Um die Austragung der Segel-Regatten bewerben sich beide Ostsee-Häfen und setzen auf ihre Erfahrungen bei Wettfahrten

Hamburg. Wenn Hamburg Austragungsort der Olympischen Spiele wird, dann wird auf der Ostsee um Medaillen gesegelt – so viel steht schon fest. Ob allerdings auf der Kieler Förde oder in der Lübecker Bucht, das muss sich noch entscheiden. Denn die beiden schleswig-holsteinischen Segel-Hotspots Kiel und Lübeck bewerben sich beide darum, als Partner der Elbmetropole die Segelwettbewerbe ausrichten zu dürfen.

Generell gilt, dass Olympische Spiele stets Milliarden-Investitionen auslösen. Davon erhält der Austragungsort der Segelwettbewerbe auch einen Teil – schöne Aussichten für die Sportboothäfen an der Ostsee. Und deshalb putzen sich Kiel und Lübeck jetzt zur maritimen Brautschau heraus.

Kiel nennt sich selbstbewusst „Welthauptstadt des Segelns“. Kein Wunder, hat die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt doch schon doppelte Erfahrung mit Regatten im Zeichen der fünf Ringe. 1936 und 1972, als in Berlin und München die Sommerspiele ausgetragen wurden, kämpften die Segler vor Kiel um Medaillen. Außerdem richtet die Stadt mit der Kieler Woche seit mehr als 130 Jahren mit mehr als 4000 Aktiven die größte Segel-Veranstaltung der Welt aus und hat schon viele Welt- sowie Europameisterschaften einzelner Bootsklassen organisiert. Der Stadtteil Schilksee ist der einzige deutsche Segel-Olympiastützpunkt sowie Standort des bundesweit größten universitären Segelzentrums.

Unter dem Motto „Ein Boulevard bis hinauf aufs Meer“ will Kiel die bestehende Infrastruktur in Schilksee nutzen und noch weiter ausbauen. Und außerdem „neue Räume am Wasser“ schaffen: Das Gelände des ehemaligen Marinefliegergeschwaders in Holtenau ist „Kiels Perspektive auf neue urbane olympische Segelwettbewerbe“, heißt es in einer Imagebroschüre der Stadt, „modern, städtisch und visionär.“ Für Planung und Bau des olympischen Dorfes und der Wettkampfstätte gelten noch alle Freiheiten, eine Nachnutzung ist außerdem garantiert.

„Segeln ist in Kiel ein Sport mit Publikum“, werben Oberbürgermeister Ulf Kämpfer und die Verantwortlichen aus dem Rathaus, denn der Sport könne an den Stränden, Steilküsten oder mitten in der Stadt hautnah miterlebt werden. Finden Regatten weiter draußen statt, sollen sie mit Live-Tracking und modernster Kamera-Technik begleitet werden, sodass sie auch an Land erlebbar sind.

„Gemeinsam Segel setzen“ heißt die Kampagne der Hansestadt Lübeck für ihre schöne Tochter Travemünde. Auch hier möchten die Verantwortlichen mit Erfahrung, Nachhaltigkeit und kurzen Wegen punkten. Seit 125 Jahren finden in der Lübecker Bucht die Segelwettbewerbe der Travemünder Woche statt, rund 2000 Teilnehmer sind regelmäßig dabei. Außerdem war Travemünde auch schon häufig Austragungsort von deutschen und internationalen Meisterschaften. Die Einheimischen behaupten voller Überzeugung, „in der Lübecker Bucht eines der besten und anspruchsvollsten Segelreviere der Welt“ zu haben.

Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe erläutert den Vorteil, „dass wir die Wettbewerbe sehr gut sichtbar und nah an Land austragen können“. Bei der Travemünder Woche wird seit mehr als zehn Jahren das Konzept des strandnahen Segelns, der Trave Races und der Liveübertragung umgesetzt. So wird Segeln als Event mit Geschwindigkeit und spektakulären Wettkämpfen für die Zuschauer erlebbar gemacht.

Lübeck gehört zur Metropolregion und liegt unbestritten näher an Hamburg als Kiel. Der Zug fährt bis fast an den Kurstrand. Und die Stadt setzt auf Pragmatismus. „Wir können hier die Vorgaben des IOC perfekt umsetzen“, sagt Saxe. „Weg von Gigantonomie, Spiele mit Nachhaltigkeit, ökologischer und ökonomischer Vernunft. Das ist unser Trumpf.“ Ein Olympiadorf sei bereits geplant, denn der Investor habe zugesichert, sein Feriendorf für Olympia zur Verfügung zu stellen.

Es geht um den Priwall auf der anderen Trave-Seite, wo auch die Viermastbark „Passat“ liegt. Dort will der dänische Projektentwickler Sven Hollesen den Ferienpark „Priwall Waterfront“ bauen, die ersten Bagger rollen schon. Bis 2019 und für 130 Millionen Euro sollen 1548 Betten in mehr als 400 Apartments, Läden und Restaurants sowie Freizeitmöglichkeiten entstehen. Außerdem gibt es bereits 106 skandinavische Ferienhäuser im Park Landal Travemünde.

Die Entscheidung für Kiel oder Lübeck soll die schleswig-holsteinische Landesregierung treffen, Hamburg will sich wohl heraushalten. Beide Städte haben ihre Konzepte bei Innensenator Michael Neumann präsentiert. Erst wenn man national gewonnen habe, so heißt es aus dem Rathaus, werde Hamburg eine Betreibergesellschaft gründen, die sich auch ums Segeln kümmern und das beste Revier ermitteln solle.

Kiel und Lübeck haben die Unterstützung ihrer jeweiligen Handelskammern, und beide Städte wollen ihre Bürger über die Konzepte entscheiden lassen. Und an jedem Standort muss das Wetter mitspielen. Bei den Windbedingungen lassen weder Kiel noch Travemünde etwas auf sich kommen. Dass es während der Kieler und der Travemünder Woche aber sowohl Flauten- als auch Starkwindtage gibt und Regatten verschoben, abgebrochen oder gar ausfallen müssen, ist in den Wettfahrt-Protokollen nachzulesen. Mutter Natur ist eben unberechenbar, trotz aller Planungen bis ins letzte Detail.