Kirchwerder/Ochsenwerder. Ehrenamtliche Retter suchen neue Kollegen für Badeaufsicht am Hohendeicher See. Wie David Hasselhoff und Pamela Anderson dabei helfen.

David Hasselhoff und Pamela Anderson blicken von einem knallroten Baywatch-Plakat. Doch die Rettungsschwimmerromantik unter Palmen, das derzeit auf Facebook für Klicks sorgt, kündigt keine neue Staffel der vor mehr als 30 Jahren gestarteten Kultserie an. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Bergedorf zieht vielmehr alle Register und wirbt mit den US-Stars für einen Mitmachtag. Hasselhoff und Anderson werden sich vermutlich nicht blicken lassen, aber, so hoffen es die echten Lebensretter, viele andere Interessierte.

Die DLRG Bergedorf geht in die Offensive, um Mitgliederschwund entgegenzuwirken. Am Sonntag, 6. August, wollen die Rettungsschwimmer an ihrer Rettungswache am Hohendeicher See neue ehrenamtliche Kollegen gewinnen.

Mitmachtag der DLRG am Hohendeicher See

Den Ehrenamtlichen werde bei der DLRG viel Abwechslung geboten, betont Markus Klampe, Leiter des Bereichs Einsatz der Bergedorfer DLRG: „Eine tolle Gemeinschaft, der Umgang mit moderner Technik – darunter Tauchgeräte, Sonar und zwei Motorboote –, sportliche Betätigung.“ Ein großes Motorrettungsboot liegt im Hafen Oortkaten und wird für Einsätze auf der Elbe verwendet. „Durch die Feuerwehr werden wir miteingebunden“, sagt Klampe.

Es werde regelmäßig gemeinsam geschwommen und gepaddelt. Klampes Kollegin Shirley Wegener nennt einen weiteren Vorteil: „Das Engagement bei der DLRG schult auch für den Beruf. Das habe ich am eigenen Leib erfahren.“ Bei den Rettungsschwimmern lasse sich Teamplay gratis erlernen, „woanders sind das teure Fortbildungen“. Die 46-Jährige ist die Schatzmeisterin in der Geschäftsstelle, war jahrelang im Wasserrettungsdienst aktiv.

Zahl der aktiven Mitglieder seit 2006 um rund 25 gesunken

Der Mitgliederbestand schwinde seit Jahren, berichtet Klampe. Der 49-Jährige ist als Rettungsschwimmer, Bootsführer und Taucher aktiv. 1992, im Alter von 18 Jahren, begann er sich ehrenamtlich zu engagieren. Sein Geld verdient er als Elektrotechniker bei Hamburg Wasser.

2006 zählte die Bergedorfer DLRG 513 aktive und passive Mitglieder – etwa 80 Aktive und mehr als 400 Fördermitglieder. Die aktuellsten Zahlen sind vom vergangenen Jahr: 55 aktive und 369 passive Mitglieder. Besonders der starke Schwund an Aktiven schmerzt.

DLRG-Ausbilder geben Schwimmunterricht

Die aktiven Mitglieder engagieren sich in den Bereichen Einsatz und Ausbildung, kümmern sich in der Geschäftsstelle am Ladenbeker Furtweg 120 (Geschäftszeit: donnerstags, 18 bis 20 Uhr) um den Papierkram. Die passiven Mitglieder sind ehemalige Aktive, die den Verein weiterhin finanziell unterstützen wollen, aber auch Kinder und Erwachsene, die einen Schwimmkursus belegen.

DLRG-Ausbilder verhelfen Interessierten zur Schwimmer- und zur Rettungsschwimmerausbildung. Letztere wird etwa von Berufsfeuerwehrleuten oder angehenden Sportlehrern benötigt. „Die Mitglieder, die einen Schwimmkursus belegen, sind nur relativ kurze Zeit im Verein. Deshalb gibt es viel Fluktuation“, sagt Klampe. Er betont, dass auch die Fördermitglieder bedeutsam seien: „Schließlich sind wir auf die Mitgliedsbeiträge angewiesen, die von allen Mitgliedern gezahlt werden.“ Pro Erwachsenem werden 54 Euro im Jahr fällig.

30 Aktive für die Wasserrettung

Die Rettungswache am Hohendeicher See – inzwischen der einzige DLRG-Standort an einem Bergedorfer Badesee.
Die Rettungswache am Hohendeicher See – inzwischen der einzige DLRG-Standort an einem Bergedorfer Badesee. © Heyen

Nur noch rund 30 DLRG-Aktive in Bergedorf stehen für den Wasserrettungsdienst zur Verfügung – etwa halb so viele wie vor 17 Jahren. Vor 30 Jahren, als Klampe gerade bei der DLRG begonnen hatte, hätten er und auch andere Retter fast jedes Wochenende an einer Wache an einem der Bergedorfer Seen verbracht. Heute gibt es nur noch die Rettungswache am Hohendeicher See „und wir sind froh, wenn die Leute mal an einem Wochenende dabei sind“.

