Das UKE ist in den kommenden beiden Jahren lizenziertes Untersuchungszentrum des Deutschen Olympischen Sportbundes. Eine große Chance

Eppendorf. Das Gespräch hat gerade erst begonnen, da wird Caroline Werkmeister schon unterbrochen. Die Tür geht auf, ein Physiotherapeut lugt herein, möchte sie sprechen, „wirklich nur kurz“. „Ist es ganz dringend?“, fragt Werkmeister, seufzt und huscht hinaus, um zwei Minuten später wieder in ihr Büro zu eilen. „Es geht hier manchmal zu wie im Taubenschlag“, sagt sie.

Die 38-Jährige ist Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie, sie leitet das Athleticum am Uniklinikum Eppendorf (UKE). Dass es hier oft schneller gehen muss als in einer gewöhnlichen Praxis, hat mit den Bedürfnissen einiger Patienten zu tun: Zwar behandeln Werkmeister und ihre Kollegen auch ambitionierte Freizeitsportler, doch bekannt ist die Einrichtung vor allem, weil sie die Fußball-Bundesligamannschaft des HSV und andere Wettkämpfer medizinisch betreut.

Bei Beschwerden oder Verletzungen ist Eile angesagt, um die Sportler rechtzeitig bis zum nächsten Spiel oder Turnier wieder fit zu machen. „Das kann sehr anstrengend sein, weil alle Mitarbeiter besonders konzentriert sein müssen, aber es macht auch viel Spaß“, sagt Werkmeister. Künftig kommen auf ihr etwa 20-köpfiges Team aus Ärzten, Sportwissenschaftlern und Physiotherapeuten weitere Herausforderungen zu: Denn das UKE ist in den kommenden zwei Jahren lizenziertes Untersuchungszentrum des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Zur Einordnung muss man wissen, dass sich die meisten Athleten aus dem Bundeskader und aus den Landeskadern einmal pro Jahr medizinisch untersuchen lassen müssen, um starten zu dürfen. Zu welchem Arzt die Spitzensportler gehen, ist ihnen freigestellt, sofern die Untersuchung nach den Vorgaben des DOSB abläuft. Für die Kosten kommt der DOSB aber nur auf, wenn der Sportler sich in einem lizenzierten Zentrum untersuchen lässt.

Finanziell ist das für die 24 Zentren in Deutschland weniger von Bedeutung, denn der DOSB überweist ihnen gerade einmal 160 Euro pro Untersuchung. Der Imagegewinn wiegt dies aber mehr als auf: Wer kann schon von sich behaupten, künftige Olympia-Stars zu betreuen? Und auch wenn nur eine Untersuchung pro Jahr vorgeschrieben ist, dürften etliche Athleten öfter vorbeischauen. In Hamburg lag die Lizenz jahrzehntelang beim Institut für Sport- und Bewegungsmedizin (ISB) der Universität Hamburg, beziehungsweise bei den Vorläufereinrichtungen des ISB. Zuletzt erweiterte der DOSB die Lizenz. Nun kooperiert das von Sportmediziner Prof. Klaus-Michael Braumann geleitete ISB mit dem Uniklinikum. Wie die Zusammenarbeit im Detail aussehen könnte, müsse noch geklärt werden, sagt Braumann. Grundsätzlich gelte aber: „Die allgemeinmedizinische und leistungsphysiologische Betreuung, die wir für Athleten anbieten, wird nun ergänzt und erweitert durch die orthopädische und traumatologische Versorgung am UKE.“

Tatsächlich könnte hinter der Kooperation noch eine weitere Motivation stecken. Bei der Neuvergabe der Lizenz in Hamburg gab es mehrere Mitbewerber. Gefahr drohte Braumann insbesondere durch das Asklepios Institut für Sportmedizin & Prävention in St. Georg. Bereits seit Anfang 2013 arbeiten Asklepios-Kliniken in Hamburg offiziell mit dem Olympiastützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein (OSP) zusammen; im Institut für Sportmedizin & Prävention wurden schon etliche Kaderathleten mit akuten Verletzungen behandelt. Solche Leistungen konnte das ISB nicht bieten. Dem Vernehmen nach führte dieser zunehmende Konkurrenzdruck dazu, dass sich ISB und UKE zügiger als geplant annäherten. Gemeinsam setzten sich die beiden Einrichtungen schließlich durch.

Entscheidend für den Erfolg waren allerdings wohl weniger die medizinische Ausstattung und die Zahl der behandelnden Ärzte. Vielmehr gab die Anbindung an die Wissenschaft, mit der Braumann & Co. wuchern konnten, den Ausschlag. Nun ist der Angriff von Asklepios abgewehrt – vorerst. Bei der Konkurrenz nimmt man es sportlich, äußert aber auch Kritik: Klaus-Michael Braumann sei ein „sehr erfahrener Kollege“, den er überaus schätze, sagt Dr. Michael Ehnert, Leiter des Asklepios Instituts für Sportmedizin & Prävention. Gleichwohl wünsche er sich eine andere Situation. „Im Sinne der Sportler wäre es sicher wünschenswert, wenn der DOSB die Lizenz an mehrere engagierte Einrichtungen vergeben würde und sie nicht auf eine Einrichtung beschränkt.“

Er betont, es gehe ihm um die „bestmögliche medizinische Versorgung der Kaderathleten des OSP, von denen die überwiegende Mehrheit von uns betreut wird“.

Derweil begrüßt Caroline Werkmeister am UKE die ersten Kadersportler. Zum Beispiel Nils Vorberg. Der 15-jährige Ruderer hat Anfang des Jahres den Sprung in den D-Kader Hamburg/Schleswig-Holstein geschafft und sich zuletzt „physisch und mental unheimlich stark entwickelt“, wie sein Trainer Michael Spoercke sagt. Nun absolviert Vorberg im Athleticum einen Leistungstest. „Die Untersuchung ist zum einen wichtig, um Informationen über den Trainingsstand und den Fortschritt zu bekommen. Auf Basis der Daten wird der Trainer dann das spezifische Trainingsprogramm ausarbeiten“, erläutert Werkmeister. „Zum anderen schauen wir unter präventiven Gesichtspunkten nach Schwachstellen.“

Sollten sich Probleme zeigen, stehen zehn Physiotherapeuten bereit. „Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Koordination, Stabilisation – all das können wir hier mit den Sportlern trainieren“, sagt Physiotherapeutin Tatjana Jaenecke und führt vorbei an Sandsäcken und Seilzügen. Caroline Werkmeister ist schon beim nächsten Patienten. Es musste wieder schnell gehen.