Bergedorf. Vor einem Vierteljahrhundert wurde das TSG-Sportforum eröffnet. Die Finanzierung war ein Drahtseilakt, der fast schief gegangen wäre.

Tief im Keller des Sportforums der TSG Bergedorf gibt es zwei fast quadratische Fenster, die vom Flur aus den Blick in die Schwimmhalle ermöglichen. Regelmäßig versammeln sich hier Gruppen von Eltern und verfolgen pochenden Herzens die Bemühungen ihres Nachwuchses beim Seepferdchen-Kursus. So wie der Autor dieser Zeilen hier vor ein paar Jahren die ersten Schwimmzüge seiner Tochter sah, haben Tausende Bergedorfer ihre ganz persönlichen Erinnerungen, die sie mit dem Gebäude verbinden, das in diesen Tagen 25 Jahre alt geworden ist.

Ein stolzes Jubiläum. „Als ich das TSG-Sportforum zum ersten Mal sah, war ich – neudeutsch gesagt – geflasht“, begeisterte sich der stellvertretende Bezirksamtsleiter Ulf von Krenski auf einem Empfang anlässlich des 25. Geburtstags. „Es ist gefühlt das Zentrum des ganzen Bezirks, von überall mit dem Rad gut zu erreichen. Von Bergedorf, Lohbrügge, Allermöhe, selbst aus Curslack ist man in einer Viertelstunde da“, führte von Krenski weiter aus, der folglich topfit zu sein scheint.

Das Sportforum der TSG Bergedorf feiert 25-jähriges Jubiläum

Und genau darum geht es. Die TSG Bergedorf mit ihren gut 10.000 Mitgliedern ist längst mehr als nur ein Sportverein, wie der Vorsitzende Boris Schmidt der Versammlung erläuterte. Sie betreibt Kindergärten, kooperiert mit Schulen, bringt so jedes Jahr Hunderte Kinder und Jugendliche mit Sport in Kontakt. „Natürlich wissen wir, dass nicht jeder dann irgendwann TSG-Mitglied wird“, betonte Schmidt. „Aber darum geht es auch gar nicht. Unser Interesse ist, dass sie später überhaupt Mitglied in einem Sportverein werden. Wir wollen sie dazu motivieren, sich ein Leben lang zu bewegen.“

Beim Kinderfest anlässlich des 25-jährigen Bestehens des TSG-Sportforums war am Freitag ordentlich was los.
Beim Kinderfest anlässlich des 25-jährigen Bestehens des TSG-Sportforums war am Freitag ordentlich was los. © TSG Bergedorf | TSG Bergedorf

Zum Beispiel durch das Schwimmbad im Keller. Vor 25 Jahren galt der Bau als Wagnis, wie so vieles am TSG-Sportforum. „Heute könnten wir mühelos ein zweites Bad in gleicher Größe mit Kursen füllen“, betonte Schmidt. Nach der Corona-Pandemie ist der Anteil der Grundschüler, die nicht vernünftig schwimmen können, von 40 auf 60 Prozent gestiegen. Das Problem ist drängender denn je.

17,4 Millionen D-Mark kostete der Komplex, dessen Finanzierung zum Abenteuer wurde

„Die TSG Bergedorf ist ein absoluter Anker im Hamburger Sportbund“, lobte der stellvertretende HSB-Vorsitzende Christian Poon in seinem Grußwort. „Dieses Sportforum ist unfassbar kompakt. Auf kürzestem Weg kann man die unterschiedlichsten Sportarten aufsuchen.“ 17,4 Millionen D-Mark kostete der Komplex, der in den Jahren 1997/98 innerhalb von 13 Monaten hochgezogen wurde. 16 Millionen davon musste die TSG über Darlehen selbst aufbringen.

Am 1. Oktober 1998 war die feierliche Eröffnung. „Noch eine Woche vorher hätte man nicht geglaubt, dass wir tatsächlich öffnen können“, erinnerte sich Schmidt an jenen Herbst, der die Vereinsgeschichte maßgeblich geprägt hat. „Noch am 1. Oktober hatten wir die Bauprüfabteilung hier, weil ein Geländer fehlte. Das wurde dann provisorisch gemacht.“

Das Sportforum der TSG Bergedorf ist 11.000 Quadratmeter groß und kostete bei seiner Errichtung 1998 insgesamt 17,4 Millionen D-Mark.
Das Sportforum der TSG Bergedorf ist 11.000 Quadratmeter groß und kostete bei seiner Errichtung 1998 insgesamt 17,4 Millionen D-Mark. © TSG Bergedorf

Dass das neue Vereinszentrum der TSG Bergedorf vor 25 Jahren tatsächlich Wirklichkeit wurde, war nicht nur der Entschlossenheit Schmidts zu verdanken, der damals hauptamtlicher TSG-Geschäftsführer war, sondern auch des Muts seiner Mitstreiter aus dem ehrenamtlichen Vorstand. Der damalige Vorsitzende Ulrich Hafenstein, sein Stellvertreter Siegward Zur, der Schatzmeister Jürgen Klingenberg und der Beisitzer Thomas Kock, sie alle gaben dem Projekt nicht nur ihre Zustimmung, sondern versprachen auch, mindestens zehn weitere Jahre im Amt zu bleiben, um Kontinuität zu gewährleisten. Das nennt man wohl: „Mitgefangen, mitgehangen.“

