In Kitas wie diesen werden Hunderte Kinder betreut. Einen großen Teil der Betriebskosten der Kita Troplo Kids finanziert das Unternehmen selbst.

Hamburg. Als Bürgermeister hat Olaf Scholz (SPD) Routine. Vor vielen Menschen eine Rede zu halten, auf Veranstaltungen im Mittelpunkt zu stehen und und dabei neugierig beäugt zu werden, gehört für ihn zum Alltag. Doch während sich der Senatschef auf dem gesellschaftlichen und politischen Parkett sicher bewegt, scheint eine Kita eher ungewohntes Terrain für ihn zu sein. Mit einem Lächeln setzt er sich in der Beiersdorf AG in Lokstedt zwischen die Kinder, legt die Hände auf seine Knie und wirkt etwas unbeholfen neben den kleinen Mädchen. Mit Vierjährigen Smalltalk zu halten, darin hat der Bürgermeister eben keine Routine.

Die Betriebs-Kita Troplo Kids an der Stresemannallee gemeinsam mit Ulrich Schmidt, Vorstandsmitglied der Beiersdorf AG, einzuweihen, war ihm dennoch ein großes Anliegen. „Die neue Kita der Beiersdorf AG leistet einen wertvollen Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, sagte Olaf Scholz bei der Eröffnung am Mittwoch. „Eine gute Kita-Betreuung ist heute unverzichtbar.“ Schön sei der zweigeschossige Neubau mit den riesigen Glasfronten geworden. Als besonders positiv hob Scholz hervor, dass es „eine Öffnung zum Stadtteil und für die Kinder des Stadtteils“ gebe.

Mit der neuen, vier Millionen Euro teuren und 1400 Quadratmeter großen Kita hat der Konzern Beiersdorf die Betreuungskapazität auf 100 Plätze verdoppelt. 20 Prozent aller Plätze stehen für Kinder aus dem Stadtteil zur Verfügung. Diese Ausweitung trage auch dazu bei, die Karrierechancen von Frauen bei Beiersdorf zu fördern, sagte Vorstandsmitglied Ulrich Schmidt. „Es gehört zur langjährigen Unternehmenskultur von Beiersdorf, sich dafür zu engagieren, dass Mitarbeiter Beruf und Familie besser vereinbaren können – mit der neuen Kita leisten wir einen Beitrag dazu.“

Das Haus mit den sieben Gruppenräumen, einem Atelier, einem Werk- und Entspannungsraum sowie einer Photovoltaikanlage auf dem Dach soll für Freundlichkeit, Offenheit und Modernität stehen. „Es ist eine tolle neue Heimat für die Kleinen“, sagte Schmidt. „Ich hoffe, hier sitzen einige spätere Beiersdorfer.“ Der Kita-Name Troplo Kids sei eine Verbeugung vor Oscar Troplowitz, der den Konzern von 1890 bis 1918 leitete. Bereits damals richtete er eine sogenannte Stillstube für Mütter ein, um ihnen den beruflichen Wiedereinstieg zu erleichtern.

Einen großen Teil der Betriebskosten der Kita Troplo Kids finanziert das Unternehmen selbst. „Die Eltern leisten zudem einen einkommensabhängigen Beitrag“, sagte Stefanie Grüter, Sprecherin der Beiersdorf AG. „Bei diesem Elternbeitrag kommt dann das Kita-Gutscheinsystem zum Tragen.“

Damit zählt die Beiersdorf AG zu den Unternehmen in Hamburg, die im Rahmen des Kita-Gutscheinsystems betrieblich ausgerichtete Kitas in eigener Trägerschaft betreiben. „Diese Kitas stehen grundsätzlich allen Kindern offen, die vom bezirklichen Jugendamt einen Kita-Gutschein erhalten – unabhängig vom Arbeitgeber der Eltern“, sagte Nicole Serocka, Sprecherin der Sozialbehörde. Die Vergabe der Kita-Plätze erfolge jedoch gezielt an Kinder von Mitarbeitern des betreffenden Unternehmens. „Diese Möglichkeit nutzen derzeit zum Beispiel die Asklepios Kliniken Hamburg GmbH, die Schön Kliniken GmbH und das Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf.“

Die von Hamburger Unternehmen am häufigsten gewählte Variante der Kinderbetreuung ist die Buchung von Belegplätzen in Kitas, die sich in der Nähe des Betriebes befinden. „Die von den Unternehmen reservierten Plätze werden gezielt an Mitarbeiterkinder vergeben“, sagte Serocka. „Die Bewilligung und Abrechnung der Betreuung erfolgt im Rahmen des Kita-Gutscheinsystems.“ In 30 Hamburger Kita-Gutscheineinrichtungen werden insgesamt rund 850 Mitarbeiterkinder betreut.

Zum Vergleich: Aktuell gibt es nach Angaben der Sozialbehörde 1037 Kitas in der Stadt. Die Erzieher kümmern sich in den Einrichtungen um rund 63.600 Jungen und Mädchen. Davon werden etwa 44.100 Kinder im Elementarbereich, den Heranwachsende im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung besuchen, betreut.

Rein betriebliche Kindergärten, die also nicht am Kita-Gutscheinsystem teilnehmen und generell nur Mitarbeiterkinder der entsprechenden Betriebe aufnehmen, gibt es derzeit nur zwei in der Hansestadt: Die Kita der Firma Helm AG und der Kindergarten am Sievekingplatz e.V. „Diese Einrichtungen betreuen derzeit insgesamt rund 30 Jungen und Mädchen“, sagte Behördensprecherin Nicole Serocka. Vor zehn Jahren gab es noch wesentlich mehr Betriebs-Kitas. Nach Angaben der Sozialbehörde existierten im Jahr 2004 noch 20 solcher betrieblichen Kindergärten.