„Wir haben viele junge Retter, die irgendwann wegziehen, eine Familie gründen oder mit einem Studium beginnen und uns deshalb verlassen oder deutlich weniger Zeit aufbringen können“, sagt Klampe. Doch dies sei schon immer so gewesen. „Das Problem ist, dass immer weniger Neue nachfolgen.“

Drei Stützpunkte sind aufgegeben worden

Klampe vermutet, dass ein vielfältigeres Freizeitangebot der Grund für die Probleme ist. Shirley Wegener betont, dass es „beruflich oft stressiger geworden ist“. Zudem herrsche in der Schule mehr Leistungsdruck, dauern die Schultage heute wesentlich länger als damals.

Die einstigen DLRG-Stützpunkte am Eichbaumsee, am Boberger See und gegenüber dem Stover Elbstrand in Altengamme gibt es schon lange nicht mehr. „Allein, um am Eichbaumsee, in dem inzwischen sporadisch wieder gebadet werden darf, die Badeaufsicht leisten zu können, bräuchten wir schon 20 weitere Leute“, sagt Klampe.

An den Seen fehlen Rettungswachen

Anfang September 2022 besuchte der Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi (SPD, r.) die Rettungswache der Bergedorfer DLRG am Hohendeicher See. Auf dem Bild ist der Politiker mit Heiko Mählmann (Landesverbandspräsident DLRG Hamburg) zu sehen.
Anfang September 2022 besuchte der Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi (SPD, r.) die Rettungswache der Bergedorfer DLRG am Hohendeicher See. Auf dem Bild ist der Politiker mit Heiko Mählmann (Landesverbandspräsident DLRG Hamburg) zu sehen. © Heyen

Zudem fehlen an den Seen Rettungswachen. Und ohne die sei niemand dazu zu bewegen, ein Wochenende lang Dienst zu schieben: „Geselligkeit ist wichtig. Die Ehrenamtlichen müssen sich wohlfühlen. In der Wache am Hohendeicher See verbringen sie die Abende zusammen, wird gemeinsam gegessen“, sagt der 49-Jährige. Es bedürfe guter Rahmenbedingungen, „die am Hohendeicher See vorhanden sind“.

Dort versucht die DLRG an jedem schönen Sonnabend und Sonntag zwischen Mai und September eine Badeaufsicht zu stellen. „Wenn es Lücken gibt, telefonieren wir donnerstags unsere Leute ab, ob sie sie füllen können“, sagt der Leiter Einsatz. „Das ist nicht so einfach, denn im Sommer sind natürlich auch unsere Rettungsschwimmer unterwegs.“ Trotzdem, betont Klampe, sei die DLRG „etwa 80 Prozent der Sommerwochenenden vor Ort“.

In Funkkontakt mit der Basisstation

DLRG-Retter im Juni vergangenen Jahres bei einem Einsatz auf dem Hohendeicher See. Ein herrenloses Surfbrett hatte einen Großeinsatz ausgelöst.
DLRG-Retter im Juni vergangenen Jahres bei einem Einsatz auf dem Hohendeicher See. Ein herrenloses Surfbrett hatte einen Großeinsatz ausgelöst. © Christoph Leimig

Die Rettungsschwimmer auf dem Turm am Südstrand, wo sich die Badenden drängen, seien in Funkkontakt mit der etwas entfernt ebenfalls am Seeufer gelegenen Hauptwache. „Am Strand sind jeweils zwei Leute von uns für eine bis eineinhalb Stunden im Einsatz. Dann werden sie abgelöst.“ Denn es sei sehr anstrengend, viele Menschen im Blick zu behalten. Klampe: „Unser Präsenzdienst verhindert die allermeisten Unfälle, bevor sie überhaupt entstehen können, etwa wenn eine Mami mit ihrem Handy telefoniert statt ihr zweijähriges Kind im Blick zu haben.“ Immer wieder müssen die Retter allerdings auch von der Basisstation aus anrücken und Surfern, SUP-Sportlern oder Seglern helfen, die aus eigener Kraft nicht zurück ans Ufer kommen.

Zwei Männer, die innerhalb weniger Tage in den Badeseen Hinterm Horn und Eichbaumsee ertranken, entfachten eine Debatte um die fehlende Badeaufsicht an Bergedorfs Seen. Auch andere Vereine haben nicht genug Mitglieder, um an heißen Sommertagen auf die Sicherheit der Badegäste zu achten.

DLRG bietet „Wasserrettung zum Mitmachen“

Der Mitmachtag an der Rettungswache am Hohendeicher See (Zugang über Warwischer Hinterdeich 4, der Ausschilderung folgen) wird massiv in den Sozialen Medien und mit Aushängen in Geschäften im Landgebiet beworben. Er startet um 12 und endet um 16 Uhr. Zahlreiche Aktionen zu Wasser und an Land sind geplant: Die DLRG-Aktiven präsentieren ihre Rettungsboote und Einsatzfahrzeuge und bieten „Wasserrettung zum Mitmachen“ an. Gegen Spende gibt es Grillwürste. Kinder, die bereits schwimmen können, haben die Möglichkeit, von Schwimmausbildern ihr Seepferdchen-Abzeichen zu bekommen. „Die Besucher sollten Badesachen mitbringen“, sagt Klampe. Weitere Infos: bergedorf.dlrg.de.