Seit Mittwoch läuft eine Meinungsumfrage in Hamburg und Berlin. Sie gilt als bedeutend für die Entscheidung, wer Olympia-Stadt werden soll.

Hamburg oder Berlin? Mit welcher Stadt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ins Rennen für die Spiele 2024 geht, hängt auch stark von der Stimmung in den beiden Metropolen ab. Seit diesem Mittwoch läuft eine Umfrage unter den Einwohnern. Ihr Ergebnis gilt als starkes Argument im Präsidium des DOSB – für oder gegen eine Stadt. Die endgültige Entscheidung über den deutschen Bewerber fällt dann auf der außerordentlichen DOSB-Mitgliederversammlung am 21. März in der Frankfurter Paulskirche.

Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragt nun im Auftrag des DOSB jeweils 1500 Menschen in Hamburg und Berlin. Per Telefon werden die Mitarbeiter aus der Zentrale in Dortmund und Berlin Bewohner der Städte anrufen. Schon ab 1000 Befragten gilt eine Umfrage als „repräsentativ“. Das bedeutet, die Interviewpartner spiegeln einzelne Gruppen in den Städten so gut es geht wider: Frauen und Männer, Alte und Junge, Arbeiter und Selbstständige, Auszubildende und Hochschulabsolventen, Arme und Reiche – so vertreten wie in diesem Fall auch unter den Einwohnern von Hamburg und Berlin insgesamt. Die Stichprobe muss also ein Miniatur-Hamburg wiedergeben. Ende Februar soll das Ergebnis bekannt gegeben werden.

Die Haushalte werden per Zufallsstichprobe ausgewählt, alles computergesteuert, wie es auf der Internetseite von Forsa heißt. Ganz entscheidend ist: Es werden nicht einfach nur 1500 Personen angerufen, von denen vielleicht 300 Befragte gar nicht ins Muster passen. Sondern das Institut wählt so lange Interviewpartner aus, bis am Ende 1500 Befragte repräsentativ ihre Meinung kundgetan haben.

Doch viel mehr als diese allgemeinen Regeln ist über die aktuelle Umfrage zu den Olympischen Spielen nicht bekannt. Auf Nachfrage des Abendblattes verweist Forsa an den Auftraggeber. Man sei zu Verschwiegenheit verpflichtet. Und auch beim DOSB hält man sich bedeckt. Würden jetzt schon die genauen Fragen des Meinungstests öffentlich bekannt, sei das schon eine Beeinflussung des Ergebnisses, heißt es. Und so ist nicht bekannt, wie lang der Fragebogen an die Interviewpartner ist und welche Fragen mit welchen Informationen genau gestellt werden.

Dabei hänge das Ergebnis der Umfrage genau von diesen Faktoren ab, sagt der Meinungsforscher und Chef des Instituts Mente Factum, Klaus-Peter Schöppner, dem Abendblatt. Jeder der Befragten sei unterschiedlich stark über Olympia informiert. Die meisten hätten aufgrund der bisher sehr unkonkreten Pläne nur wenige Informationen, aufgrund derer sie ihre Entscheidung für oder gegen die Spiele in ihrer Stadt treffen könnten. Schon die Intonierung einer Frage könne das Ergebnis beeinflussen, hebt Schöppner hervor. Würde beispielsweise in einer Frage auf die Kosten für den Bau der Wettkampfstätten hingewiesen, habe dies negativen Einfluss auf den Befragten. Und umgekehrt wirke sich positiv aus, wenn in einer Frage die Chance für den Tourismus durch die Spiele hervorgehoben werde. Deshalb plädiert Schöppner dafür: „Die Fragestellung sollte so nackt wie möglich sein.“ Also eigentlich nur: Sind Sie für oder gegen Olympia in Hamburg?

Für Olympia-Kritiker Dirk Seifert von (N)Olympia Hamburg macht eine Umfrage über die Stimmung für oder gegen Olympia derzeit wenig Sinn: „Ohne belastbare Informationen auch über die Risiken einer solchen Olympia-Bewerbung ist die Umfrage durch den DOSB eine Alibi-Veranstaltung, die letztlich niemandem hilft“, sagt Seifert. „Das ist reine Stimmungsmache für Olympia.“ Das Desaster mit der Elbphilharmonie müsse eine Mahnung sein, „bei Olympia nicht aus einer Partylaune heraus zu entscheiden“. Man brauche doch erst einen groben Überblick über die Kosten, bevor sich jemand für oder gegen etwas entscheiden könne.

Der Senat will nach eigenen Angaben erst Geld für Bewerbung und die konkrete Planung investieren, wenn überhaupt klar ist, ob Hamburg den Zuschlag für die Spiele erhält und sich die Menschen in der Stadt im Herbst in einem Referendum für Olympia aussprechen. Selbst wenn Hamburg am 21. März den Zuschlag erhielte, könne der Senat bis zum geplanten Referendum im September keine konkrete Zahl über die Kosten für die Spiele nennen, heißt es in der Senatskanzlei. Jetzt die Höhe der Kosten anzugeben sei unseriös. Die Haltung im Rathaus ist klar: Erst sollen die Hamburger sagen, ob sie Lust auf die Spiele haben, dann werde geplant. Nicht umgekehrt.

Meinungsforscher Schöppner hebt hervor, dass eine Umfrage zwar Risiken berge, am Ende aber immer auch einen guten Einblick in den „Meinungs-Mainstream“ geben könne. Umfragen könnten den politischen Entscheidern bei ihren Handlungen helfen, sie geben Grundsätzliches wieder. Ein Stimmungsbild, eine Momentaufnahme.

Im Bürgerentscheid über die Bewerbung Münchens für die Olympischen Winterspiele 2022 haben sich die Gegner durchgesetzt. Das Votum fiel Ende 2013 überraschend deutlich aus. In Hamburg wirbt die Stadt seit einigen Wochen auf Plakaten für die Spiele. Und die Stimmung bessert sich. 68 Prozent der Menschen halten die Spiele für einen Gewinn, heißt es in einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag der „Bild am Sonntag“. 37 Prozent gehen allerdings davon aus, dass sich die Stadt das sportliche Großereignis nicht leisten kann.