Der Landwirt Henning Beeken übernimmt den Betrieb in Kirchwerder von seinem Onkel Georg Eggers: mit Hofladen, Café, Ackerbau und Minipension.

Hamburg. Drei Stufen hoch, dann durch die grüne Doppelflügeltür, über der ein "E" prangt, und man ist im Halbdunkel der Vergangenheit - in der Bauerndiele des Hofes Eggers, in der alles wie vor Hunderten von Jahren erhalten blieb: die offene Feuerstelle, Petroleumlampen, Messinggeschirr und ein Tisch für mehr als 20 Gäste. An der Wand hängt eine zugeschweißte Flinte. Wer den Raum auf sich wirken lässt, der wäre kaum verwundert, wenn Heidedichter Hermann Löns reinkäme, um to vertellen ...

Doch es kommt ein smarter, jugendlich wirkender Mann, dunkelblond, mit Stoppelbart und modischem Parka. Henning Beeken, 37, ist seit Anfang des Jahres der neue Chef des 80-Hektar-Hofes, der in Kirchwerder in einer ehemaligen, ovalen Schleife der Gose Elbe liegt. Der Hof bleibt damit (seit 1625) in Familienbesitz.

Hier ist alles Bio, Öko und von Georg Eggers. Der heutige Altbauer, geistiger Vater und beredter Motor des ungewöhnlichen Landwirtschaftsbetriebes, hat den Hof an seinen Neffen übergeben. Zukunft trifft auf Vergangenheit. Beides wird nebeneinander existieren und so funktionieren: mit einem Viertel durch Touristen und Besucher und drei Viertel durch Ackerbau und Viehhaltung als Einnahmequellen.

Der Weg zum Platz des Altbauern führt durch die "Gute Vierländer Stube", die nur zu besonderen Festen genutzt wird und sonst verschlossen ist. An der Tür hängt eine Elle, ein Holzmaßstab mit Perlmutteinlagen. "Die Elle ist in 20-Zentimeter-Stücke eingeteilt, das ist das alte germanische Maß", sagt Georg Eggers.

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Hinter der Tür liegt dann die urgemütliche Wohnstube mit einem holzbeheizten Kachelofen und dem Sessel des Altbauern am Ostfenster direkt vor dem Ofen. Neben dem Sessel stehen kleine Bücherregale; auch auf dem Tisch liegen Bücher - über Philosophie und Geschichte. "Mein Hobby", sagt der Mann, der hier "Onkel Georg" genannt wird und Agraringenieur ist.

Seit 1967 hat er den Hof mit Erfolg geleitet. 1989 führte Georg Eggers den Bioanbau ein. 1991 stellte er alles auf ökologischen Landbau um, zehn Jahre später wurde der Hof Eggers ein Demonstrationsbetrieb mit vielen Auszeichnungen. Das macht stolz. Und das sieht man auch überall: 44 Meter lang ist das Haupthaus von 1834, unmittelbar davor fließt die Gose Elbe, ein paar Meter weiter steht ein Mast mit einem im Sommer bewohnten Storchennest, daneben ein Kornspeicher von 1535 (Hamburgs ältestes Wirtschaftsgebäude, heute Lager für Museumsexponate) und drei weitere Gebäude aus der Zeit von 1631 bis 1840. Dazwischen stehen mächtige Eichen. Im Hintergrund die Riepenburger Windmühle. Mehr ländliche Idylle in Hamburg geht wohl nicht.

Wer über den langen Weg in den Hof kommt, blickt weit in das Land der ehemaligen Flussschleife - ein unverbauter Blick über eine Naturinsel. "Ohe heißt Erhöhung, Gehölz oder Insel", sagt Georg Eggers. Und dieser Weg vom Eingang bis zu den Weiden wird jetzt zu einer Zeitgrenze. Im Osten liegen die historischen und denkmalgeschützten Gebäude, auf der andere Seite des Weges die neu gebauten: eine Fachwerk-Schmiede, ein Backhaus, beides vom "Freundeskreis Hof Eggers in der Ohe" erbaut, und ein halboffener Schuppen, der als Unterstand und Informationszentrum für Besucher dient. Alles im historischen Stil.

Auf dieser "neuen" Seite wird der neue Bauer sein modernes Niedrigenergiehaus in ökologischer Holzbauweise errichten. "Das wird schon im Sommer fertig", heißt es knapp. Der Gartenbau-Ingenieur Henning Beeken wird mit Sohn Johannes und Tochter Emilia und seiner Frau Norma, die aus Mexiko stammt, dort einziehen. Und dann?

"Es wird ein noch größerer Familienbetrieb", sagt der Jungbauer. Altbauer Georg Eggers wird mit seiner Frau Christine und dem Hofhund Robby das Haupthaus als lebendiges Museum bewohnen. Christine Beeken, die Schwester von Henning Beeken, betreut das Hofcafé mit großem Cafégarten. Man kann eine Ferienwohnung mieten oder das Backhaus für Feiern. Andere Familienmitglieder werden auch helfen.

Das Café soll zum Treff- und Mittelpunkt der Zukunft des Eggers-Hofes werden. "Es wird von April bis Oktober an den Wochenenden geöffnet und nicht nur selbst gemachten Kuchen anbieten, sondern auch Fleisch- und Wurstspezialitäten vom Hof." Zum Beispiel die Vierländer Mettwurst.

Auch hier ist Georg Eggers der Fachmann: "Wir wollen kein Nitratpökelsalz in der Wurst, weil das in Verbindung mit Rauch schädlich ist. Um die rote Farbe des Fleisches zu erhalten, nehmen wir stattdessen Zucker und Rum."

Auf dem Hof laufen Limousin-Rinder, Schafe, Zucht- und Mastschweine und in Zukunft auch 60 Weihnachtsgänse. "Ich werde die Direktvermarktung ausbauen", sagt Henning Beeken, "darin sehe ich viel Potenzial." Zielgruppe seien die Städter.

Kunden werden in einer Kartei geführt und nach Schlachtterminen, oder wenn die Wurst fertig ist, informiert. "Sie können ab Sommer auch auf unsere Homepage gehen", sagt Henning Beeken. Man muss nicht gleich ein Viertel Rind kaufen. "Wir geben Fleisch ab einem Kilo ab."

Im sanften Tourismus wird Norma Beeken arbeiten: "Ich möchte hier an Wochenenden Kinder in Spanisch unterrichten, aber auch, wie man mit Tieren und der Landwirtschaft umgeht", sagt sie. Daneben lädt der Hof zu Backtagen, (Kindergeburtstags-) Festen oder auch auf einen Bio-Rundwanderweg ein. Beliebt sind die Hoffeste im September und in der Adventszeit.

Bleibt der letzte Bereich: der Ackerbau. Hier gilt die traditionelle Fruchtfolge: Kleegras, Hafer, Dinkel, Roggen und Weizen. Die Ernte im vergangenen Sommer hat der Jungbauer Henning Beeken fast allein eingefahren. In diesem Jahr ist seine Frau an seiner Seite. Und die freut sich schon: "Ich wollte herziehen und Bäuerin werden."