Ochsenwerder. Autorin des Bestsellers „Marschlande“ stellt ihren Roman über zwei Frauenschicksale dort vor, wo sie spielen: in Ochsenwerder.

Ungewohnt aufgeregt war Bestsellerautorin Jarka Kubsova am Mittwochabend bei ihrer Lesung in der St. Pankratiuskirche in Ochsenwerder. Denn in dieser Kirche und insbesondere im Stadtteil Ochsenwerder spielt ihr Roman „Marschlande“, der sich seit acht Wochen in der Spiegel-Bestsellerliste hält. Er handelt von der Bäuerin Abelke Bleken, die im März 1583 als Hexe verfolgt und verbrannt wurde. Der zweite Handlungsstrang erzählt vom Leben der Geografin Britta Stoever, die in der Gegenwart mit ihrer Familie nach Ochsenwerder in ein ultramodernes Haus zieht. Beide Frauen erleben ein ähnliches, in ihrer Zeit typisches Frauenschicksal, begegnen sich quasi im Buch bei den einzelnen Übergängen der Kapitel.

„Das ist meine 20. Lesung, aber hier in Ochsenwerder kennen sich die Menschen mit Abelkes Geschichte besser aus als anderswo. Natürlich ist es eine fiktive Geschichte, ein Roman, aber alles um Abelke sollte schon stimmen“, so der Anspruch der Autorin, die 1977 in Tschechien geboren wurde. Gleichwohl verrät sie während der Lesung unter der Moderation von NDR 90,3-Moderator Daniel Kaiser vor etwa 250 Gästen, dass sie im Roman bewusst den Ort des Hofes von Abelke verschleiert hat, um keinen Hexentourismus zu initiieren. Das wurde mit Applaus belohnt, dennoch schienen einige im Publikum den Ort bestens zu kennen.

Starke Lesung von „Marschlande“ am Ort des Geschehens

Sie selbst ist vor etwa zwei Jahren durch Zufall auf die Geschichte von Abelke Bleken gestoßen, als sie aus dem Karoviertel mit ihrem Sohn einen Ausflug zum Hof Eggers machte, um ihm das Landleben zu zeigen. „Ich war selber erstaunt von der Landschaft, den krummen Straßen und habe mich verfahren“, berichtet Jarka Kubsova. Dabei stieß sie auf das Schicksal der Bäuerin, die einst grausam gefoltert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. „Die Geschichte hat mich sofort eingenommen. Auf wissenschaftlicher Ebene gab es Bücher über Abelke, aber keinen Roman“, berichtet die Autorin von der Entstehungsgeschichte ihres 317 Seiten umfassenden Romans, der Ende August bei S. Fischer Verlage erschienen ist.

Ines Heinze-Kölzow aus Warwisch und Heidi Hildebrandt aus Zollenspieker haben „Marschlande“ bereits verschlungen und sind begeistert.
Ines Heinze-Kölzow aus Warwisch und Heidi Hildebrandt aus Zollenspieker haben „Marschlande“ bereits verschlungen und sind begeistert. © Gabriele Kasdorff - Lauenburg | Gabriele Kasdorff - Lauenburg

Unter den Zuhörern, zahlenmäßig überlegen waren die Damen, saßen auch Ines Heinze-Kölzow aus Warwisch und Heidi Hildebrandt aus Zollenspieker. „Wir haben das Buch beide schon gelesen. Das hält einen von allem anderen ab“, sagt Ines Heinze-Kölzow, die nach der Lektüre das Buch sofort weiterempfohlen habe. Im Abelke-Bleken Ring, der seit 2019 an das tragische Schicksal der verfolgten Frau erinnert, wohnen Ute Thiessen und Thomas Kampeter. „Wir sind mit einer ganzen Gruppe hier. Gelesen habe ich das Buch noch nicht, aber ein Interview gehört, ich weiß, dass das Buch in zwei Zeitebenen spielt“, berichtet Thomas Kampeter.

Autorin recherchiert bereits für ihren nächsten Roman

Begeisterte Hörerinnen von Daniel Kaisers Podcast „eat.read.sleep“ sind Britta Lorek aus Bergedorf und Christiane Heidberder-Schenk aus Wentorf. Sie haben die Information zur Lesung auch in der Sachsentor-Buchhandlung erhalten. „Ich mag die Stimme von Daniel Kaiser sehr. Noch haben wir das Buch nicht gelesen. In der Frauenbewegung ist auch heute einiges nicht schön, was geschieht“, resümiert Christiane Heidberder-Schenk. Organisator der Lesung, Jörg Johannsen von der Sachsentor-Buchhandlung, war mit vier Mitarbeiterinnen vor Ort und hatte 100 Bücher des neuen Romans dabei, die Jarka Kubsova am Ende des Abends signierte. Auch 80 Bücher ihres ersten Romans „Bergland“, der von einer Bauernfamilie in Südtirol handelt, hatte Johannsen mit nach Ochsenwerder gebracht.

Daniel Kaiser und Jarka Kubsova im Gespräch auf der Kanzel der St. Pankratius-Kirche in Ochsenwerder.
Daniel Kaiser und Jarka Kubsova im Gespräch auf der Kanzel der St. Pankratius-Kirche in Ochsenwerder. © Gabriele Kasdorff - Lauenburg | Gabriele Kasdorff - Lauenburg

Der Abend verlief in einem Wechselspiel zwischen Lesung aus drei Kapiteln des Buches durch die Autorin und Gesprächen zwischen Daniel Kaiser und Jarka Kubsova, außerdem einem offenen Dialog zwischen Gästen, Autorin und Moderator. Kaiser machte mit seiner spontanen und erfrischend amüsanten Art die Lesung zu einem besonderen Erlebnis. Er verwies darauf, dass der Altar zu Zeiten von Abelke Bleken genauso aussah wie jetzt, jedoch die Arp-Schnitger-Orgel erst später hinzukam. „Es freut mich besonders, dass aufgrund meines Buches sich viele mit der Geschichte nun intensiver beschäftigen und Freude daran haben“, stellt Jarka Kubsova fest.

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Die Sprache des Buches ist klar, sie lässt sofort Bilder im Kopf entstehen, ist lebendig und macht nach jedem gelesenen Wort neugierig auf das weitere Geschehen. Ein unterhaltsamer und informativer Abend, der Anlass zum Nachdenken über die Rolle der Frau und das Selbstverständnis der Gesellschaft gab, aber auch Lust auf das spannende Buch „Marschlande“ macht. „Mein drittes Buch ist bereits unter Vertrag, ich werde die Geschichte in meinem Geburtsland Tschechien spielen lassen, aber mehr weiß ich selber noch nicht. Derzeit recherchiere ich“, verriet Autorin Jarka Kubsova.

„Marschlande“, das Buch, das vom Feminismus in recht kleinen Schritten, aber auch von der aufrüttelnden Geschichte des Lebens zweier Frauen in der Gegenwart und um 1580 berichtet, ist für 24 Euro im Buchhandel erhältlich, ISBN 978-3-10-397496-6.