Hamburgs Tourismus-Chef Dietrich von Albedyll erklärt, wie die Stadt international noch bekannter werden kann. Sein Ziel: noch mehr Gäste an die Elbe zu locken

Hamburg. Er ist seit 30 Jahren Tourismus-Chef der Hansestadt: Im Interview spricht Dietrich von Albedyll über Luxushotels, Hamburgs Bedeutung im Ausland und den Musical-Boom. Und dass er sich ein englischsprachiges Beatles-Musical im neuen Theater im Hafen wünscht. Es wäre das Erste, bislang wird nur in deutscher Sprache gespielt.

Hamburger Abendblatt:

Die Deutsche Zentrale für Tourismus hat 5500 internationale Gäste nach den Top 100 Sehenswürdigkeiten in Deutschland befragt. Hamburg taucht zum ersten Mal auf Platz 23 mit dem Hafen auf. Was braucht die Hansestadt, um international mehr wahrgenommen zu werden?

Dietrich von Albedyll:

Wie würden Sie Hamburg als Kongressstandort bewerten?

Albedyll:

Im Geschäftstourismus hat Hamburg noch Entwicklungspotenzial. Ziel sollte sein, dass die Hansestadt unter die Top 20 der weltweiten Kongressstandorte kommt. Derzeit sind wir weltweit auf Position 50. Wir wollen den Übernachtungsanteil von Geschäftsreisenden deutlich erhöhen. Ein nach außen wahrnehmbarer Auftritt als Kongressstandort führt darüber hinaus auch zu einer verbesserten internationalen Wahrnehmung als Wirtschaftsstandort und Reiseziel.

Was muss dafür getan werden?

Albedyll:

Wir haben die Vermarktungsstrukturen angepasst und das Hamburg Convention Bureau deutlich gestärkt. Neben einer klaren Vermarktungsstrategie benötigen wir aber natürlich auch die entsprechenden Rahmenbedingungen. Die Neuausrichtung des Congress Center Hamburg (CCH) muss umgesetzt werden. Zudem benötigen wir noch ein bis zwei neue Tagungshotels in der Innenstadt, die jeweils über mindestens rund 500 Zimmer und ausreichend Tagungsräume verfügen.

Sie setzen in der internationalen Vermarktung mehr und mehr auf Kooperationen mit anderen Metropolen. Welche Städte sind das?

Albedyll:

Die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Metropolen nutzt uns, denn wir präsentieren uns gemeinsam als großräumiger Erlebnisraum. Wir werben zum Beispiel gemeinsam mit Kopenhagen in den USA und wollen die Amerikaner vermehrt für Rundreisen in Nordeuropa begeistern. Außerdem erarbeiten wir mit den Hauptstädten der Anrainerstaaten des Ostseeraumes wie Tallin, Helsinki oder auch St. Petersburg eine Marketing-Kampagne für die USA. Das Kreuzfahrtsegment bildet eine gemeinsame Klammer und bietet auch für die norddeutschen Häfen großes Potenzial. Schon jetzt gehört die Ostsee zu einem der bedeutendsten Kreuzfahrtreviere der Welt.

Die Zahl der Großveranstaltungen in Hamburg steigt kontinuierlich an und es gibt daran Kritik. Wie bewerten Sie diesen Veranstaltungsmarathon?

Albedyll:

Die Großveranstaltungen sind aus touristischer Sicht sehr wichtig für Hamburg und ein großer Wirtschaftsfaktor. Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie profitieren immens davon. Zudem erzielen die Veranstaltungen eine enorme mediale Wirksamkeit. Allerdings muss natürlich darauf geachtet werden, dass die Hamburger nicht mit Veranstaltungen überfrachtet werden. Außerdem ist es wichtig, dass die Termine für die Veranstaltungen so koordiniert werden, dass es nicht zu Terminüberschneidungen bei Großveranstaltungen kommt.

Braucht Hamburg mehr Klasse statt Masse bei Veranstaltungen?

