Bergedorf. Wohnungsbauprojekt in Bergedorf-Süd zwingt Traditionsunternehmen zum Auszug. Dabei ist die Immobilie eigentlich ein Denkmal.

Ein weiteres Stück des alten Bergedorf verschwindet: Im markanten weißen Kontorhaus am Neuen Weg 21 räumt der Bio-Baumarkt „Ökohaus“ seine Räume. Und im Hinterhof des mindestens 160 Jahre alten Ensembles wenige Meter südlich der Bergedorfer Straße/B 5 zieht auch der Elektrogroßhandel Blazejewski aus. Es sind die letzten Schritte vor dem Abriss, um hier sowie auf dem Areal des benachbarten Ex-Penndorf-Parkhauses einen Neubau mit 73 Wohnungen zu errichten.

„26 Jahre, 10 ½ Monate – und Schluss ist am Standort“ kommentiert Ökohaus-Inhaber Michael Ahrens-Peyerl das Aus auf der Internetseite seines Unternehmens. Sowohl er als auch Elektrohandel-Inhaber Paul Blazejewski mussten ihre Läden diese Woche räumen. Hintergrund: Bauinvestor Revitalis Real Estate AG steckt in den letzten Vorbereitungen für den Abriss der Gebäude, um den schon seit Jahren geplanten Wohnkomplex errichten zu können.

Lob für geplanten Abriss des maroden Ex-Penndorf-Parkhauses

„Es ist ein Segen, wenn das alte marode Parkhaus verschwindet“, sagt FDP-Bauexperte Dr. Geerd Dahms, der als Denkmalsachverständiger aber große Bauchschmerzen mit dem gleichzeitigen Abriss des historischen Ensembles nebenan hat: „Das steht zwar nicht offiziell unter Denkmalschutz, erfüllt rein fachlich aber die Kriterien dafür“, führt er in einem Beitrag im aktuellen Lichtwark-Heft des Kultur- & Geschichtskontors aus. Darin weist Dahms verschiedene Industriebetriebe nach, die ihre Adressen hier hatten. Und er belegt sogar, dass der weiß verputzte Bau des „Ökohauses“ am Neuen Weg der erste Sitz des Hansa-Gymnasiums war, als es kurz nach seiner Gründung im April 1883 noch eine namenlose „höhere Bürgerschule“ war.

Viel Bergedorfer Ortsgeschichte, die im Bauausschuss der Bezirksversammlung trotzdem keine Mehrheit gegen den Abrissantrag zusammenbrachte, bedauert Dahms: „Damit geht ein für Bergedorf einmaliges Ensemble für immer verloren. Insbesondere durch den flächendeckenden Abriss von Bergedorfs früheren Industriebauten wie etwa der Glasfabrik, des Eisenwerks und der Stuhlrohrfabrik ist dieses Ensemble in Bergedorf-Süd heute eine absolute Seltenheit. Damit wäre das öffentliche Interesse an der Erhaltung eigentlich gegeben.“

Betroffene Firmen kämpfen um Zukunft an anderer Stelle

Während es dazu nun eindeutig nicht mehr kommen wird, kämpfen die beiden betroffenen Unternehmen um eine Zukunft an anderer Stelle. Michael Ahrens-Peyerl plant, den verbliebenen Lagerbestand seines Bio-Baumarkts vorerst nur noch auf persönliche Anfrage zu verkaufen. Für die Zukunft hofft er auf die direkte Belieferung von Handwerksbetrieben. Ob und wie das klappt, will er auf seiner Homepage www.oekohaus-hamburg.de bekannt geben, sobald die Details geklärt sind.

Keine Auskunft gab es auf Nachfrage unserer Zeitung von Paul Blazejewski. Zwar werde es irgendwie mit dem Elektrogroßhandel weitergehen, nur wie, ließ der Inhaber offen. Wie Nachbar Michael Ahrens-Peyerl hatte er bis zum letzten Verkaufstag am Freitag, 17. Februar, mit dem Räumungsverkauf alle Hände voll zu tun und „keine Zeit und keine Lust“ auf weitergehende Fragen einzugehen.