Bergedorf. Auftakt zur Rundgangssaison des Kultur- & Geschichtskontors. Caroline Bergen blickt hinter die Kulissen des Vorzeige-Quartiers.

Es ist Bergedorfs vielseitigstes Schmuckstück – aber das Villengebiet hat auch manches dunkle Geheimnis: Auf die Spuren von Schönheit und Schatten begibt sich am Sonnabend, 15. April, Historikerin Caroline Bergen. Die Chefin des Kultur- & Geschichtskontors lädt für 14 Uhr zur Premiere der Rundgangssaison 2023. Treffpunkt zur etwa zweistündigen Tour ist vor dem Kontor am Reetwerder 17. Die Teilnahme kostet 9 Euro, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Auf dem Rundgang geht es zu diversen Schauplätzen in diesem größten zusammenhängenden Villengebiet Norddeutschlands, das von 1850 bis zum Ersten Weltkrieg entstand. Da hatte es eine solche Ausdehnung erreicht, dass es fünfmal so groß war wie die alte Stadt Bergedorf rund ums Sachsentor. Bewohner der prächtigen Villen, die über 60 Jahre in diversen Baustilen entstanden sind, waren neben einigen wenigen Bergedorfer Fabrikherren vor allem vermögende Hamburger Reeder, Kaufleute und Industrielle.

Geführter Rundgang durch das Bergedorfer Villengebiet

Caroline Bergen erklärt, wie die seit 1842 eingeweihte Eisenbahn Bergedorfs Ruf als Ausflugsziel und schließlich sogar offizieller Luftkurort bei den Hamburgern befeuerte. So geht es um Hotels und Pensionen oder auch Heilanstalten, die es zwar alle nicht mehr gibt, deren Gebäude aber überwiegend erhalten blieben und so heute dieses Stück vergessener Bergedorfer Geschichte erzählen.

Die Turnhalle Bult ist Heimat der TSG Bergedorf.
Die Turnhalle Bult ist Heimat der TSG Bergedorf. © TSG Bergedorf

Natürlich bleiben aber auch die Bausünden des Villengebiets nicht verborgen, hat sich das Kultur- & Geschichtskontor doch seit vielen Jahren genau diesem Thema misslungener Bergedorfer Stadtplanung verschrieben. Dazu gehört der Blick auf etliche jüngere Gebäude, die nicht nur wie eine Invasion über einst weitläufige Parks der Villen hereinbrachen, sondern auch manche Vorgaben der Landhausverordnung kreativ umschifften, die eigentlich den Charakter des Villengebiets erhalten sollte.

Lob und Tadel für Kurt A. Körbers Haus im Park

Zudem steuert der Rundgang Meilensteine der Stadtentwicklung an. Dazu gehören die ersten Bergedorfer Mädchenschulen, die zur Keimzelle des Luisen-Gymnasiums wurden. Aber auch die erste Turnhalle der Stadt, die bis heute an der Straße Bult steht. Und natürlich darf das Haus im Park nicht fehlen, mit dem der Unternehmer und Mäzen Kurt A. Körber dem Villengebiet und dem Selbstverständnis der Bergedorfer seinen Stempel aufdrückte: Der flache, fast unscheinbare Bau wurde 1976 eröffnet und macht sich neben den vielen Villen fast unsichtbar. Inhaltlich setzte er mit seinem hochkarätigen Theater und dem einzigartigen Programm für die Generation 50+ Maßstäbe, die Bergedorf auch in Hamburg glänzen ließen.

Ganz so gut wird Caroline Bergen das Haus im Park allerdings nicht wegkommen lassen, gibt es doch braune Flecken in Körbers Lebenslauf. Gleichzeitig will sie vor Ort die Frage erörtern, warum dieser einzigartige Bau eigentlich keinen Denkmalschutz genießt.

Weitere Rundgänge gibt es alle zwei bis drei Wochen

Nach dem Auftakt lässt das Team um Caroline Bergen jeweils im Abstand von zwei bis drei Wochen die nächsten historischen Rundgänge des Kultur- & Geschichtskontors folgen: Weiter geht es am Sonntag, 7. Mai, mit dem Blick auf die Spur der Zerstörung, die Bergedorfs Stadtplanung von den 50er-Jahren bis heute durch den Bezirk zog. Titel: „Die Entstehung und Zerstörung des alten Bergedorf“. Die nächsten Themen sind dann unter anderem das vor 100 Jahren entstandene Gojenbergsviertel, die Schauplätze des Nationalsozialismus in Bergedorf, der Friedhof von 1907 und die Geschichte des benachbarten Arbeiter- und Vergnügungsortes Sande/Lohbrügge.

Alle Details finden sich auf der Homepage des Kultur- & Geschichtskontors unter geschichts-kontor.de/rundgaenge. Die Teilnahmegebühr beträgt stets 9 Euro pro Person und ist ohne Anmeldung in bar beim Treffpunkt zu bezahlen.