an die Verwaltung, die Chancen für neue Ideen im Zuge der Umgestaltung unbedingt zu ergreifen. „Es gibt viele Ideen, auch welche, die gar keinen Autoverkehr mehr auf der Osterstraße vorsehen.“

Auch ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich mit Tempo 20 sei denkbar

Die Grünen im Bezirk können sich eine zusätzliche Verkehrsberuhigung, etwa Tempo 30, oder einen verkehrsberuhigten Geschäftsbereich vorstellen. „Hierfür wären aber keine baulichen Veränderungen notwendig. Das ist letztlich eine Frage von Beschilderung und Fahrbahnmarkierungen“, sagt Kathrin Warnecke, Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bezirksversammlung Eimsbüttel.

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Verkehrsberuhigter Geschäftsbereich bedeutet: Dort würde Tempo 20 gelten und Fußgänger und Fußgängerinnen hätten Vorrang. „Nach aktueller Rechtslage fielen dabei aber die Fußgängerampeln und die Radschutzstreifen weg, und es würde rechts vor links gelten. Ob das wirklich zu einer Verbesserung für die Sicherheit des Rad- und Fußverkehrs führen würde, müsste genau abgewogen werden“, so Warnecke.

Generell begrüßen natürlich auch die Grünen den Ausbau der Fernwärme. „Fernwärme bietet eine gute und vergleichsweise günstige Möglichkeit, bei Industrieprozessen entstehende Abwärme zum Heizen zu nutzen.“

Eimsbüttel: CDU-Politiker nennt Baumaßnahmen an der Osterstraße „Irrsinn und Steuerverschwendung“

Andreas Birnbaum von der CDU-Fraktion Eimsbüttel dagegen ärgert sich über die erneuten Straßenbaumaßnahmen. „Das ist ein Irrsinn und eine Steuerverschwendung, das hätte man doch auch anders koordinieren können. Jetzt wird die Straße wieder aufgerissen. Das ist Wahnsinn, was da in Eimsbüttel und ganz Hamburg auf uns zukommt.“

Von Änderungen an der Verkehrsführung oder anderen Maßnahmen hält er nichts. „Ich bin mit dem Umbau der Osterstraße zufrieden.“ Allerdings sollte man den Inklusionsbeirat Eimsbüttel befragen, ob dieser noch Verbesserungswünsche hat. „Zum Beispiel eine bessere Beleuchtung, diese ließe sich ja eventuell im Zuge der Baurbeiten verbessern.“