Hamburg. Aus der Flüchtlingsunterkunft in Billwerder sollte ein Wohngebiet werden. Doch daraus wird erstmal nichts. Auch der Jugendclub bleibt.

Der extrem gestiegene Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete, vor allem durch Menschen aus der Ukraine oder Afghanistan (Ortshelfer), wirbelt die Planung für die Siedlung Am Gleisdreieck durcheinander. Es werden dort wieder mehr Wohnungen für die öffentlich-rechtliche Unterbringung benötigt. Dadurch kann das Haus Gleis 1 nicht, wie bis vor Kurzem noch vorgesehen, genutzt werden.

In dem Gebäude, das sich gleich am Eingang zu der 2017 fertiggestellten Neubausiedlung an der Ecke Mittlerer Landweg befindet, ist im Erdgeschoss ein Waschraum und im darüber liegenden Geschoss der Jugendtreff Gleis 1 unter der Trägerschaft der Turn- und Sportgemeinschaft (TSG) Bergedorf untergebracht. Schon vor mehr als einem Jahr sah die Planung vor, dass der Jugendtreff aufgrund sinkender Besucherzahlen zum März 2022 schließen sollte.

Derzeit leben rund 1200 Flüchtlinge in der Siedlung in Billwerder

Mit einem Prüfauftrag des Regionalausschusses war das Bergedorfer Bezirksamt daraufhin gebeten worden zu klären, ob in das Gebäude, in dem sich der Jugendclub befindet, ein kleiner Nahversorger für den täglichen Bedarf und möglicherweise auch ein Café integriert werden kann. Dies wäre sowohl für die Menschen in der Unterkunft mit der Perspektive Wohnen (UPW) als auch für deren Nachbarn in der unmittelbaren und näheren Umgebung von großer Bedeutung gewesen. Denn in der Gegend gibt es weder Einkaufsmöglichkeiten noch Gastronomie.

In der Siedlung Am Gleisdreieck leben nun wieder verstärkt Menschen mit Flüchtlingshintergrund.
In der Siedlung Am Gleisdreieck leben nun wieder verstärkt Menschen mit Flüchtlingshintergrund. © Thomas Heyen

Doch aufgrund der nun wieder wachsenden Flüchtlingszahlen wurden alle Bemühungen in diese Richtung gestoppt. Derzeit leben rund 1200 Geflüchtete in der Siedlung, davon mehr als 500 Kinder unter 15 Jahren, teilte das Bezirksamt am 24. August mit. In der Mitteilung heißt es weiter: „Aufgrund des großen Bedarfs an Angeboten für Kinder und Jugendliche wurde der Jugendclub nicht geschlossen, und auch die weiteren (Beratungs-)Angebote im Haus 23 wurden erhalten und teilweise ausgebaut.“

Bemühungen um Kiosk und Café wurden eingestellt

Die Auslastung der Waschmaschinen im Erdgeschoss sei ebenfalls sehr hoch und werde „sich absehbar nicht ändern“. Deshalb „stehen die Räume am Gleis 1 auf absehbare Zeit nicht für eine Einzelhandelsentwicklung zur Verfügung“.

Die Idee der Politik war, das Waschhaus in das dann freigewordene Obergeschoss zu verlegen und die Räume im Erdgeschoss für einen Kiosk und ein Café zu nutzen. Mit zwei Anwohnern aus der Siedlung, die Interesse am Betrieb von Kiosk und Café hatten, waren bereits Gespräche geführt worden. „Diese weiteren Bemühungen wurden vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen am UPW-Standort und damit veränderter Rahmenbedingungen eingestellt“, heißt es in der Mitteilung des Bezirksamtes.

„Standort mit hoher Unsicherheit“, weil er von der Zahl der Geflüchteten abhängt

Der Vertrag für den Jugendtreff werde – wie auch für die gut 20 weiteren Einrichtungen und Projekte der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Bezirk – von Jahr zu Jahr verlängert, berichtet der TSG-Vorsitzende Boris Schmidt. „Für das kommende Jahr haben wir bereits den Zuwendungsantrag gestellt.“ Im vierten Quartal 2022 werde der Jugendhilfeausschuss über die Vorschläge des Jugendamtes zur Mittelvergabe entscheiden. Die Mittel für die laufende Saison seien im ersten Quartal 2022 rückwirkend zur Verfügung gestellt worden, sagt Schmidt.

Das Jugendtreff-Team betreut im Sommer auch das Gleis-Garten-Projekt: Angebote im Freien, in der Nähe des Clubs, die sich auch an Kinder richten. Das Haus Gleis 1 sei laut Schmidt ein „Standort mit hoher Unsicherheit“, weil er von der Zahl der Geflüchteten in der Siedlung abhängt. Und die schwankt stark, wie sich nun zeigt.