Hamburg. Er machte es dramatisch: Das „letzte Video für lange Zeit“ kündigte YouTuber ApoRed an. Doch darin ist von U-Haft noch nichts zu sehen.

Die Nachricht hatte in der deutschen YouTube-Szene eingeschlagen wie eine Bombe, Videos zu dem Thema trendeten sofort: U-Haft für ApoRed, weil der Hamburger nach einem üblen Scherz mit einer Bombe am Dienstag erst gar nicht zum Prozess erschienen war. Jetzt behauptet er in einem neuen Video: Er habe den Termin nicht geschwänzt, er habe entschuldigt gefehlt. Vom Gericht hieß es am Freitag, einen neuen Termin gebe es noch nicht. Zum übrigen Sachstand könne man keine Angaben machen.

An Selbstbewusstsein hat es Ahmad Ahadi, deutlich besser bekannt als ApoRed, noch nie gemangelt: Im Zweifelsfall sind die anderen Schuld. So auch jetzt. Am Donnerstagabend veröffentlicht der junge Hamburger ein Video mit dem Titel „ApoRed wird verhaftet und muss ins Gefängnis“, in dem er hart mit den „Pressemedien“, ganz explizit mit dem „Hamburger Abendblatt“, ins Gericht geht: „Ihr habt einfach Lügen verbreitet.“

Vor Gericht war von entschuldigtem Fehlen nichts zu merken

Er stellt klar: Das Video seines „Bombenpranks“, mit dem er so viel Kritik ausgelöst und das ihn vor Gericht gebracht hat, hatte er nicht nach dem Anschlag von Nizza veröffentlicht, sondern am Tag des Anschlags. Damit hat er Recht – aber niemand hatte behauptet, er hätte das Video als Reaktion auf Nizza gedreht. Und die meisten Zuschauer hatten erst nach dem Anschlag die Szenen gesehen, in denen er Fremden eine Tasche mit einer vermeintlichen Bombe neben die Füße wirft und davon läuft.

Er behauptet nun aber auch, er habe den Gerichtstermin nicht einfach ignoriert. Am Dienstag war der Prozess gegen ihn und seinen Kumpel Jan H. angesetzt. Richterin und Staatsanwältin warteten, diskutierten, ob es Verkehrsprobleme geben könnte. Sie ließen auch eine Mitarbeiterin zwei Mal nachsehen, ob die beiden Angeklagten doch noch eingetroffen sind. Draußen saßen die Zeugen, eine Frau aus einem Video, die einen immensen Schrecken erlitten hatte. Deshalb sind ApoRed und der Partner bei dem Video auch wegen Körperverletzung angeklagt, dazu wegen Nötigung und Störung des öffentlichen Friedens.

Nach einigem Warten fragte die Richterin die Staatsanwältin: „Wollen Sie Haftbefehl beantragen?“ Die wollte. Bedenken wegen der Verhältnismäßigkeit habe sie nicht, erklärte die Richterin. Sie sagte auch: „Wir wollen ja nicht, dass die Zeugen ein zweites Mal vergebens kommen.“ Das heißt: Sitzen die Angeklagten hinter Gitter, versäumen sie einen neuen Termin garantiert nicht.

ApoRed hatte auf mehrere Anfragen nicht reagiert

Doch ApoRed erklärt nun: „Die Wahrheit ist aber: Ich konnte nicht kommen, und ich bin auch entschuldigt, und das wird auch eingereicht.“ Unsere Redaktion hatte bereits am Donnerstagmorgen eine Anfrage an das Gericht gestellt, wann der Haftbefehl vollstreckt wird. Eine Antwort steht noch aus. Nach Informationen unserer Redaktion hatte es aber Unmut über die Berichterstattung gegeben: Es hatte sogar die Befürchtung gegeben, die Nachricht über eine bevorstehende Verhaftung könne dazu führen, dass sich ein Angeklagter absetzt.

ApoRed hatte auf mehrere Anfragen unserer Reaktion nicht reagiert. Den eigentlichen Vorwurf, dass es mehr als geschmacklos ist, Menschen vorzutäuschen, auf sie würde gerade ein Bombenanschlag verübt, ließ ApoRed schon im vergangenen Jahr nicht gelten. Die psychische Brutalität seines Handeln ist ihm entgangen.

Der YouTuber kokettiert aber offenbar noch mit seiner Situation: Am Mittwochabend hatte er ein schwarzes Bild auf Instagram gepostet und sein „letztes Video für eine lange Zeit“ angekündigt. Dieses Posting hat er inzwischen wieder gelöscht. Und mit dem YouTuber Mazdak war er sich nach dessen Schilderung in einem Telefonat einig gewesen, „dass so ein Scheiß, das heißt nicht zum Gerichtstermin erscheinen, eigentlich gar nicht zu Untersuchungshaft führen kann“. Kann das Fernbleiben aber sehr wohl.

ApoRed in der Szene für viele rotes Tuch

Dramatisierungen und Übertreibungen klicken sich besser, ApoRed ist mit seiner Masche aber auch in der Szene für viele ein rotes Tuch. Am Wochenende hatte er ein Video veröffentlicht mit dem Titel „Die 50.000 Euro Strafe...“ und hatte sich beklagt, man wolle ihn „roasten“. Auch das war eine maßlose Übertreibung. Die Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein hat zwar ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen ihn eröffnet, weil er trotz mehrfacher Hinweise auf diversen Plattformen kein korrektes Impressum angegeben hat. Nachdem jetzt sein Netzwerk mit voller Adresse angegeben ist, wird aber neu geprüft. „Wenn das Impressum nun ordnungsgemäß ist, ist es möglich, das Bußgeldverfahren einzustellen.“

Auf den Verstoß bei der Impressumspflicht gestoßen, waren die Medienwächter bei WDR-Recherchen zu Gewinnspielen, bei denen der Verdacht bestand, dass die ausgelobten Preise niemand erhält. Auch da ist ApoRed aber laut Medienanstalt ungeschoren davon gekommen: Seine problematisierten Gewinnspiel-Videos sind mittlerweile nicht mehr öffentlich zugänglich, „so dass kein Verstoß mehr vorliegt“.