Wohltätigkeit

Hamburger paddeln für den Kampf gegen den Brustkrebs

| Lesedauer: 5 Minuten
Peter Wenig
En Zeichen der Hoffnung setzen im Kampf gegen den Brustkrebs: Trotz schlechten Wetters war der Zuspruch am Sonntag auf der Alster hoch.

En Zeichen der Hoffnung setzen im Kampf gegen den Brustkrebs: Trotz schlechten Wetters war der Zuspruch am Sonntag auf der Alster hoch.

Foto: Marcelo Hernandez / MARCELO HERNANDEZ / FUNKE Foto Services

300 machen mit bei „Hamburg wird pink“ auf der Alster. Auch die Ruder-Gesellschaft Hansa engagierte sich mit einer Regatta.

Hamburg. Den Abend zuvor hatte Susan Sommerfeld (37) im UKE verbracht. Ärzte informierten Betroffene über Therapien gegen Krebs. Sport, so eine zentrale Botschaft der Experten, verbessere die Heilungschancen.

So gesehen machte die Hamburgerin, die inzwischen in Pinneberg wohnt, alles richtig, als sie am Sonntag mit 300 Gleichgesinnten trotz Nieselwetters auf ihr Board in die Alster stieg. Gekleidet waren fast die meisten in Rosa, seit den 1990er-Jahren weltweit die Farbe der Hoffnung im Kampf gegen Brustkrebs.

Dampfer für die Kranken

Die PR-Agentur Hesse und Hallermann hatte mit dem Mammazentrum am Krankenhaus Jerusalem zum vierten Mal die Veranstaltung „Hamburg wird pink“ organisiert, inklusive eines Alsterdampfers für Erkrankte, die nicht fit genug für diesen Sport waren.

Viele Betroffene mögen aus verständlichen Gründen über ihre Krankheit nicht reden. Susan Sommerfeld schreibt dagegen sogar seit 2014, als sie die Diagnose Brustkrebs erhielt, einen eigenen Blog (www.su-mmerfield.net). Minutiös protokolliert sie ihren Kampf gegen den Tumor.

Ihre Gefühle („Ich fühle mich als Versager, fange immer wieder an zu weinen, ob in der Küche beim Brotschneiden oder im Bad beim Händewaschen“), den ersten Friseurbesuch nach den Chemotherapien („Mein erster Haarschnitt. Es fühlte sich an, als würde etwas Neues anfangen, ein neuer Lebensabschnitt.“), mangelnde Sensibilität mancher Ärzte („Oben anziehen, unten freimachen, auf den Stuhl bitte!“).

2018 kehrte der Krebs zurück. Metastasen in der Wirbelsäule, am Hals. Doch ihr Optimismus blieb. Susan Sommerfeld hat ihre Arbeitszeit nach dem Wechsel zu einer Medizintechnikfirma auf 30 Stunden reduziert. Früher, sagt die studierte Anglistin, sei sie „vernarrt darin gewesen, die Karriereleiter hochzuklettern“. Vorbei. Jetzt freut sie sich auf jeden Tag, den sie mit ihrem Freund am Meer verbringen kann. Immer im Kofferraum: ihr Board fürs Stand-up-Paddling.

Nur jede zweite Frau geht zum Mammografie-Programm

Auch Prof. Christian Schem hatte sein Board dabei, sogar in der Farbe Pink. Für den leitenden Arzt am Mammazentrum sind Aktionen wie „Hamburg wird pink“ so wichtig: „Wir müssen versuchen, mehr Frauen für die Früherkennung zu sensibilisieren.“

Der Mediziner bedauert, dass in Hamburg nur jede zweite Frau zwischen 50 und 69 am Mammografie-Screening-Programm teilnimmt – trotz schriftlicher Einladung der Kassen. In anderen Bundesländern ist die Quote deutlich höher. „Dabei steigen die Heilungschancen bei Brustkrebs um ein Vielfaches, wenn der Tumor früh erkannt wird“, sagt Schem. Wenn noch keine Lymphknoten in den Achseln befallen sind, könnten bis zu 90 Prozent der Patientinnen geheilt werden.

Krank trotz gesunder Lebensführung

In Hamburg erkranken jedes Jahr 2000 Frauen an Brustkrebs. Der Vorteil im Mammografie-Screening liege, so Schem, in der Chance, die Veränderungen der Bilder zu vergleichen. Viel Sport, gute Ernährung, wenig Alkohol, keine Zigaretten – all dies, sagt Schem, erhöhe die Chance, nicht zu erkranken. Allerdings könne man trotz sehr gesunder Lebensführung Brustkrebs bekommen. So wie Susan Sommerfeld.

„Wenn dir das Leben Zitronen gibt, mach einen Smoothie draus“, notierte sie nach der Rückkehr des Krebses in ihrem Blog. Zum Geburtstag schrieb ihr Freund „Nicht die Jahre im Leben zählen, sondern das Leben in den Jahren.“ Sie ist glücklich, dass ihr Lebensgefährte immer zu ihr stehe: „Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht gemeinsam lachen oder über uns lachen.“ Auch ihr Freund stieg gestern auf ein Board, obwohl er diesen Sport bei schlechtem Wetter nicht so sehr mag.

Tun, was das Herz einem sagt

Aufschieben will sie nichts mehr: „Nie mehr gesund zu werden, hat mir gezeigt, dass ich immer das tun sollte, was mein Herz mir sagt.“ Im Abstand von vier Wochen erhält sie nun hormonhemmende Injektionen, die die Ausbreitung der Tumorzellen stoppen sollen. Derzeit, sagt sie, gehe es ihr richtig gut. Aber Susan Sommerfeld weiß, dass sich das wieder ändern kann. Bloggen will sie dennoch weiter und zugleich informieren über Themen wie Ernährung oder Unterstützung in finanziellen Notlagen: „Auch wenn mir diese Informationen vielleicht irgendwann nichts mehr nutzen werden, können sie Betroffenen helfen.“

Auch die Ruder-Gesellschaft Hansa engagierte sich am Sonntag mit einer Regatta im Kampf gegen den Krebs. Andy Grote, Senator für Inneres und Sport, stieg in einen Vierer. Genüsslich zitierte der ebenfalls teilnehmende Sportstaatsrat Christoph Holstein seinen Senator auf Facebook: „Das Rennen hat gezeigt, dass es manchmal sinnvoll sein kann, zu trainieren.“ Worauf Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof schrieb: „Man liest recht wenig über euer Abschneiden.“ Sein Kollege Holstein konterte mit einem Foto der Siegerehrung: „Voll sozialistisch: Gold für alle.“

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