Rund um die Osterstraße gibt es in unmittelbarer Nachbarschaft drei Buchläden. Einen Konkurrenzkampf gibt es aber nicht.

Hamburg. Auf der Buchmesse in Leipzig werden von heute an die Bestseller der Zukunft präsentiert. Der Vergangenheit gehören dagegen immer mehr kleine Buchläden an, die Platz machen müssen für die großen Filialisten. Doch rund um die Osterstraße gibt es gleich drei Buchhandlungen, die dieser Entwicklung trotzen. Die Läden liegen sehr eng beieinander, stehen dennoch nicht in Konkurrenz zueinander. Dafür sind die Konzepte zu verschieden.

Lüders Buchhandlung & Antiquariat im Heußweg 33 bietet Bücher auf 80 Quadratmetern. "Ab zwei Meter Höhe fängt das Antiquariat an", sagt Thomas Bleitner, zuständig für den Wareneinkauf, und zeigt auf die bis an die hohe Decke reichenden Bücherregale. Es ist dieser Duft im Laden, der typisch ist. Irgendwie staubig, irgendwie alt - und irgendwie schön. "Für viele Kunden ist diese Atmosphäre einer der Gründe, warum sie zu uns kommen", sagt Bleitner, 45. Im Kern sei das Geschäft "eine literarische Buchhandlung, im Herzen ein Antiquariat". Denn als solches wurde es vor 56 Jahren eröffnet. "Aber dieser Markt hat sich durch das Internet komplett verändert", sagt Bleitner.

+++ Lebens-Buch +++

+++ Autoren bevorzugen noch immer das gedruckte Buch +++

Die aktuellen Bestseller sind bei Lüders selbstverständlich erhältlich. Zudem geben die Mitarbeiter regelmäßig eine eigene Bestenliste heraus. "Da sind auch Bücher dabei, die nicht so massentauglich sind", sagt Bleitner. "Wir versuchen unserer Klientel gerecht zu werden, ohne Literatur zu verkaufen, hinter der wir nicht stehen." Aber bestellbar sei alles. "Wir sehen uns schließlich nicht als Literaturmissionare." Bleitner beobachtet in letzter Zeit einen regen Zulauf. "Ich vermute, die Kunden spüren und schätzen, dass wir Spaß an unserer Arbeit haben."

Immer wieder wird das Ende des klassischen Buchhandels prophezeit. Erst mit der Erfindung des Rundfunks, dann wegen des Internets, und nun sind es E-Books, die womöglich eine Bedrohung sind. Zudem setzen große Ketten den kleinen Läden zu. 2006 waren beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels noch 152 Hamburger Buchläden als Verbandsmitglieder gemeldet. 2010 waren es nur noch 133. Der Abwärtstrend ist bundesweit zu beobachten. Bleitner ist trotzdem optimistisch: "Ich glaube, dass Bücherläden, die ihre Kunden im Stadtteil gut kennen und deshalb auch gut beraten können, bleiben."

Konkurrenzgerangel mit den anderen Händlern in der Nähe gebe es kaum. "Wir haben uns alle inhaltlich so eingerichtet, dass wir gut nebeneinander existieren können", sagt Bleitner. "Außerdem vertrage Eimsbüttel mehrere Buchhandlungen ganz gut. Schließlich werde in dem Viertel, in dem auch viele Studierende leben, sehr viel gelesen.

Bücher Heymann an der Osterstraße 134, ist mit 600 Quadratmetern der größte der drei Läden. Das Geschäft, in dem Michaela Hasenöhrl arbeitet, ist eine von 16 Filialen eines Hamburger Familienunternehmens. "Wir sind keine Kette", sagt die 48-Jährige und schüttelt den Kopf, um diese Aussage zu unterstreichen. Es handele sich um eine "klassische Stadtteilbuchhandlung" - eben nur eine vergleichsweise große mit breitem Angebot. Anonymität gehe damit aber nicht automatisch einher. Hasenöhrl und ihre Kollegen kennen viele Kunden mit Namen. Einige davon haben sogar ihren Lieblingsverkäufer und lassen sich nur von ihm oder ihr beraten. Und wenn ein neuer Krimi herauskommt, der ins Leseprofil einer Stammkundin passt, dann werde diese auch schon mal angerufen und über die Neuerscheinung informiert. Auf dem Osterstraßenfest stellt sich Michaela Hasenöhrl auf dem Anwohnerflohmarkt stets mit ihrem Büchertisch zu den Nachbarn, die ganz andere Dinge verkaufen. "Wir sehen uns als Teil der Gemeinschaft im Viertel", sagt die Geschäftsführerin.

Besonders stolz ist sie auf die DVD-Abteilung in ihrem Laden. Bereits vor vier Jahren hat sie begonnen, diese aufzubauen. Als das Kaufhaus in der Nähe seine Musik- und Filmabteilung schloss, wurde der Bücherladen zur ersten Anlaufstelle im Viertel, wenn es um den Kauf von Filmen geht. "Aber auch hier haben wir unser Angebot auf die Eimsbütteler Kunden abgestimmt", sagt Hasenöhrl. So stehen in den Regalen neben Blockbustern auch Filme, die in Hamburg eher in den Programmkinos laufen. DVDs gehören in der Branche zu den "Non-books", also den Artikeln, die keine Bücher sind. Ansonsten finden sich wenige Fremdartikel wie Tassen, Dekofiguren und Schokolade bei Heymann. Ebenso in den beiden anderen Buchhandlungen in der Gegend. "Wir sind eine Buchhandlung", sagt Michaela Hasenöhrl. "Bei uns wird es nie Badezusätze und Duschgel geben."

Der Buchladen Osterstraße an der Osterstraße 171 ist 40 Quadratmeter klein - und ganz besonders. "Lesen fängt links an", steht auf der Rückseite der Visitenkarten dieses Ladens. Damit ist das Konzept schon gut erklärt. Es gibt viele politische Sachbücher. Das Sortiment mit Titeln über den Zweiten Weltkrieg und dessen Folgen ist besonders gut sortiert, sodass auch Institute und Schulen hier ihre Fachbücher bestellen. Thilo Sarrazins Buch wurde hier gar nicht erst ausgelegt, auch nicht das von Karl-Theodor zu Guttenberg. "Das ist eine überflüssige Rechtfertigungsschrift", sagt Geschäftsführer Torsten Meinicke, 50. Bestellen würde er es bei Nachfrage trotzdem. "Wir sind ja keine Zensurbehörde."

Seit mehr als 30 Jahren gibt es den Laden, und Meinicke rechnet damit, dass der Laden noch mindestens so lange besteht: "Kleine, in den Stadtteilen verwurzelte Fachgeschäfte werden bleiben." Sie trügen zur Lebensqualität eines Quartiers bei. "Ich hoffe, dass das immer mehr Menschen kapieren."

Eines haben übrigens alle drei Läden bei aller Verschiedenheit gemeinsam: Kinderbücher, politische Sachbücher und alles, was mit nachhaltigem Konsum zusammenhängt, verkauft sich besonders gut. Eimsbüttel eben.