Olympiastarter erinnern sich: Achim Griese ersegelte sich 1984 im Starboot zusammen mit Michael Marcour den zweiten Platz

Schon ein Jahr vor den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles hatten mein Vorschoter Michael Marcour und ich unser Ziel zumindest intern ziemlich klar formuliert: eine Medaille gewinnen. Genauer gesagt hatten wir Gold ins Auge gefasst. Das klingt aus der Distanz betrachtet ziemlich großspurig, hatte aber handfeste Gründe. Michael und ich segelten seit Anfang 1983 zusammen und hatten auf Anhieb großen Erfolg. Wir wurden im Starboot Vize-Europameister, Vize-Weltmeister und gewannen dann auf dem Olympiarevier vor Long Beach die vorolympischen Regatten. Dazu waren wir Erste in der Weltrangliste.

Im Sommer 1984 sind wir schon einige Wochen vor den Spielen nach Los Angeles geflogen und haben vor Long Beach sehr ausgiebig trainiert. Zwei Wochen vor der ersten Regatta aber habe ich Michael eingeladen, um mit mir nach Vancouver zu fliegen. Dort haben wir uns einen Kombi gemietet, in dem wir auch schlafen konnten, und haben die Wälder von British Columbia erkundet. Wir haben abends an einem Bach am Lagerfeuer gesessen und Steaks gegrillt. Wir konnten so richtig gut abschalten.

Als wir nach Los Angeles zurückkamen, waren wir richtig heiß aufs Segeln. Es standen sieben Wettfahrten auf dem Programm, nur ein Ergebnis konnte man streichen. Offenbar waren wir aber übermotiviert, denn wir leisteten uns gleich in der ersten Wettfahrt einen Fehlstart. Das war dann schon unser Streicher. Dazu kam, dass wir auf Vorwind- und Raumschotkursen weltweit die Besten waren, dafür aber auch kräftiger Wind nötig war. Genau der fehlte plötzlich. Also mussten wir unsere Taktik ändern, segelten verhalten und waren nach vier Regatten auf Platz vier.

Dann korrigierten wir wieder die Taktik, denn wir waren uns einig, auf gar keinen Fall Vierte werden zu wollen. Also hieß es Vollangriff, was uns auch gleich den Tagessieg einbrachte. Vor der letzten Wettfahrt war zwischen Platz eins und vier noch alles für uns möglich. Wie in den Regatten zuvor segelten wir wieder auf die rechte Seite des Kurses, die diesmal jedoch die falsche war. An der ersten Wendemarke lagen wir unter 23 Booten nur auf dem 13. Platz. Zum Glück kam dann aber ordentlich Wind auf, sodass wir unsere Stärken ausspielen konnten, Platz um Platz aufholten und als Tagesdritter die Silbermedaille hinter den Amerikanern Bill Buchon und Stephen Erickson gewannen.

Während der Spiele, in denen wir Segler in einem kleinen olympischen Dorf in Long Beach wohnten, hatte ich etwas Stress mit Bundestrainer Klaus-Peter Stohl. Er ließ uns morgens um sieben zum Frühsport antreten. Das machte ich nie mit und sagte ihm: „Ich bin zum Segeln und nicht zum Laufen hier.“

Als Segler waren wir leider ziemlich abseits vom sonstigen olympischen Geschehen. Immerhin nahmen wir an der Eröffnungsfeier teil, aber das fand ich entsetzlich. Wir mussten drei Stunden lang in einem dunklen Tunnel unter dem Stadion warten. Am Ende hatte ich das Gefühl, dass wir Sportler nur Statisten für eine gigantische Show waren.

Unmittelbar nach dem Medaillengewinn hatte ich keine Vorstellung davon, was dieser Erfolg wirklich bedeuten würde. Wir haben uns natürlich gefreut, aber ich habe nie damit gerechnet, dass mir die Silbermedaille noch heute, mehr als 30 Jahre später, immer noch anhaftet. Das zeigt sehr eindrucksvoll, welch unglaubliche große Bedeutung Olympische Spiele haben.

Das Segeln hat mir im Übrigen sehr viel für meinen Beruf als Immobilienkaufmann und Investor mit auf den Weg gegeben. Um erfolgreich zu sein, muss man sich gut vorbereiten, sich Gedanken machen, wie sich verschiedene Faktoren entwickeln und abschätzen. Wenn am Ende das, was man sich vorgestellt hat, aufgeht, ist dies ein unglaublich befriedigendes Gefühl. Da gibt es viele Parallelen.