Investor erwirbt 109 Häuser, darunter Büro- und Geschäftshäuser in Innenstadtlage. Einige könnten abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden.

Hamburg. Wenn es um Immobilien geht, dann gehört Dieter Becken zu den bekanntesten Investoren der Hansestadt. Nun ist ihm gemeinsam mit seinem Joint-Venture-Partner Castlelake der wohl größte Immobiliencoup des vergangenen Jahres in Hamburg gelungen. 109 Objekte umfasst das Kontor-Portfolio – darunter mehr als 30 Immobilien in besten Innenstadtlagen.

In etwa 50 Gebäuden sind Haspa-Filialen der Hauptmieter. Daran wird sich auch künftig nichts ändern: „Wir haben bereits im Jahr 2007 ein Großteil unserer Immobilien an einen amerikanischen Finanzinvestor verkauft und sind seitdem nur noch Mieter“, sagte ein Haspa-Sprecher am Montag auf Abendblatt-Anfrage.

Der Verkäufer ist der amerikanische Hedgefonds Strategic Value Partners (SVP). Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart, dieser dürfte nach Abendblatt-Informationen bei rund 350 Millionen Euro gelegen haben. Über den Preis spricht Dieter Becken nicht, aber über seinen Coup: „Wir haben uns in einem langwierigen europaweiten Bieterverfahren durchgesetzt“, sagte Becken.

Mit Castlelake hat Dieter Becken einen finanzstarken Partner an seiner Seite. Die Investmentfirma mit zurzeit 55 Mitarbeitern unter anderem in Minneapolis (USA) und London (Großbritannien), verwaltet aktuell nach eigenen Angaben mehrere Fonds mit einem Gesamtvolumen von 2,7 Milliarden US-Dollar.

Bis Dieter Becken und Castlelake den Zuschlag für das Kontor-Portfolio erhielten, war es ein langer Weg. Die Verhandlungen zogen sich über ein Jahr hin: „Wir haben viel Zeit und Arbeit in dieses Projekt investiert. Aber das hat sich ja nun bezahlt gemacht“, sagte Becken. Es soll zeitweise bis zu 20 Interessenten für das Immobilienportfolio gegeben haben.

Bei dem Kontor-Portfolio handelt es sich vor allem um Büro- und Geschäftsimmobilien, aber auch um Wohnhäuser in Hamburg. Weitere liegen in angrenzenden Gemeinden in Schleswig-Holstein und Niedersachsen.

Was hat Dieter Becken, der seit mehr als drei Jahrzehnten in Hamburg und anderen Großstädten als Projektentwickler erfolgreich ist, mit dem Immobilienportfolio vor? „Wir werden die Geschäfts- und Wohnhäuser verwalten, optimieren und veräußern.“ Becken sieht bei den jetzt erworbenen Immobilien ein „hohes Entwicklungspotenzial“. Das heißt auch, dass an einigen Standorten die bestehenden Gebäude abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden könnten. Becken: „Wir werden sämtliche Optionen prüfen.“

Dieter Becken begann vor 35 Jahren mit einem Zwölf-Quadratmeter-Anbau

Die Immobilien liegen beispielsweise an der Langen Reihe in St. Georg, am Großen Burstah nahe dem Rathaus, am Rödingsmarkt und am Glockengießerwall in Hauptbahnhofnähe, aber auch an der Waitzstraße in Othmarschen und am Winterhuder Marktplatz. Branchenexperten wie Andreas Wende, Geschäftsführer und Leiter Investment Deutschland der Savills Immobilien Beratungs GmbH, sprechen von einem „perfekten Portfolio“. Wende: „Attraktiv ist, dass die Immobilien über die gesamte Stadt verteilt sind und durchaus auch in zum Teil sehr guten Lagen vertreten sind.“ Nun sei es wichtig, dass Entwicklungspotenzial jeder einzelnen Immobilie zu bewerten, sagte Wende. Das die Haspa in einem Großteil der Objekte Hauptmieter ist, bewertet Wende positiv: „Es handelt sich um langjährige Verträge, und Banken sind immer noch ideale Mieter.“

Das Dieter Becken diesen Coup landen konnte, hängt wohl auch mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung zusammen. Seit 35 Jahren ist er in der Immobilienbranche aktiv. Sein erstes Projekt war der zwölf Quadratmeter große Anbau einer Postfiliale in Rellingen. Doch dann wurde er zu einem der Big Player der Branche. Spektakuläre Bürokomplexe wie der Berliner Bogen am Anckelmannsplatz, das Deichtorcenter an der Willy-Brandt-Straße oder das Hanse-Forum am Axel-Springer-Platz gehören dazu. Auch das Berliner Tor Center, hier residiert Becken mit seinem Unternehmen in der 23. Etage mit Blick über die Stadt.

2017 will Becken mit seinen Firmen ins renovierte Finnlandhaus einziehen

Etwa 80 Angestellte arbeiten für Dieter Becken, in mehreren Firmen, die alle mit dem Kerngeschäft Immobilien und Projektentwicklung zu tun haben. In Hamburg hat Becken mehrere aktuelle Großprojekte: In 1-a-Lage unweit vom Bahnhof Dammtor an der Neuen Rabenstraße hat Becken in einem Joint Venture mit der Hanse-Merkur-Versicherungsgruppe rund 13.100 Quadratmeter Bürofläche fertiggestellt. Neben dem in den 60er-Jahren erbauten Finnlandhaus an der Esplanade plant Becken ein Hochhaus. Die Bauarbeiten sollen in diesem Jahr beginnen. Das in den 60er-Jahren erbaute Finnlandhaus hat Becken im vergangenen Jahr erworben: „Wir werden dieses Gebäude revitalisieren und in neuem Glanz erstrahlen lassen“, sagt Becken. Außerdem will Becken hier all seine Firmen unter einem Dach ansiedeln: „Wir planen, 2017 einzuziehen.“ Am Hafen an der Straße Vorsetzen, wo der Hauptsitz des Germanischen Lloyds war, treibt Becken sein „Boa Vista“-Projekt voran. Hier entstehen neben rund 10.000 Quadratmeter Bürofläche auch 90 Wohnungen. Die alten Gebäude sind abgerissen, in Kürze wird mit dem Neubau begonnen: „Ein passendes Grundstück in dieser 1-a-Lage neu entwickeln zu können ist ein großes Geschenk. Hier setzen wir städtebauliche Akzente“, sagt Becken.

Aber auch beim Wohnungsbau mischt Becken mit: Er entwickelt das Brauhausquartier in Wandsbek mit 250 Wohnungen: „Ein ehemaliges Gewerbegebiet unweit vom Park wird zum Wohnquartier“, sagt Becken. Weitere 150 Mietwohnungen baut Becken an der Kanalstraße auf der Uhlenhorst, hier weicht ein Bürogebäude dem Wohnraum.