Private Investoren hätten Vorteile bei der Grundstücksvergabe. Dazu kämen übertriebene Forderungen der Bezirkspolitik an größere Wohnungsbauprojekte. Oft sei die Stadt selbst „Preistreiber“.

Hamburg . Hamburg gilt als Hochburg der Baugenossenschaften, keine andere Großstadt in Deutschland hat im Verhältnis zur Bevölkerungszahl mehr genossenschaftliche Wohnungen. Selbst im neuen Vorzeigestadtteil HafenCity sind die Genossenschaften vertreten und werden dort auch weiter bauen – was sich nach ihrer Auffassung dämpfend auf die Mietpreisentwicklung auswirkt. Doch der Neubau von bezahlbaren Mietwohnungen in Hamburg wird zunehmend durch drastisch steigende Bau- und Grundstückskosten gefährdet, warnten jetzt im Gespräch mit dem Abendblatt Vertreter des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), in der die Baugenossenschaften und kommunalen Wohnungsunternehmen organisiert sind.

Zum Teil liege dies an der allgemeinen Preissteigerung beim Bauen, vielfach fänden sich Ursachen aber auch in der Hamburger Politik selbst, sagt der neue VNW-Landesvorstand Marko Lohmann von der Baugenossenschaft Bergedorf-Bille. So gebe es in den Bezirken mittlerweile eine regelrechte „Überfrachtung“ von Forderungen der örtlichen Politiker an größere Wohnungsbauprojekte. Teure Architekten-Wettbewerbe würden da vorgeschrieben, spezielle Wünsche an die Fassaden formuliert oder hohe Ökoforderungen wie grüne Dächer gefordert. „Das alles macht das Bauen teurer“, sagt Lohmann. Ausgerechnet die Politiker, die viel forderten, würden sich hinterher über teure Mieten beklagen.

Aber auch bei der Vergabe von städtischen Baugrundstücken sei die Stadt selbst oft genug „Preistreiber“. Obwohl die genossenschaftlich organisierten Wohnungsunternehmen die moderateren Mieten anböten, würden sie dabei in Hamburg gegenüber privaten Bauträgern und Projektentwickler benachteiligt. „Wir können da im Preiswettbewerb oft nicht mehr mithalten“, sagt Lohmann.

Zwar gibt es für alle die Forderung, dass bei einem größeren Projekt auch Sozialwohnungen gebaut werden. Private könnten dies aber mit dem Verkauf von Eigentumswohnungen quasi subventionieren – während Genossenschaften nur für den eigenen Mietwohnungsbestand bauten. „Das ist ein unfairer Wettbewerb“, sagt Marko Lohmann. Von 18 Grundstücksvergaben der vergangenen Monate durch die Stadt hätten daher Mitgliedsunternehmen des VNW in Hamburg lediglich dreimal den Zuschlag erhalten.

Als Konsequenz seiner Kritik fordert der Verband eine Überarbeitung der Grundstücksvergabe sowie eine spezielle Baukostensenkungskommission für Hamburg, die mit Vertretern der Bezirke, der Wohnungswirtschaft und des Senats besetzt werden müsste, um Ursachen für teures Bauen in Hamburg zu identifizieren und Bauland schneller und umfangreicher bereitstellen zu können. „Wir brauchen da aber keine Pauschallösungen, sondern müssen uns immer die einzelnen Quartiere und Stadtteile anschauen“, sagt Lohmann.

Die Unternehmen des VNW bewirtschaften in Hamburg rund 40 Prozent aller 692.000 Mietwohnungen. Die Baugenossenschaften ohne die städtische Saga GWG besitzen dabei einen Anteil von 20 Prozent. „Hamburg ist die Hauptstadt der Baugenossenschaften in Deutschland, hier ist ihr Anteil am größten“, sagt VNW-Verbandsdirektor Joachim Wege. Dieser hohe Anteil an genossenschaftlichen und städtischen Wohnungen sei ein wesentlicher Grund, dass die Mieten in Hamburg anders als vielfach behauptet „weder explodieren noch überproportional hoch sind“. Wege: „Wir haben hier eben keine Münchner Verhältnisse.“

So habe eine jüngst ermittelte Studie des VNW gezeigt, dass eine neu vermietete Wohnung der VNW-Unternehmen eine durchschnittliche Nettokaltmiete von 6,62 Euro pro Quadratmeter kostet – wobei die Lage keine Rolle spiele. Anders sei die Situation laut der Studie bei Privatvermietern: Dort müsse für eine neue Wohnung eine Miete von 9,50 bis 11,33 Euro pro Quadratmeter je nach Wohnlage gezahlt werden. Die Durchschnittsmiete aller Wohnungen in Hamburg beträgt hingegen der Studie zufolge 7,28 Euro. Allerdings: Wenn ein Wohnhaus neu gebaut wird in Hamburg, dann müssen auch Baugenossenschaften mindestens eine Kaltmiete von 12,50 Euro verlangen, damit sich das Gebäude überhaupt finanzieren lasse. Eben weil die Bau- und Grundstückskosten so groß geworden sind in der Stadt.