Bau der Strecke von Hasselbrook nach Bargteheide gilt als Mammutprojekt von Hamburg und Schleswig-Holstein. Allein vier neue Bahnhöfe entstehen, Straßen werden verlegt.

Hamburg/Ahrensburg. Vier neue Bahnhöfe entstehen, Brücken müssen verbreitert, Straßen verlegt, Gärten beschnitten werden: Der Bau der S-Bahn-Strecke zwischen Hamburg-Hasselbrook und Bargteheide im Kreis Stormarn ist ein Mammutprojekt. 637,5Millionen Euro soll die S4 – so heißt die neue Linie – kosten. Fast eine Elbphilharmonie auf Schienen: Der Musiktempel an der Elbe kostet die Stadt Hamburg 789 Millionen Euro. Mögliche Kostensteigerungen eingerechnet, könnte die S4 am Ende durchaus auf diesen Betrag kommen.

Die Vorentwurfsplanung für das wichtigste Schienenprojekt der beiden Nachbar-Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein liegt nun vor. Auf gut 500 Seiten haben die Planer beschrieben, wo der Schienenstrang verläuft. Sie nennen es „Vorzugstrasse“. Eigentlich ist es ganz einfach: Die Schienen liegen mal links, mal rechts neben der Bahnstrecke Hamburg-Lübeck.

Doch die Tücken stecken im Detail. Denn entlang der Strecke gibt es wenig Freiraum. Auch viel Nagelneues muss deshalb wieder abgerissen werden. So stehen die Strommasten, die 2008 bei der Elektrifizierung der Bahnstrecke aufgestellt worden sind, nun im Weg und müssen wohl zumindest im Hamburger Bereich versetzt werden.

Auch viele der neuen Lärmschutzwände sind falsch platziert oder zu niedrig. Die Gutachter sprechen von 8,8Kilometern Gesamtlänge allein in Hamburg. Im Stadtbereich werden neue Wände mit einer Länge von 18,2Kilometern errichtet. 57 Millionen Euro soll der Lärmschutz insgesamt kosten. Und in Ahrensburg, im Stadtteil Gartenholz, wird sogar der erst vor drei Jahren in Betrieb genommene Haltepunkt abgerissen und durch neue Bahnsteige ersetzt. Um Platz für die beiden neuen Gleise zu schaffen, müssen vor allem in Hamburg und Ahrensburg viele Brücken verbreitert oder komplett erneuert werden. Die Bauarbeiten werden sich über mehrere Jahre erstrecken, Staus auf den Straßen dürften die Folge sein.

Die Menschen, die entlang der neuen S-4-Strecke leben, werden nach Ansicht der Politiker dennoch von dem Millionenprojekt profitieren. Hamburgs Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) hat da eine Zahl parat: „50Prozent mehr Fahrgäste im Regionalverkehr zwischen Hamburg und Bad Oldesloe gegenüber dem Jahr 2000. Wir müssen das Angebot mit einer leistungsfähigen S-Bahn-Verbindung deutlich ausbauen.“ Sein schleswig-holsteinischer Amtskollege Reinhard Meyer (SPD) ergänzt: „Die neue S-Bahn kommt nicht nur den Pendlern zugute, sie entlastet auch den gesamten Nah- und Fernverkehr zwischen Hamburg und Lübeck – auch im Hinblick auf die feste Fehmarnbeltquerung.“

Die S4 soll in den Hauptverkehrszeiten im Zehn-Minuten-Takt verkehren. Während die Regionalbahnzüge jetzt im Hamburger Hauptbahnhof starten und enden, fährt die S4 bis Altona – für Pendler praktischer.

Aber noch ist die S-Bahn-Strecke nur im Entwurf geplant. Der nächste Schritt: Eine Kosten-Nutzen-Analyse soll zeigen, dass sich der Bau auch lohnt. Mitte 2014 wird sie fertig sein. Wenn sie positiv ausfällt, folgen der Genehmigungsplanung und das Planfeststellungsverfahren. Und dann muss auch das Geld noch besorgt werden.

Anders als bei der Elbphilharmonie will Hamburg (ebenso wie Schleswig-Holstein) bei der S4 nur die Planungskosten tragen, und dafür gibt es auch noch einen ansehnlichen EU-Zuschuss: 14,6 Millionen Euro.

Der große Rest der 637,5 Millionen Euro soll vom Bund kommen. Wenn er kommt: Wann könnte die S-Bahn dann fahren? Im Jahr 2024, nach einer Bauzeit von sechs Jahren, sagt Verkehrsminister Meyer.

Hier ein Überblick über die wichtigsten Baustellen entlang der S-4-Vorzugstrasse, beginnend in Hamburg-Hasselbrook: An der Claudiusstraße und an der Bovestraße entstehen neue Bahnhöfe. Der Bahnhof Wandsbek wird abgerissen. Die Eisenbahnüberführungen Bovestraße und Luetkensallee werden abgerissen und neu gebaut, ebenso die Straßenüberführung Holstenhofweg. Dort entsteht ein weiterer neuer Bahnhof. Der Bahnübergang Jenfelder Straße wird geschlossen. An der Tonndorfer Hauptstraße und am Sonnenweg müssen zusätzliche Brücken gebaut werden, um Platz für die zwei neuen Gleise zu schaffen. Am Pulverhof wird ein weiterer Bahnhof errichtet.

Die Eisenbahnbrücke an der Amtsstraße am Rahlstedter Bahnhof muss komplett erneuert werden. Der Bahnhof selbst bekommt neue Bahnsteige. Der Bahnübergang Nornenweg wird durch eine Brücke ersetzt. Autos können dann nicht mehr passieren, nur noch Fußgänger, Radfahrer und Reiter sind zugelassen: Die Brücke soll nämlich pferdetauglich sein.

Der Bahnübergang Brauner Hirsch in Ahrensburg, der täglich für Staus sorgt, wird durch eine Straßenbrücke ersetzt. Im Bahnhof Ahrensburg endet der zweigleisige Ausbau. Bis Bargteheide wird nur noch ein zusätzliches Gleis verlegt. Die Ahrensburger Eisenbahnüberführungen über die Bahntrasse und die Aue müssen dennoch verbreitert werden. Die Brücke über den Ostring wird abgerissen und komplett neu gebaut. Der Ostring muss auf Höhe des neuen Bauwerks leicht abgesenkt werden.

Hinterm Bahnhof Gartenholz entsteht eine Zug-Abstellanlage mit sechs Gleisen, die zu einem S-Bahn-Betriebswerk ausgebaut werden kann. In Delingsdorf könnte ein weiterer Bahnhof gebaut werden. Zwischen Delingsdorf und Bargteheide wird ein gut 800 Meter langes Güterzugüberholungsgleis angelegt. Das alte Gleis in Rahlstedt wird für die S-Bahn-Gleise benötigt.

In Bargteheide muss die Brücke über die Lohe abgerissen und neu errichtet werden, zugleich müsste die Lohe auch abgesenkt werden. Das ist allerdings ein äußerst problematisches Vorhaben. Die Stadt erwägt aus diesem Grund die Verlegung der Straße in den Süden des Gewerbegebiets. Dort müsste dann jedoch an der Bahnstrecke ein komplett neues Kreuzungsbauwerk entstehen.