Flüchtlinge waren am Ende ihrer Kräfte. Frachter übergibt sie italienischer Küstenwache. Die Reederei Offen lobte den Einsatz ihres Kapitäns.

Hamburg. Nach fast siebentägiger Odyssee auf dem Mittelmeer waren die syrischen Flüchtlinge am Ende ihrer Kräfte. Doch die 63 Männer, Frauen und Kinder, die vor dem Bürgerkrieg in ihrem Land flüchten wollten, hatten einen Schutzengel: Hans Georg Voskamp, Kapitän des Hamburger Frachters „Santa Balbina“, hat sie rund 130 Seemeilen südöstlich des sizilianischen Capo Passero aus höchster Not gerettet. Das bestätigte am Mittwoch die Hamburger Reederei Claus-Peter Offen.

Nur Stunden vor dem dramatischen Zwischenfall war einige Hundert Kilometer weiter westlich – vor der Insel Lampedusa – ein Boot mit 545 Flüchtlingen aus Eritrea und Somalia gesunken. Bis heute wurden dort mehr als 300 Leichen geborgen. Das Ziel der Flüchtlinge war in beiden Fällen Italien.

Der Notruf der italienischen Küstenwache hatte die „Santa Balbina“, die aus Thessaloniki kommend den Hafen von Malta ansteuerte, am 3. Oktober gegen 23.45 Uhr erreicht. Kurz zuvor hatte offenbar eine Flugpatrouille das Fischerboot mit den 63 Syrern entdeckt und die Seenotrettung alarmiert. Weil die „Santa Balbina“ nur zehn Seemeilen von dem Fischerboot entfernt war, baten die italienischen Behörden den Hamburger Kapitän um Hilfe.

Wie sich später herausstellte, waren die Flüchtlinge vom ägyptischen Alexandria aus gestartet. Nach ihren eigenen Angaben hatten sie für die Passage nach Italien pro Kopf 3000 US-Dollar an Schleuser gezahlt. Südlich von Griechenland soll ihr marodes Fischerboot in eine massive Schlechtwetterfront geraten sein. Kurz darauf gingen dann die Essensvorräte, das Trinkwasser und der Sprit zur Neige.

Als die „Santa Balbina“ das Schiff erreichte, seien viele Flüchtlinge in „schlechter gesundheitlicher Verfassung und sehr verzweifelt“ gewesen, sagte Voskamp, den das Abendblatt per Satelliten-Telefon erreichte. „Obgleich es den Menschen überhaupt nicht gut ging, wollten sie aber zunächst nicht gerettet werden – aus Angst, dass sie nicht nach Italien kommen, sondern wieder nach Syrien zurückgebracht werden.“

Erst als er ihnen nach Rücksprache mit den Behörden eine Weiterfahrt nach Italien garantierte, seien die Flüchtlinge an Bord der „Santa Balbina“ gekommen, berichtet der Kapitän. Insgesamt seien 39 Männer, acht Frauen und 16 Kinder in Sicherheit gebracht und versorgt worden: Das jüngste Kind war sechs Monate alt, der älteste Gerettete 70 Jahre. Am Vormittag des 4. Oktober übergab Voskamp die Flüchtlinge der italienischen Küstenwache nahe Capo Passero. Italien muss nun über ihren Aufenthaltsstatus entscheiden.

Die Reederei Offen lobte den Einsatz ihres Kapitäns: „Auf See gibt es das ungeschriebene Gesetz, Schiffbrüchigen jeden nur denkbaren Beistand zu leisten. Das ist keine Frage der Kosten, sondern eine Frage elementarer Menschlichkeit.“

Unterdessen wurde bekannt, dass heute die ersten sieben syrischen Kriegsflüchtlinge in Hamburg eintreffen. Sie werden in Eidelstedt untergebracht. Von den 5000 Syrern, deren Aufnahme Deutschland zugesagt hat, erhalten 128 in Hamburg eine auf zwei Jahre befristete Aufenthaltsgenehmigung.