Hamburg. Identität des Todesopfers geklärt. Politik und Polizei suchen Wege, wie solche Unfälle in Zukunft vermieden werden können.

Auch am Tag danach schockiert Bergedorf der tödliche Unfall eines 30 Jahre alten Radrennfahrers, der am Dienstagnachmittag, 17. Oktober, auf dem Neuengammer Hauptdeich vermutlich ungebremst gegen ein geparktes Auto gefahren war. Dabei starb der Sportler noch am Unfallort wegen eines gebrochenen Genicks in Folge des schweren Sturzes, wie die Polizei nun offiziell bestätigte. Unklar bleibt aber noch der genaue Unfallhergang – wie auch eine sinnvolle Strategie, wie solch fatale Unfälle bestmöglich vermieden werden können.

Bei dem Todesopfer handelt es sich nach Angaben der Polizei um einen Mann aus Flintbek (Gemeinde im Kreis Rendsburg-Eckernförde), der zuletzt im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld in einer Wohngemeinschaft wohnte. Offenbar war er kein ungeübter Radfahrer: Zum Unfallzeitpunkt war er auf einer Rennmaschine der Marke Rose unterwegs, die bei Geschwindigkeitsliebhabern hoch im Kurs stehen. Bei den Ermittlern des Verkehrsunfalldienstes Süd VD 42 herrscht noch Unklarheit darüber, ob der Radfahrer tatsächlich für eine bessere Aerodynamik auf dem Gefährt den Kopf weit nach unten gesenkt hatte und so keinen Blick auf Hindernisse auf der Straße besaß.

Nach tödlichem Radunfall: Teilweise Park- und Halteverbote denkbar

Die Königsidee zur Verhinderung solcher Unfälle scheint bisher weder die Hamburger Polizei noch die Bergedorfer Politik zu kennen. So zum Beispiel gibt es auch unterschiedliche Meinungen zu einem denkbaren Parkverbot auf mancher, bei Radfahrern populären Landgebietsstrecke. Reinhold Reumann (Die Grünen) könnte sich aus der Erfahrung der jüngsten Tragödie eine durchgängige oder zumindest abschnittsweise Park- und Halteverbotszone für Pkw auf der Strecke Altengamme-Tatenberg entlang des Deichs vorstellen. Dies sei die unfallträchtigste Strecke für Radrennfahrer.

Zumindest in Teilen würde Petra Petersen-Griem, Verkehrssprecherin aus den Reihen der SPD, ein solches Parkverbot mitgehen. „Das muss man sich erstmal vor Ort genauer anschauen, aber auf bestimmten Strecken ist so etwas vorstellbar.“ Reumann indes weiß, dass sein Gedanke zwar diskutabel, aber auch schwer umsetzbar ist: „Wenn die Polizei das in Absprache mit anderen Behörden nicht macht, haben wir auch keine Chance.“

Sehr viele Behörden müssen zustimmen

Petersen-Griem geht davon aus, dass das Problem in den Vier- und Marschlanden sich noch potenzieren könnte. Das Gebiet mit seinen langen Geraden und anspruchsvollen Kurven sei bei Rennradlern und Triathleten sehr beliebt, durch noch mehr Sportler „ist der Konflikt mit Autofahrern programmiert“, meint die Nettelnburgerin. Insofern sollte der Punkt der Eigenverantwortlichkeit des nicht motorisierten Verkehrs nicht kleingeredet werden – und auch dies dürfe nicht vergessen werden: „Die Vier- und Marschlande sind keine ausgewiesene Rennradstrecke“, sagt Petra Petersen-Griem.

Auch der Sprecher der Hamburger Polizei sieht das Parkverbot nicht: „Ein generelles Parkverbot können wir nicht allein bestimmen, da muss immer in Abstimmung mit anderen Behörden geschehen“, weiß Sören Zimbal und verweist damit auf die Zentrale Unfallkommission UKO und weitere Straßenverkehrsbehörden, die „strukturelle Defizite im Verkehrsraum“ etwa durch Parkverbote beheben könnten – im Fall, dass eine Unfallhäufungsstelle entschärft werden soll.

Präventionsangebote: Nicht alle werden erreicht

Gar nichts von einem Parkverbot auf den Deichstraßen hält Bergedorfs CDU. „Das wird es mit uns nicht geben. Wo sollen denn Spaziergänger und Angler, die von weiter her kommen, noch parken?“, fragt deren verkehrspolitischer Sprecher Jörg Froh und appelliert ebenfalls an das Verantwortungsbewusstsein der Radfahrer.: „Sie müssen sich auch an die Regeln im Straßenverkehr halten.“

Rennradunfälle seien in seiner Fraktion durchaus Thema, „denn viele kleinere Unfälle mit Verletzungsfolgen kommen gar nicht erst an die Öffentlichkeit“, weiß Froh, langjähriger Beamter der Verkehrsabteilung an der Polizeiwache 41. Zwischen 2019 und 2021 gab es allein 17 Verkehrsunfälle im Landgebiet, bei denen Radfahrer als Unfallverursacher in parkende Autos rauschten. Die Polizei bot angesichts dieser Tendenz in der jüngeren Vergangenheit Präventionsangebote, wie im Jahr 2022 die Aktion „Kopf hoch – Behaltet die Straße immer im Blick“ an, was parallel zum Angebot zu Beginn der Motorradsaison am Fähranleger Zollenspieker auf die Gefahren im Straßenverkehr für Zweiräder hinweisen sollte. Allerdings stieß das offenbar nicht bei allen auf Beachtung, wie der tragische Unfall am 17. Oktober 2023 am Hauptdeich zeigt.

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Fehlende Aufmerksamkeit ist auch der Ansatz von Karsten Schütt. „Wie kann man die ganze Zeit mit gesenktem Kopf auf so einer Strecke radfahren?“, bemängelt der FDP-Bezirksvorsitzende eine gewisse Rücksichtslosigkeit. Schütts Idee wäre, dass Radsport-Lobbyisten aus Vereinen und Verbänden, wie der Bund Deutscher Radfahrer oder der ADFC, vermehrt Sensibilisierungsarbeit leisten müssten. Mehr Präsenz der Fahrradstaffeln der Polizei fordert wiederum CDU-Mann Froh, um das Verhalten von Rennradfahrern zu kontrollieren.