Der Plan von Mehr Demokratie, Hamburg in mehrere Städte aufzuteilen, stößt auf Beifall und Entsetzen.

Hamburg. Soll die Stadt in Einzelgemeinden zerlegt werden, um die Bezirke zu Einheiten mit echten Entscheidungsbefugnissen zu machen? Der Plan des Vereins Mehr Demokratie, diese Idee per Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl zur Abstimmung zu stellen, hat sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Während es hier und da in den Bezirken Zustimmung gibt, wird die Auflösung der 1937 von den Nationalsozialisten eingeführten Einheitsgemeinde im Rathaus mehr oder weniger deutlich abgelehnt.

„Wer die Stadt zerstört, verspielt Hamburgs Zukunft und gefährdet die Lebensgrundlage vieler Menschen“, sagte etwa CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich. „Der Verein sollte sich vielmehr darum kümmern, wie wir das Wahlrecht wieder so gestalten können, dass Bürger nicht vom Wählen abgeschreckt werden.“ Auch SPD-Fraktionschef Andreas Dressel hatte den Vorstoß der Initiative als absurd abgelehnt. Die Auflösung der Einheitsgemeinde könne auch zu großen finanziellen Verwerfungen führen, hieß es am Mittwoch aus der SPD. Zum einen müsste es bei einer Aufgliederung in Gemeinden einen kommunalen Finanzausgleich zwischen den Bezirken geben. Zum anderen würde Hamburg beim Länderfinanzausgleich dann anders bewertet.

Grüne, Linke und FDP in der Bürgerschaft sind zwar ebenfalls gegen die Schaffung echter Gemeinden, fordern aber eine Stärkung der Bezirke. „Wir sollten eine Debatte beginnen, wie man die Bezirke stärken und die Kompetenzen zwischen Behörden und Bezirken sinnvoll aufteilen kann“, sagte Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan. „Dabei gibt es viele denkbare Modelle zwischen einer zentralistischen Struktur und unabhängigen Gemeinden. Es ist in der Tat ein Problem, dass die Bezirke im Verkehrsbereich wenig mitreden und nicht einmal Verkehrsschilder umsetzen können. Deshalb wollen wir die untere Verkehrsbehörde in die Bezirke verlagern.“ Es sei aber wenig sinnvoll, die komplette Zerschlagung der bisherigen Verwaltungsstruktur zu betreiben.

Bezirkspolitiker finden, der Vorstoß gehe in die richtige Richtung

FDP-Fraktionschefin Katja Suding forderte eine starke kommunale Selbstverwaltung der Bezirke nach dem Vorbild Berlins. „Die Bezirke brauchen finanzielle Unabhängigkeit, um gestalten zu können. Wir fordern zudem die Direktwahl des Bezirksbürgermeisters.“ Die größeren Befugnisse der Bezirke sollten in der Verfassung mit denen des Senats für die gesamte Stadt in Einklang gebracht werden. „Die Einheitsgemeinde sollte dabei aber nicht infrage gestellt werden“, so Suding.

Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn wies darauf hin, dass die Wahlbeteiligung auch in den selbstständigen Kommunen Schleswig-Holsteins nicht höher gewesen sei. „Richtig ist, dass die Hamburgische Verfassung zu zentralistisch ist, dass Bürgerbeteiligungen oft nur Alibiveranstaltungen sind und dass Evokationen den Gestaltungsraum der Bezirksversammlungen stark einschränken“, so Heyenn. „Das muss geändert werden. Auch Berlin ist eine Einheitsgemeinde, in der die Bezirke aber weit mehr Rechte haben.“

Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg, sagte: „Unsere Handelskammer hat sich bislang stets für das Subsidiaritätsprinzip starkgemacht: Öffentliche Angelegenheiten sollen von der Ebene bewältigt werden, die das jeweils am besten kann.“ Zugleich aber sei „die Stadtstaatlichkeit Hamburgs ein großer Standortvorteil, denn er bietet für die Wirtschaft kurze Wege zu den Entscheidern“. Diese Wege dürften nicht künstlich verlängert werden.

Mehr Demokratie will Gesetzentwurf nach der Sommerpause vorstellen

Aus den Bezirksversammlungen kam Zustimmung. „Das ist ein faszinierender Gedanke“, sagte Roland Seidlitz von den Eimsbütteler Grünen. „Bezirke haben kaum eigenes Leben. Ich wünsche mir mehr Eigenständigkeit, in welcher Form, muss man sehen.“

Rüdiger Kuhn, CDU-Fraktionschef in Eimsbüttel, bewertete den Vorstoß ganz anders als der mögliche CDU-Bürgermeisterkandidat Dietrich Wersich. „Wir wollen mehr Kompetenzen und ein eigenes Haushaltsrecht, einen eigenen Bezirksbürgermeister“, so Kuhn. „Ob dafür eine neue Gesamtstruktur Hamburgs das Nonplusultra ist, kann ich noch nicht beurteilen. Aber die Richtung ist die richtige.“

Manfred Brandt vom Vorstand des Vereins Mehr Demokratie kündigte unterdessen an, dass die Initiative nach der Sommerpause einen Gesetzentwurf zur öffentlichen Diskussion stellen wolle. Anfang 2015 solle dieser dann feststehen. Da man einen Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl im September 2017 anstrebe, solle die Volksinitiative „Gemeinden für Hamburg“ dann spätestens im September 2015 offiziell an den Start gehen.

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