Hamburg. Hamburgs Abgeordnete erinnern an den rassistischen Anschlag vor einem Jahr. Die AfD wollte dagegen keine “Hysterie aufbauen“.

Parteiübergreifend haben Abgeordnete der Bürgerschaft an den rassistischen Anschlag von Hanau vor einem Jahr erinnert, bei dem der Täter neun Menschen mit migrantischen Wurzeln getötet hatte. Fast alle Fraktionen hoben am Mittwoch hervor, dass die Tat in einer Reihe mit rechtsextremistisch motivierten Morden in Halle und Kassel zu sehen sei und dass alle Demokraten sich gegen Hass und Hetze wenden müssten.

Nur die AfD wollte „sachlich bleiben, statt eine Hysterie aufzubauen“, wie ihr Fraktionschef Alexander Wolf erklärte. Dann bezeichnete er den Anschlag von Hanau als „Einzeltat eines psychisch Kranken“, die nun missbraucht werde, „um daraus politisches Kapital zu schlagen“. Co-Fraktionschef Dirk Nockemann sagte, der Kampf gegen Rechtsextremismus werde zum Kampf gegen die AfD „umgemünzt“.

Opfer von Hanau – AfD sorgt in der Bürgerschaft für Eklat

Innensenator Andy Grote (SPD) wandte sich gegen diesen Versuch, widerlegen zu wollen, dass es sich überhaupt um einen rechtsextremistischen Kontext gehandelt habe. An die AfD gerichtet sagte er: „Sie erklären damit den Familien der Opfer, dass ihre Angehörigen quasi zufällig ums Leben gekommen sind, dass ihre Herkunft und ihre Hautfarbe überhaupt keine Rolle gespielt haben. Das ist infam, das ist unfassbar.“

Auch in der AfD „werden die Rechtsextremen immer sichtbarer“, sagte der Innensenator und wies erneut darauf hin, dass es in Hamburg mindestens 40 Anhänger der offiziell aufgelösten Gruppierung „Der Flügel“ gebe, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurde. „Je genauer wir hinsehen, desto mehr Verbindungen der AfD zu anderen Akteuren der rechten Szene stellen wir fest“, sagte Grote.

Beim Zweitligaspiel zwischen dem FC St. Pauli und Darmstadt gedachten am Wochenende auch die Fußballprofis am Millerntor der Opfer von Hanau.
Beim Zweitligaspiel zwischen dem FC St. Pauli und Darmstadt gedachten am Wochenende auch die Fußballprofis am Millerntor der Opfer von Hanau. © Imago/Jan Hübner

CDU-Fraktionschef Dennis Thering sagte: „Was in Hanau passiert ist, kann überall passieren.“ Präventionsarbeit sei deshalb sehr wichtig. Er warnte vor Populismus: „Äußerungen dürfen nicht zur Radikalisierung bei Menschen führen, die nur darauf gewartet haben, dass es endlich mal einer ausspricht.“

Linke: "Versagen im Umgang mit rechtsextremer Gewalt"

Die Tat von Hanau sei nach einem Jahr immer noch nicht vollständig aufgearbeitet, sagte Deniz Celik von der Linken-Fraktion. Angehörige der Opfer fühlten sich bei der Rekonstruktion der Tatumstände allein gelassen. Im „behördlichen Umgang mit rechtsextremer Gewalt“ zeige sich erneut „ein systematisches Versagen“. Rassismus müsse „mit der ganzen Härte des Rechtsstaates“ begegnet werden, sagte die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein.

„Nach wie vor sind Menschen inmitten unserer Gesellschaft bedroht, sie können sich nicht sicher fühlen vor rechtsextremen und rassistischen Angriffen und Morden“, sagte Maryam Blumenthal von den Grünen. „Wir müssen alles dafür tun, diese Kontinuität des rechten Terrors zu beenden."

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Am 19. Februar 2020 hatte der 43-jährige Deutsche Tobias R. in Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln an mehreren Orten in der Stadt erschossen, bevor er mutmaßlich seine Mutter tötete und anschließend sich selbst. Zuvor hatte er Pamphlete und Videos mit Verschwörungstheorien und rassistischen Ansichten im Internet veröffentlicht.