Auf der Internorga zeigen junge Firmen auch neue Ideen für Snacks. Im Trend: spezielle Angebote für Teilzeitvegetarier. Ein Kontrastprogramm findet man bei den Bremer Jungs von Smartwurst.

Hamburg. Die Chance, am Wochenende rund um die Hamburg Messe einen legalen Parkplatz zu finden, war gleich null. „Mit rund 1200 Ausstellern sind wir ausgebucht“, sagt Bianca Gellert, eine Sprecherin des Unternehmens. Für sie und ihre Kollegen sind es Großkampftage auf der Internorga, der Leitmesse für Gastronomie, Hotellerie, Gemeinschaftsverpflegung, Bäckereien und Konditoreien.

Denn spätestens hier, am Rande des Karolinenviertels, wird deutlich, wie viele Menschen tatsächlich in der „Gastro“ arbeiten und wie viele von diesem harten Geschäft wirtschaftlich abhängig sind. Das Sterben der alten Eckkneipe ist jedoch kein Thema auf der Internorga. Man guckt lieber zweckoptimistisch nach vorn. „Unsere Gesellschaft wird immer mobiler, daher liegen Snacks generell nach wie vor im Trend“, sagt Gellert, „wobei sich die Branche zunehmend auf Flexitarier einstellt, die zwischen tierischen und vegetarischen oder veganen Produkten switchen.“

Das größte Gedränge herrscht zwischen den kleinen Messeständen der Newcomer in der Halle B, Abschnitt 4, der innovativen Start-up-Unternehmen also, die meist mit viel Kreativität, häufig durch „Crowd-Funding“ finanziell angeschoben, ein möglichst großes Stück vom Kuchen ergattern wollen.

Doch von der Idee bis in die Gastronomie oder in den Handel dauert es häufig ein paar Jahre, eine Durststrecke, die Martin Nikolaus Sluk und Thomas Sebastian Spieler jetzt vielleicht hinter sich lassen können. Ihre Erfindung: Spätzle aus der Packung. Mit ein wenig Kraftaufwand wird der frische Teig in den drei Geschmacksrichtungen „natur“, „Bärlauch“ und „Chili“ durch sechs Löcher direkt ins kochende Wasser gedrückt. Mit ihrer Idee gewannen die Badener auf der Biofach-Messe in Nürnberg schon den Publikumspreis „Best-New-Product-Award“. Jetzt kommen ihre „frizle“in die Kühlregale, 500 Gramm für rund drei Euro.

Bio, natürlich, gesund, möglichst umweltverträglich und „fair“ gehandelt: Die jungen Start-up-Unternehmen geben sich nicht nur geschäftstüchtig, sondern handeln auch verantwortungsbewusst. Zumindest sagen sie, dass sie das tun, wie die Gewinner des zweiten Platzes des Internorga-Zukunftspreises, die mit „Guafair“ die gute alte Trinkschokolade revolutionieren wollen. Der Clou:

Dem Kakao ist Guarana beigemischt, "ein nachhaltiger Wachmacher, viel wirksamer als Kaffee", sagt der 26 Jahre alte Heiko Butz, der die Idee mit seinem Studienfreund Daniel Duarte während eines Auslandssemesters in dessen kolumbianischer Heimat austüftelte. Guarana gilt als idealer Wachmacher, besser als Kaffee: Denn das natürliche Coffein ist an Gerbstoffe gebunden und wird - im Gegensatz zum herkömmlichen Koffein - stets verzögert an den Organismus abgegeben. "Unser Kakao lässt sich aber auch prima mit Rum und Jägermeister mischen", sagt Butz lächelnd und macht damit ebenfalls klar, dass dieser Schokotrunk ausschließlich für erwachsene Genießer geeignet ist.

Mit einem sympathischen und durchaus zufriedenen Grinsen präsentiert auch der Hamburger Phillip Festge, 28, seine „Bite Box“,die ausgepowerten Büromenschen mehr Kraft und Freude für Überstunden bescheren soll. Diese „natürlichste Waffe gegen das 4-Uhr-Hungerloch“ (Firmenwerbung) ist eine Weiterentwicklung der altbekannten Snackbox, die mit herkömmlichen Süßigkeiten wie Gummibären und Schokoriegeln längst in vielen Kaffeeküchen aufgestellt wird. Aber die vielen „Bite-Box“-Knabbermischungen – von süß bis herzhaft – sind auf Basis moderner ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt worden und dementsprechend glutenarm, laktosearm und kalorienarm sowie teilweise vegan. Die Boxen in unterschiedlichen Größen kommen für einen Euro pro Mischung (etwa 100 Gramm) per Kurierdienst ins Büro und auch nach Hause.

Goldige Cola und Pinkel zum Grillen – Innovationen dürfen auch skurril sein

„Ich darf sagen, dass die Unternehmen Google und Paypal inzwischen zu unseren größeren Abnehmern zählen“, sagt Festge stolz, dessen persönlicher Favorit die „Bollywood“-Mischung ist – Cashewkerne mit Curry. Lustige Namen („Johannes B. Körner“ etwa steht für geröstete Sonnenblumenkerne) haben übrigens alle. Gar nicht lustig findet dagegen ein Weinhändler die Nähe zum Messestand von Andreas von Froreich, einem Ex-Eventmanager, neuerdings Hamburger „Cola Rebell“, denn seine goldfarbene Power-Koffeinbrause („Wir haben einfach alles Schlechte aus der Cola rausgelassen, also auch die Zuckercouleur!“) wird von einer ebenso goldigen Maid angepriesen, die bis auf einen knappen Slip nackt ist, aber irgendwie dann doch sittsam von den Haar- bis zu den Zehenspitzen bemalt. Der vielstimmige Tenor, der aus der männlich dominierten Menschentraube zu vernehmen ist, lautet: „Sehr süß!“

Ein Kontrastprogramm findet man bei den Bremer Jungs von Smartwurst, die es dank ihres Wursttoasters geschafft haben, aus dem Start-up-Bereich in die „richtige Messelandschaft“ vorzudringen. Rund 1000 Stück (à rund 1000 Euro) ihres Würstelbraters haben sie bereits abgesetzt, dazu eine limitierte „private Edition“ (200 Stück). Jetzt wollen sie ihre Produktpalette erweitern: Neben der klassischen Bratwurst finden sich daher nun unter anderem auch Krakauer, Geflügel- und Gyros-Bratwürste und echte norddeutsche „Grillpinkel“ im Angebot sowie Rind- und Schweinefleischspieße.

Wer auf geschmackliche Unterschiede weniger Wert legt, ertränkt den fleischigen Snack jeweils in der „Männermarmelade“, einer „sehr scharfen Curry-Chilli-Sauce, die garantiert hält, was sie verspricht“, sagt Felix Rennies, einer der Firmengründer. Klar, dass er mit der Sauce mit mindestens einem Auge auf den Getränkeumsatz der jeweiligen Gastwirtschaft schielt; das nennt man gegenseitige Bereicherung.

Aber Innovationen gehen nicht nur durch den Magen, sondern machen schon mal an den Lippen halt. Die hübschen bunten Trinkhalme aus Papier von green mood sehen nicht nur auf Festtafeln oder Kindergeburtstagen nett aus, sondern sind auch 100-prozentig kompostierbar. So wie auch die italienische Erfindung „Napkin“ („Serviette“), die als kleine Pille daherkommt und durch ein paar Wassertropfen zum duftenden Hauttüchlein mutiert. „Aber Vorsicht“, warnt Giancarlo Falanga, „mit kohlensäurehaltigem Mineralwasser funktioniert es nicht. Das riecht dann leider nicht so gut ...“