Die Risiken waren enorm. Zwar hatte die TSG Bergedorf mit dem Kindergarten, dem Schwimmbad und dem Fitnessstudio den Trend der Zeit getroffen, der Bereich der Rückschlag-Sportarten jedoch geriet zu überdimensioniert. Funktionierten Tennis und Squash noch ganz gut, so erwirtschaftete die TSG mit den Badminton-Plätzen nur zehn Prozent dessen, was der Verein ursprünglich kalkuliert hatte.

Beitragserhöhung von 30 Prozent – da kehrten viele Mitglieder der TSG den Rücken

Das hatte Folgen. Die immensen Dimensionen des Projektes wurden Anfang des 21. Jahrhunderts zum Bumerang. Die Notlösung angesichts der Schuldenlast war 2002 eine Beitragserhöhung um 30 Prozent. „Und das in einer Zeit, in der man selbst Erhöhungen von 50 Cent schon schwer vermitteln konnte“, erinnerte Schmidt.

Der TSG-Vorsitzende Boris Schmidt (Mitte), Christian Poon (stellvertretender Vorsitzender Hamburger Sportbund, l.) und Ulf von Krenski (stellvertretender Leiter des Bergedorfer Bezirksamts).
Der TSG-Vorsitzende Boris Schmidt (Mitte), Christian Poon (stellvertretender Vorsitzender Hamburger Sportbund, l.) und Ulf von Krenski (stellvertretender Leiter des Bergedorfer Bezirksamts). © Volker Gast | Volker Gast

Andere Wünsche blieben gleich ganz unerfüllt. „Wir wollten ursprünglich für unsere erfolgreiche Leichtathletik-Abteilung eine 100-Meter-Bahn in der Halle bauen“, verriet Schmidt. „Doch das mussten wir aufgeben. Das Problem ist: Die traditionellen Sportarten finanzieren so ein Projekt nicht.“

Der 11.000 Quadratmeter große Sportkomplex enthält keine einzige Sporthalle

Das ist ein genereller Kritikpunkt an dem Projekt: Der große Bereich der Mannschaftssportarten finanzierte das Sportforum zwar mit, hatte aber selbst nichts davon. Tatsächlich enthält das 11.000 Quadratmeter große Sportforum keine einzige Sporthalle. Von Interesse war damals nur, was sofort Einnahmen generierte. Dabei scheute sich die TSG auch nicht, in völlig neue Bereiche vorzustoßen wie den Kampfsport. Durch eine Fusion fand die Judo-Gemeinschaft Sachsenwald im extra dafür gebauten Dojo des Sportforums eine neue Heimat und wurde vom eigenständigen Verein zur TSG-Abteilung.

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Genau das könnte in Zukunft auch ein Weg für viele Nachbarvereine in Bergedorf sein, die mit rückläufigen Mitgliederzahlen zu kämpfen hätten, warb Schmidt. „Wir werden in den kommenden Jahren ein Vereinssterben erleben“, prognostizierte er. „Den Namen Judo-Gemeinschaft Sachsenwald gibt es hingegen noch immer, nur eben jetzt als JGS in der TSG Bergedorf.“

Mitgliedsbeiträge machen nur noch einen geringen Teil der Einnahmen aus

Die TSG Bergedorf ist heute von den Mitgliedsbeiträgen viel weniger abhängig als früher. Als das Sportforum gebaut wurde, machten die Vereinsbeiträge noch 90 Prozent des Umsatzes von damals 1,5 Millionen D-Mark aus. Heute sind es 23 Prozent. Die Mitgliedsbeiträge tragen 3,3 Millionen Euro, was sich angesichts eines Gesamtetats von 14 Millionen Euro eher bescheiden ausnimmt.

Eine große Herausforderung für die TSG Bergedorf in der Zukunft wird also darin bestehen, auch weiterhin erfolgreich gesellschaftliche Felder wie Kitas oder Schulen zu bespielen. Und im Sport muss sie gegen die privatwirtschaftliche Konkurrenz attraktiv bleiben, vor allem im Fitnessbereich. Rund 2000 Mitglieder kehren dem Großverein pro Jahr den Rücken und müssen durch neue Mitglieder ausgeglichen werden. So groß ist nämlich die Fluktuation in dem Großverein. Jahr für Jahr.

Die TSG Bergedorf feiert ihr Jubiläum mit einer großen Party

Aber erst einmal wird jetzt gefeiert. Nachdem am Freitag bereits die Kinder auf ihre Kosten gekommen waren, sind nun die Erwachsenen dran: Am Sonnabend um 20 Uhr beginnt im Sportforum die große Jubiläums-Party.