Unternehmen fürchten, dass sie Flächen für Olympia räumen müssen. Und sorgen sich wegen Verkehrsproblemen und Lärmschutz durch Wohnungsbau

Als der Präsident der Unternehmensverbände Nord (UVNord), Uli Wachholtz, in der vergangenen Woche zum traditionellen Neujahrsempfang im Hotel Atlantic einlud, war das Interesse groß. Mehr als 500 Unternehmer, Politiker und Funktionäre folgten seiner Einladung. Besonders groß war die Zustimmung der Unternehmenslenker, als Wachholtz in seiner Rede auf Hamburgs geplante Olympiabewerbung zu sprechen kam: „Die Olympiabewerbung solidarisiert die Menschen in der Stadt, schafft Vorfreude und Zuversicht“, sagte der UV-Nord- Chef und erhielt dafür kräftigen Beifall. Die Mehrheit der Hamburger Wirtschaft ist dafür, die Spiele 2024 an die Elbe zu holen.

Nahe am Fluss sind aber Vorfreude und Zuversicht kaum zu vernehmen: Im Hafen reagieren die meisten Unternehmer zurückhaltend bis allergisch auf die olympischen Träume des Senats. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sie zwar wie alle anderen Firmen auch von den erhofften positiven Effekten der Weltsportveranstaltung, wie dem Ausbau der Infrastruktur, profitieren können, auf der anderen Seite aber auch die Hauptlast zu tragen haben. Olympisches Dorf, Stadion und weitere Wettkampfstätten sollen nämlich dort entstehen, wo sich heute noch die Hafenkräne drehen. Insgesamt 104 Hektar heutige Hafenflächen auf dem mittleren und dem östlichen Kleinen Grasbrook sollen für die Spiele am Wasser weichen.

Die Hafenwirtschaft muss Platz machen. Da sie aber nicht als Spielverderberin dastehen will, hat sie dem Projekt zugestimmt, dabei allerdings knallharte Bedingungen an den Senat formuliert. So fordern die Unternehmen vom Senat sofortige rechtsverbindliche Zusagen für eine Absicherung ihrer Investitionen, wie der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH), Gunther Bonz, erklärte. „Langfristige Investitionen mit einem langen Abschreibungszeitraum lohnen sich nicht, wenn die Unternehmen in drei Jahren ihre Flächen für den Bau von Wettkampfstätten räumen müssen“, lautet sein Argument.

Hafenwirtschaft stellt Bedingungen

Auch an die Nachnutzung des Geländes stellt die Hafenwirtschaft Bedingungen. Wohnungsbau sei wegen der Anforderungen an Lärmschutz und sonstige Emissionen ausgeschlossen. „Eine Nachnutzung darf keine Beeinträchtigung der benachbarten Betriebe zur Folge haben“, sagt Bonz. „Deshalb fordern wir: kein nachfolgender Wohnungsbau in Hafennähe.“ Schließlich will die Hafenwirtschaft keine betrieblichen und verkehrlichen Einschränkungen während des Baus der Olympiastätten hinnehmen. Daher soll die Materialversorgung der Großbaustelle für die Olympischen Spiele nur auf dem Wasserweg erfolgen.

Selbst die Handelskammer, die wesentlicher Treiber einer Olympia-Kandidatur Hamburgs ist, hat festgestellt, dass bei einer Bewerbung der Hansestadt die Interessen der Wirtschaft, insbesondere die der Hafenwirtschaft, angemessen berücksichtigt werden müssen. Hauptbetroffener im Falle einer Olympia-Ausrichtung wäre die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Sie ist Mieterin der Flächen auf dem Kleinen Grasbrook und beschäftigt dort 1000 Mitarbeiter. Das große Unikai-Lager der HHLA müsste einem Stadion für 70.000 Zuschauer weichen. Entlang des dahinterliegenden O’Swaldkais bis hoch zum Amerikahöft ist eine Schwimmhalle mit 15.000 Plätzen geplant. Davor Aufwärmflächen für die Athleten. Im Osten, wo das Frucht- und Kühlzentrum der HHLA jetzt noch Bananen, Ananas und Zitrusfrüchte aus Übersee bis zum Abtransport ins deutsche Hinterland lagert, sollen 2024 die Sportler im olympischen Dorf wohnen.

Gegen Wohnungsbau auf Olympia-Gelände

Eigentlich hat die HHLA aber andere Pläne in der Schublade. Denn der Autoumschlag am O’Swaldkai läuft gut und wächst jährlich um zwei bis drei Prozent. Deshalb überlegt das Hafenunternehmen, den alten Segelschiffhafen am oberen Ende des Kleinen Grasbrooks wieder flottzumachen. Da aber soll die Olympia-Schwimmhalle stehen.

Obgleich am meisten betroffen, ist die HHLA dennoch nicht das Hauptproblem. Hamburgs größter Hafenumschlagsbetrieb gehört nämlich zu 68 Prozent der Stadt. Und wenn der Mehrheitseigner hier Olympische Sommerspiele durchführen will, kann sich das Unternehmen schlecht dagegen sperren. Ganz anders ist der Fall bei den vielen privaten Betrieben gelagert, die in unmittelbarer Nachbarschaft zur HHLA und dem Kleinen Grasbrook ihr Quartier haben. Zum Beispiel beim Unternehmen C. Steinweg. Der Umschlagund Lagerbetrieb sitzt auf der Zunge des Kamerunkais. Seit 1858 wird hier Ware aus dem Seehandel umgeschlagen. Wegziehen müsste das Unternehmen im Falle eines Zuschlags für die Hamburger Olympiabewerbung wohl nicht. Dennoch macht sich Unternehmenschef Rainer Fabian Sorgen. „Zu uns kommt man über den Veddeler Damm und den Windhukkai. Das dürften auch die Hauptzufahrten während der Bauphase und der Spiele sein“, sagt er. Fabian fürchtet, dass die Straßen dann so verstopft sind, dass seine Kunden nicht mehr durchkommen. „Das wären ja nicht nur ein paar Wochen, sondern Jahre“, sagt er.

Fabians zweite Befürchtung ist, dass das Gelände auf dem Kleinen Grasbrook nach Abschluss der Olympischen Spiele für den Wohnungsbau genutzt wird. Genau das sehen die Pläne auch vor; allerdings soll in den Jahren nach 2025 hier ohnehin ein neuer Stadtteil entstehen. Konflikte seien also vorhersehbar, „auch wenn uns die Gegenseite weismachen will, dass es zu keinen Problemen kommt“. Die Handelskammer geht dennoch davon aus, dass der Kleine Grasbrook nach Olympia städtebaulich genutzt werden kann. „Es muss nur eine geeignete Scharnierfunktion zwischen Hafen und Wohnungsbau gefunden werden“, sagt Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz.