Hamburg. Drei Jahre und einen Tag darf Daniel Wendt nicht nach Kirchwerder zurück. Doch statt Tränen gab es eine Überraschung beim Abschied.

Neun Päckchen hat Daniel Wendt seiner Mutter Sylvia gepackt: Jeweils ein Geschenk darf sie in den nächsten drei Jahren zu Ostern, Weihnachten und an ihrem Geburtstag auspacken. Denn die Feste wird der 20-Jährige nicht mit ihr in Kirchwerder verbringen. Wo er stattdessen sein wird, weiß er noch nicht. „Ich lasse alles auf mich zukommen“, sagt der Bäckergeselle.

Denn Daniel Wendt ist auf Wanderschaft: Um kurz nach 8 Uhr hat er am Montag seine Heimat hinter sich gelassen und am Borghorster Elbdeich die Grenze von Kirchwerder zu Geesthacht passiert. Von Mutter Sylvia gab es noch eine feste Umarmung, bevor sie ihren jüngsten Sohn ziehen ließ. Auch wenn er frühestens in drei Jahren und einem Tag zurückkehren wird, flossen keine Abschiedstränen. Denn Sylvia Wendt ist voller Zuversicht: „Der macht das schon. Ich finde es toll, dass er dieses Abenteuer eingeht. So einen Mumm haben heute nicht mehr so viele.“

Bäckergeselle auf der Walz will in Richtung Süden wandern

Sein erstes Ziel war die Geesthachter Elbbrücke, um darüber ans niedersächsische Ufer zu kommen. „Und danach immer Richtung Süden“, erklärt Daniel Wendt. Am ersten Tag schätzte er etwa 30 Kilometer weit zu kommen. Seine erste Arbeitsstelle darf er sich suchen, wenn er 50 Kilometer von Hamburg entfernt ist.

Gut sitzende Wanderschuhe habe er in den vergangenen Wochen nicht mehr gefunden. Stattdessen hat er sich für robuste Lederstiefel entschieden, mit denen er schon im Urlaub diverse Burgen und Schlösser erklommen habe, berichtet der Mittelalterfan.

Blasenpflaster befinden sich zur Not ebenfalls in seinem Gepäck wie Kernseife. Denn so strahlend Weiß wie jetzt zum Start werde seine Kluft wahrscheinlich nicht lange bleiben, vermutet der 20-Jährige. Zudem hat er einen Kompass dabei, seinen Reisepass, ein Büchlein für eigene Notizen sowie ein Heft, in dem seine künftigen Arbeitsstellen ihre Stempel hinterlassen können.

Erster Anruf zu Hause erst in drei Monaten erlaubt

In Tücher gewickelt trägt er Schlafsack, Isomatte und Zelt auf dem Rücken, ein Bündel mit Kleidung hat er sich seitlich umgehängt. Neben sieben T-Shirts, einer Bäckerhose, einer Schürze, vier Unterhosen, drei Paar Wandersocken und drei Paar normalen Socken habe er sich auch einen Luxus gegönnt und eine Badehose und Handtuch eingepackt, verrät Daniel Wendt.

Neben seiner Wasserflasche und einem Messer hat er auch noch einen Beutel mit einem Karabinerhaken an seinem Gürtel befestigt. Enthalten sind Schinken, Bonbons und weitere Lebensmittel, die ihm seine Nachbarn mit auf den Weg gegeben haben, erzählt der 20-Jährige. In drei Monaten darf er sich das erste Mal zu Hause in Kirchwerder melden. Perfektes Timing, denn am 6. September feiert Mutter Sylvia ihren 65. Geburtstag. Neben dem ersten Päckchen, das sie dann auspacken darf, könnte dann auch ein Anruf ihres jüngsten Sohnes ein Geschenk sein.