Bergedorf. Die Folgen rigoroser Stadtplanung: Kultur- & Geschichtskontors zeigt besonders betroffene Orte. Sogar das Schloss gehört dazu.

Eigentlich ist es ein Wunder, dass das Schloss bis heute überlebt hat: Zahlreiche Gebäude, die Bergedorfs Geschichte geprägt haben, sind längst abgerissen. Dazu gehört die alte Post neben dem Bahnhof ebenso wie der Bahnhof selbst. Ferner fast die gesamte Bebauung entlang der Lohbrügger Einkaufsstraße und selbst das Block-House sowie die Kornwassermühle gegenüber von St. Petri und Pauli wirken nur alt. In Wirklichkeit handelt es sich bei ihnen um sogenannte historisierende Neubauten.

Auf die Spuren dieser rigorosen Stadtplanung, die in Bergedorf eine lange Tradition hat und sogar heute immer mal wieder aufblitzt, macht sich am Sonntag, 7. Mai, der Historiker Christian Römmer. Der Rundgang unter dem Titel „Bergedorf – Altes neu entdeckt“ startet um 14 Uhr vor dem Kultur- & Geschichtskontor am Reetwerder 17. Die Teilnahme kostet 9 Euro, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

„Abrisstadt“: Fotos setzen heutige Gebäude in Beziehung zur Geschichte

„Es wird immer schwieriger, die wechselvolle Geschichte Bergedorfs im heutigen Stadtbild festzumachen“, sagt der ehemalige Chef des Kultur- & Geschichtskontors, der etliche großformatige Fotos im Gepäck haben wird, mit denen er heutige Gebäude oder Straßenzüge in Beziehung zu alten Ansichten setzt. Nebenbei will Christian Römmer seine Gästen in die Entwicklung des Ortes an der Bille einführen, der vermutlich vor 5000 Jahren als slawische Siedlung entstand, 1162/63 erstmals urkundlich erwähnt wurde und schon 1215 Stadtrechte bekam.

Erste Station wird das Schloss sein, das eigentlich eine Wasserburg ist – und am Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge der Gestaltung des Schlossparks tatsächlich fast zur Hälfte neu gebaut wurde. Hier macht sich Römmer auf die Spuren der mittelalterlichen Befestigungsanlagen. Und auch anschließend geht es in der Einkaufsstraße um lange vergangene Geschichte: Hier standen einst das Holsten- und das Sachsentor, zwischen denen sich die winzige Stadt Bergedorf auf kaum 800 Metern zusammenquetschte.

Hier wird demnächst abgerissen: Der 160 Jahre alte Fabrikbau am Neuen Weg 21, bis Februar Sitz des Bio-Baumarks „Ökohaus“ und einst Gründungsort des Hansa-Gymnasiums, erwartet täglich die Bagger.
Hier wird demnächst abgerissen: Der 160 Jahre alte Fabrikbau am Neuen Weg 21, bis Februar Sitz des Bio-Baumarks „Ökohaus“ und einst Gründungsort des Hansa-Gymnasiums, erwartet täglich die Bagger. © BGZ | Ulf-Peter Busse

Es folgen viele vergessene Zeugnisse der Bergedorfer Einzelhandels- und Industriegeschichte einschließlich des gerade wieder neu entdeckten Hafens am Serrahn. Zum Finale wird schließlich der nächste Abriss-Kandidat angesteuert: Das 160 Jahre alte Fabrik-Ensemble, bis Februar vom Bio-Baumarkt „Ökohaus“ und Elektrogroßhandel Blazejewski am Neuen Weg 21 nahe der B 5, war in den 1880er-Jahren Gründungsort des Hansa-Gymnasiums. Hier soll jetzt ein Neubau mit 73 Wohnungen entstehen.