Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Sportliche Großereignisse wie Olympische Spiele und Fußball-Weltmeisterschaften sind ins Gerede geraten. Sie kosten Milliarden, den Nutzen für die Bevölkerung halten Kritiker dagegen für begrenzt. Nach ein paar Wochen zieht die Karawane weiter – und hinterlässt einen Haufen Schulden. Das finden vor allem in Europa immer weniger Menschen sexy, aber selbst im durchweg sportbegeisterten Brasilien protestierten im vergangenen Jahr Massen gegen ihrer Meinung nach unverhältnismäßig hohe Steuerausgaben für die WM 2014 und die Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro.

Die Stimmung in Deutschland scheint nicht grundlegend anders. Die Münchner votierten gegen die Winterspiele 2022. Und auch die große Euphorie, die Hamburgs Olympiabewerbung vor elf Jahren trug, ist verflogen. Immerhin würden laut einer repräsentativen Umfrage noch 59 Prozent der Hamburger eine erneute Kandidatur begrüßen. 2003 waren es 92 Prozent. Olympia hat Erklärungsbedarf.

Neue Konzepte sind gefragt, strukturell nachhaltige; finanzierbare Pläne, die auch in demokratischen Staaten Zustimmung finden. Das weiß das Internationale Olympische Komitee (IOC). Und ihr Präsident Thomas Bach ist deshalb entschlossen, Reformen auf den Weg zu bringen, damit Olympia künftig nicht nur in Diktaturen und Scheichtümern stattfinden kann. Olympische Spiele, sagt Bach, dürften nicht immer nach demselben Muster ausgetragen werden. Mit diesem Credo hatte der neue Herr der Ringe seine Wahl gewonnen. Ob und wann er sich aber mit seinen Ideen im traditionell konservativen IOC durchsetzt, muss abgewartet werden. Eher später als früher, ist zu vermuten.

Der aktuelle Vorschlag, Hamburg und Berlin sollten Olympia gemeinsam ausrichten, könnte zukunftsweisend sein. Der Sport als nicht nur völker-, sondern auch städteverbindende Kraft würde der olympischen Bewegung neue Impulse geben. Es wäre zudem ein Sieg über Eitelkeiten und Rivalitäten. „Wir können Olympia auch allein“, war am Sonntag die erste politische Reaktion aus Berlin. Das stimmt so nicht. Die Hauptstadt lebt auf Kosten des Rests der Republik.