Albedyll:

Wichtig ist die Vielfalt und die Qualität. Es müssen außergewöhnliche Events kreiert werden, die das einzigartige Flair von Hamburg widerspiegeln. Aber auch weitere kulturelle Veranstaltung von internationalem Rang würden der Stadt sehr gut tun. Das wäre vor allem in den ersten Monaten des Jahres, in denen es eher ruhiger zugeht, eine Bereicherung.

Wie sehen Sie die Zukunft des Hamburger Hafens aus touristischer Sicht?

Albedyll:

Der Hamburger Hafen wird der Hot Spot der Stadt bleiben und ist mit den Jahren noch attraktiver geworden. Mit der positiven Entwicklung der Großen Elbstraße ist eine Flaniermeile entstanden, die von Övelgönne bis zur HafenCity reicht.

Die HafenCity wird bei Touristen immer beliebter. Wie sehen Sie die Forderung der Einzelhändler, auch am Sonntag ihre Geschäfte öffnen zu dürfen?

Albedyll:

In der HafenCity würde sich eine Sonntagsöffnung anbieten. Das würde den Stadtteil noch attraktiver machen und davon würden auch die Kreuzfahrttouristen profitieren, die hier mit ihren Schiffen anlegen.

Würde die viel diskutierte Seilbahn den Hafen weiter aufwerten?

Albedyll:

Das wäre ein Bereicherung und eine touristische Attraktion. Metropolen wie Barcelona oder London haben bereits ein solches Verkehrsmittel und diese Seilbahnen werden dort hervorragend angenommen. Für die Umsetzung in Hamburg muss es eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung und der Hafenwirtschaft geben.

Das neue Musicaltheater auf Steinwerder wird auch vor der Hafenkulisse errichtet. Welches Stück sollte dort aufgeführt werden?

Albedyll:

Die Karriere der Beatles hat 1960 auf dem Kiez begonnen. Mein persönlicher Wunsch wäre es, ein Musical über die Anfänge dieser später so berühmten Band in Hamburg zu produzieren. Es würde sich auch anbieten, dieses Musical in englischer Sprache aufzuführen. Das wäre dann auch eine Premiere. Denn bislang wird hier nur in deutscher Sprache gespielt.

Wie viel Musical kann Hamburg noch verkraften? Mit der Eröffnung des neuen Musicaltheaters im Hafen und einer weiteren Spielstätte in den Großmarkthallen hätte die Stadt dann fünf Spielstätten.

Albedyll:

Die Musicals sind Publikumsmagneten und haben Hamburg nach London zur Nummer-eins-Musicalmetropole in Europa gemacht. Ich denke, hier ist immer noch Potenzial, auch für eine sechste Spielstätte. Wir können eine Atmosphäre wie am Broadway schaffen und London vielleicht sogar überholen. So wie zum Beispiel Rocky im TUI Operettenhaus am Spielbudenplatz. Das Stück hat es jetzt sogar nach London geschafft.

Der Tourismus in Hamburg boomt. 10,6Millionen Übernachtungen wurden in 2012 gezählt. Es werden immer neue Rekorde aufgestellt. Wie läuft es in diesem Jahr bislang?

Albedyll:

Die ersten vier Monate konnten wir das gute Vorjahresergebnis übertreffen und liegen bei einem Plus von rund sieben Prozent. Wir werden wohl den erfolgreichsten Mai aller Zeiten mit mehr als einer Million Übernachtungen verzeichnen, das wäre dann der 50. Rekordmonat in Folge. Unser Ziel, in diesem Jahr insgesamt weitere sechs Prozent zuzulegen, werden wir wohl noch übertreffen. Noch sind wir auf Platz 3 in Deutschland, hinter Berlin und München. Aber wir wollen München bis 2020 mindestens einholen.

Wie weit sind die Planungen für eine repräsentative Touristeninformation aufdem Rathausmarkt?

Albedyll:

Wir hoffen, dass wir im Spätherbst 2014 mit der Umsetzung der Planungen starten können. Zunächst wird es einen Architekturwettbewerb geben. Wichtig ist, das wir einen Anlaufpunkt für Gäste aus aller Welt schaffen.