Wandsbek, Bahrenfeld und Rahlstedt gehören zu den Gewinner-Stadtteilen, auch andere Stadtteile verzeichnen Zulauf.

Hamburg. Wenn es nach Sönke Struck ginge, würde er beim Wohnungsbau die Anforderungen an den Klimaschutz nicht weiter erhöhen. Schon jetzt entwickelten sich die Baukosten zu einem Problem, in Hamburg bezahlbaren Wohnraum anzubieten, sagte der Vorsitzende des Landesverbands freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) am Donnerstag. Wenn Ende dieses Jahres die Energieeinsparverordnung verschärft wird, drohen die Baukosten um weitere 20 Prozent zu steigen.

Für den Verbandsfunktionär, der am Donnerstag in seine neue Funktion gewählt wurde, ist es ein Auftritt mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Die Zahlen, die der Verband mit seinen rund 200 norddeutschen Wohnungsbauunternehmen vorweisen kann, sind eigentlich gut. 2063 Wohnungen seien 2013 schlüsselfertig übergeben worden, berichtete Strucks Vorgänger Andreas Ibel. Das seien 50 Prozent mehr als im Jahr zuvor . Auch 2014 sehe es gut aus. „4393 neue Wohnungen sind geplant; das wären noch einmal acht Prozent mehr als 2013.“

Grundsätzlich, so seine These, habe Hamburg inzwischen einen entspannteren Wohnungsmarkt als noch vor einigen Jahren. In einigen Stadtteilen habe der Mieter inzwischen Auswahl zwischen mehreren Wohnungen.

Das Statistikamt Nord veröffentlichte am Donnerstag dazu passend eine Übersicht über Zu- und Wegzüge in den einzelnen Hamburger Stadtteilen. Darin wird deutlich, dass Stadtteile wie Rahlstedt, Wandsbek, Barmbek-Nord und Bahrenfeld ein deutliches Plus an Zuzügen haben. Zu den beliebten Stadtteilen gehören auch Eidelstedt, Bramfeld und Poppenbüttel (siehe Grafik).

Angesichts der Pläne der Bundesregierung, in Regionen, die von Wohnungsmangel betroffen sind, den Anstieg der Mieten per Gesetz zu begrenzen, wächst unter den Wohnungsbauexperten die Sorge, dass es mit dem boomenden Wohnungsbau in Hamburg rasch zu Ende sein könnte. „Immer dann, wenn die Investition in den Wohnungsbau attraktiv ist, wird mehr gebaut, und die Mieten fallen“, sagte BFW-Chef Storck. „Werden Investitionen durch Regulierungen unattraktiv, wird weniger gebaut, und die Mieten steigen.“ Die Mietpreisbremse sei so ein ernstes Hindernis für Investitionen, sagte Jan Behrendt von der Behrendt Wohnungsbau GmbH und erklärte, warum. Für Mietwohnungen und für den sozialen Wohnungsbau werde Kapital eingesammelt, das oft von Pensions- oder Versorgungskassen komme. Diese seien besonders verpflichtet, sich die Kapitalbedingungen der Zukunft genau anzuschauen. „Wenn jetzt die Miete gedeckelt und die Inflation nicht abgesichert wird, halten diese Anleger sich zurück.“

Bereits jetzt sei wegen der Mietpreisbremse eine Zurückhaltung von Investoren beim Bau von Mietwohnungen zu bemerken, ergänzte Andreas Ibel. „Eine Entspannung des Wohnungsmarktes ist aber nur durch verstärkten Neubau zu erreichen.“ Verlierer einer Mietpreisbremse wären paradoxerweise die Mieter, sagte Ibel.

Die Mieter hätten ohnehin bereits unter dem enormen Baukostenanstieg zu leiden. Um bis zu 40 Prozent seien in den vergangenen zehn Jahren die Erstellungskosten für eine Wohnung nach oben geklettert, sagte Struck. Dabei seien die letzten beiden Jahre mit einem Baukostenanstieg von 15 Prozent besonders dramatisch gewesen.

Der eigentliche Preistreiber sei allerdings der Staat mit seinen Verordnungen und Auflagen, sagte Struck. „Ein Teil der Energiewende wird derzeit auf Kosten der Immobilienwirtschaft umgesetzt.“ Hinzu käme eine Vielzahl von Vorschriften, die das Bauen verteuere. „Sie müssen in Hamburg beispielsweise Vorrichtungen schaffen, die das gesamte Regenwasser, das auf das Grundstück fällt, zurückhalten“, sagte Struck. „Für 20 Wohnungen sind das schnell 100.000 Euro zusätzlich.“

Besonders problematisch sei diese Entwicklung für den sozialen Wohnungsbau, fügte der BFW-Landesvorsitzende hinzu. Die staatliche Förderung halte mit dem Kostenanstieg bei Weitem nicht mit, sodass der Bau von Sozialwohnungen selbst für jene sich nicht mehr rechne, die nicht auf eine hohe Rendite aus seien.

Nicht zuletzt werden die hohen Umweltschutzauflagen vermehrt zu einem Problem für die Mieter. „Die Einsparungen bei der Energie werden durch andere Kosten aufgefressen“, sagte Struck.

Um Häuser gut zu belüften, wird beispielsweise Technik eingebaut, die normale Menschen nicht mehr verstehen. „Wenn etwas kaputt ist, müssen Spezialisten ran. Und das kostet.“