Hamburg. Das städtische Unternehmen „Fördern & Wohnen“ (F&W) möchte bis 2024 zwischen Veddel und Wilhelmsburg für rund 100 Millionen Euro ein neues Wohnquartier schaffen. Im „Hafenbahnpark“ sollen 350 Wohnungen entstehen. Für das rund 1,55 Hektar große Grundstück hat „Fördern & Wohnen“ einen städtebaulichen Wettbewerb durchgeführt. Nun steht der Gewinner fest.
Das Berliner Architektenbüro LIN Architekten Urbanisten überzeugte die Jury mit einer Kammstruktur aus 16 unterschiedlich hohen Wohnhäusern mit dazwischen liegenden Gassen. Die Bauweise soll auf typische Hamburger Wohnterrassen, wie etwa Falkenried, anspielen. Mehrere Freiflächen sollen Begegnungsräume schaffen. Der Entwurf sieht eine Struktur vor, die sich „zur Umgebung öffnet und zum Besuch einlädt“.
Überwiegend öffentlich geförderte Wohnungen
Das Besondere: Es wird nicht den üblichen Drittelmix geben. Normalerweise sind Investoren angehalten, bei großen Bauvorhaben in Hamburg mindestens ein Drittel Sozialwohnungen zu bauen. Ein weiteres Drittel sollen frei finanzierte Mietwohnungen und ein Drittel dürfen Eigentumswohnungen sein. „Beim Hafenbahnpark werden überwiegend öffentlich geförderte Wohnungen entstehen“, sagt Arne Nilsson, Sprecher der Geschäftsführung von F&W.
Nur rund ein Fünftel soll frei finanzierte Wohnungen sein, der Rest sei geförderter Wohnraum, beispielsweise für Menschen mit Behinderung, Obdachlose, Senioren oder Einwanderer. „Das hat auch bei der Gestaltung des Quartiers eine große Rolle gespielt“, sagt Nilsson. Ein lebendiger Austausch zwischen den Bewohnern soll ebenfalls gefördert werden.
„Der Entwurf reagiert mit einer klaren, lärmschützenden Kontur nach außen und schafft im Innern eine vielgestaltige Wohnwelt“, sagt Franz-Josef Höing. Der Oberbaudirektor freue sich sehr über das neue Quartier. „Es entsteht ein ungewöhnliches Wohnprojekt an einem ungewöhnlichen Ort“, sagt Höing. Eine zusammenhängende Gebäudeeinheit mit Laubengängen soll das Quartier vom Lärm des östlich gelegenen Bahndamms abschirmen. Zu dem Lärm von den Gleisen komme noch, dass das Grundstück „in zweiter Reihe“ stehe und „ein wenig versteckt“ sei.
Vom Lärm abgewandt
Das rechtfertige aber keine lieblose Planung. „Genau für solche Orte und für Menschen, die es nicht so einfach haben, ist es besonders wichtig, nicht nur ein großes Haus zu bauen, in das alle reingestopft werden“, sagt Höing. Die Planer hätten lange überlegt, wie es machbar ist, mit überschaubaren finanziellen Mitteln in einer solchen Lage qualitativ hochwertige Wohnungen entstehen zu lassen.
Das sei ihnen gelungen. Die Wohnungen werden vom Lärm abgewandt nach Westen ausgerichtet sein und in modularer Bauweise entstehen. „Drum herum wird auf dem autofrei angelegten Gebiet ein feinmaschiges Netz aus Gassen und Wegen entstehen“, so Höing. Der jetzige Entwurf sei aber noch nicht als finale Architektur zu verstehen, sondern viel mehr eine städtebauliche Idee.
Baubeginn 2020
„Im nächsten Schritt folgt die architektonische Spezifizierung und der Abriss der Bestandsgebäude“, sagt Nilsson. Momentan befinden sich auf dem Areal noch Wohnhäuser mit 72 Wohnungen aus den 70er-Jahren, deren Sanierung nicht wirtschaftlich sei. Zwei davon stünden schon leer und sollen bereits im April oder Mai abgebrochen werden. Die derzeit noch rund 250 Bewohner auf dem Gelände sollen entweder vor Ort in fertige Bauabschnitte umziehen oder Wohnungen in der Nähe angeboten bekommen. Der Baubeginn ist für 2020 geplant. Als Erstes soll dann der Gebäuderiegel im Osten errichtet werden.
Keine Trennung zwischen privat und öffentlich
„Der dient auch dem Schallschutz“, sagt Balthasar Weiß, Projektleiter beim Berliner Architektenbüro LIN Architekten Urbanisten. Hinter dem Langhaus sollen dann mehrere zusammenhängende, modular errichtete Gebäude entstehen. Das unterscheidet den Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs auch von seinen vier Mitbewerbern. „Die anderen Entwürfe haben alle mit Blockrandbebauung gearbeitet“, sagt Weiß.
Das Konzept seines Büros mit einzelnen Terrassenhäusern biete dagegen viel Raum für Grünflächen ohne eine deutliche Trennung zwischen privatem und öffentlichem Raum. Zwischen den Gebäuden sollen „grüne Fugen“ liegen. Von Rasenflächen, Gräsern, Bäumen bis zu Staudenpflanzungen.
„Vor allem sollen aber Spielflächen entstehen“, sagt Weiß. Durch eine Kombination von hoher baulicher Dichte, einer sozialen Mischung und Teilen der Erdgeschosse, die gewerblich und gemeinschaftlich genutzt werden sollen, entstehe ein lebendiges Quartier, das sich mit dem Bestand verknüpfe und zur Aufwertung der Umgebung beitrage. Die besondere Lage zwischen Innenstadt und dem neuen Zentrum in Wilhelmsburg sowie der guten Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel böten gute Voraussetzungen dafür, sagt Balthasar Weiß.
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